(POV Erzähler)
Es war eine wolkenverhangene Nacht, in der Doktor Aquilius Orion seine Gretzer losschickte. Das große Schiff, beladen mit unzähligen Fässern voller Giftmüll, bahnte sich seinen Weg durch das Wasser. Es erweckte den Eindruck, als wolle das Meer den Kahn mit aller Kraft am Weiterfahren hindern, doch seine Strömungen kamen gegen das riesige Objekte nicht an.
Drei Darkoner standen an Deck und blickten traurig auf ihr Zuhause. Mit der Zeit hatte es angefangen zu regnen und die Meermenschen standen bloß da, die Gesichter in Richtung Himmel und die leuchtenden Augen geschlossen.
Einfach alles hatten sie verloren. Und ihr Leid dauerte noch immer an, denn sie waren den Befehlen der Person unterworfen, die ihrer aller Leben zerstört hatte. Jeden Tag auf's neue bedauerten die einst so stolzen Krieger, dass sie damals nichts gemerkt hatten. Besonders ihr Anführer machte sich wahnsinnige Vorwürfe. Zeirus war bewusst, dass es seine Schuld war. Hätte er seine Männer nicht mit zu Orion genommen, hätte der sie niemals kontrollieren können.
Nun stand der Darkonerchef hier, an Bord eines Schiffen, dessen einziger Zweck es war, den Gretzern behilflich zu sein. Es ließ sich nicht verleugnen, dass er mittlerweile selbst ein Gretzer geworden war, wenn auch nicht freiwillig. Nichts schmerzte ihm mehr, als seine Heimat dermaßen zu verletzen. Zeirus verabscheute den Doktor mehr als alles anderes dafür, dass er ihn dazu zwang und dabei offensichtlich noch Freude empfand. Bis zum Auftauchen der Elvarion, ihres Kriegers und ihrer Freunde hatte er bereits keine Hoffnung mehr besessen. Doch diese überlebenden Meerkinder hatten ein Feuer in ihm entfacht, dessen Flamme immer stärker wurde. Auch nur an die Freiheit zu denken, ließ den Darkoner beinahe schluchzen. Er war unfassbar froh, dass Alea, Lennox und die Landgänger für die Meerwelt kämpften. Bis vor kurzem hatte Zeirus sich keine Gefühle gestattet, denn sie hatten ihn letztendlich bloß selbst geschadet. Umso mehr hatte er innerlich gelitten, als die letzte Hoffnung aller Meermenschen und Magischen zu zerbrechen drohte. Der Doktor war ein beinahe unüberwindbares Hindernis. Der Darkonerchef hatte mitangesehen, wie er diese Kinder gequält hat. Zeirus hatte ihm sogar dabei helfen müssen. Er war dabei gewesen, als der Krieger der Elvarion sich in Orions Gefangenschaft befunden hatte und hatte selten so viel Grausamkeit erlebt, so viel Schmerz, den der Doktor dem Oblivion zugefügt hatte. Glücklicherweise hatte er fliehen können, doch auch danach hatte der Doktor nicht aufgehört, Jagd auf die Kinder zu machen. Zeirus selbst hatte nicht gewusst, was Orions eigentlichen Pläne gewesen waren. Erst am Strand vor der Laube der Loreley hatte er es erfahren. So viel Grauen hatte ihn und die anderen Darkoner erfasst, als der Doktor den dharrkon beinahe ebenfalls unter sein Kommando gestellt hatte. Als der Darkonerchef die Kinder dann auch noch in der Lagerhalle verraten musste, wäre er beinahe vollständig zerbrochen. Allerdings waren die Kinder stärker, als jeder andere Krieger der Meere und das gab Zeirus und allen Darkonern die Hoffnung auf eine bessere Zukunft zurück.
Allerdings änderte all das nichts an der momentanen Situation: Zeirus und einige andere Darkoner waren als Gretzer unterwegs. Für den Fall der Fälle hatten sie alle Anti-Magikum dabei und zudem ihre Pistolen.
Nach ungefähr einer Stunde waren die Darkoner weit genug von Orions neuem Lager entfernt, sodass man ihre Spuren keinesfalls zurückverfolgen konnte.
Dann begann die Qual. Die Darkoner warfen den Giftmüll über Bord, der sofort unterging. Die Fässer öffneten sich und das Wasser wurde trüb. Da schoss plötzlich etwas an die Oberfläche und schnappte panisch nach Luft. Nein, nicht etwas. Sondern jemand.
„Ihr!", knurrte der Krieger der Elvarion und die Darkoner erstarrten.
Vor ihnen in Wasser schwamm Lennox, inmitten des Mülls. Auf seinen Schultern saßen zwei Kobolde, welche angewidert die Gesichter verzogen. Bevor einer der Darkoner etwas sagen konnte, sprach der Oblivion weiter.
„Wenn ihr hier seid, dann bedeutet das..."
Abrupt hörte er auf zu sprechen. Seine Augen weiteten sich, dann holte er tief Luft und tauchte mit den Magischen unter. Zeirus und die anderen machten sich nicht die Mühe, ihn zu verfolgen, denn der Müll im Wasser konnte ihnen Schaden zufügen, wenn die Flüssigkeit durch ihre Kiemen in ihre Körper gelangte. Also fuhren sie einfach zurück, da die Arbeit getan war, wohlwissend, dass der Krieger der Elvarion wusste, dass das Versteck von Doktor Orion ganz in der Nähe war.
(POV Lennox)
Ich konnte nicht fassen, was ich soeben beobachtet hatte. Meine Wut übertönte beinahe schon die Überraschung, auf einem Tauchgang Orions Gretzern begegnet zu sein. Nachdem ich die Magischen in der Nähe vor den Giftmüll gewarnt hatte, war ich sofort zurück zur Crucis geschwommen. Denn wenn die Darkoner hier waren, musste der Doktor sich irgendwo in der Nähe an Land befinden. Leider war ich zu spät gekommen und konnte die Gretzer nicht am Müllabladen hindern, doch immerhin hatte ich die Leben einiger Magischen retten können und hatte wertvolle Informationen erhalten.
Jedoch beschlossen wir, dass wir unseren Plan, Orion in Rom zu schnappen, nicht ändern würden. Es war einfach zu riskant, mit ein paar Leuten gegen Orions Armee anzutreten, auch wenn ich es mit einigen von ihnen gleichzeitig aufnehmen konnte. Die Erfolgschancen lägen gegen Null. Daher war es strategisch sinnvoller, auf eine Gelegenheit zu warten, wenn der Doktor ungeschützt war. Und dies würde in Rom der Fall sein.
Die Gretzer verfolgten Lennox noch in seinen Träumen, doch auch der Gedanke an Rom wanderte in seinem Kopf umher. Bald schon würden sie in der Stadt ankommen und dann würden sie den Doktor endlich schnappen!
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