Türchen 23: Eingesperrt

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(POV Orion)

Langsam wurde dieses kleine Gör wirklich zur Last. Seitdem klar war, dass Anthea nicht die Elvarion war, realisierte ich erst wirklich, wie nervig das Balg eigentlich war. Trotzdem spielten ich und Jinx weiter 'glückliche Familie'. Vielleicht würde die uns ja irgendwann nochmal nützlich werden. Doch bis dahin durfte sie nichts von der Meerwelt, ihrer Schwester und unseren wahren Absichten erfahren. Ich nahm alles in Kauf, um meine Pläne zu verwirklichen. Und wenn Anthea Orion dafür leiden musste, sollte es so sein.

(POV Thea)

Ich las gerade ein Buch über die Gründung Deutschlands, als meine Väter mein Zimmer betraten. Da ich nicht zur Schule ging, konnte ich lernen, was mich interessierte. Manchmal wünschte ich mir zwar Freunde, aber ich hatte ja unsere Angestellten und meine Väter sagten mir, dass ich etwas Besonderes war und deshalb nicht mit anderen Kindern interagieren durfte. Doch ich war glücklich. Hier hatte ich alles, was ich brauchte. Der einzige Nachteil waren die vielen Treffen, die mein Pa abhielt. Er sagte immer, das bekannte Wissenschaftler in unser Haus kamen, aber ich durfte nie dabei sein. Jedes Mal musste ich in meinem Zimmer bleiben und hatte zwei Babysitter, die mir tierisch auf die Nerven gingen. All das beeinträchtigte mein Glück allerdings nicht. Jedenfalls bis zu dem Tag, an dem sich alles ändern sollte...

Ich spazierte durch die Gänge der Villa, in welcher ich mit meinen Vätern lebte und dachte über ihr Verhalten nach. Momentan hatte ich das Gefühl, als würden die Männer sich immer weiter von mir distanzieren. Es machte mich traurig, denn ich suchte die Schuld bei mir. Ich kannte den Grund für die Eiseskälte nicht, die sich in den Alltag schlich. Letztens erst hatten die beiden mich total abweisend angefunkelt und ich hatte den ganzen Tag darüber nachgedacht, ohne eine Ursache zu finden. Dennoch versuchte ich, mir nicht allzu viele Sorgen zu machen. Immerhin waren wir eine Familie! Sie hatten momentan sicher bloß viel Stress. Vielleicht hatte es etwas mit ihrer Arbeit zu tun. Ich wünschte, ich könnte ihnen helfen!

Ich gelangte in den Speisesaal und traf dort überraschenderweise auf eine Ansammlung von Männern, zu denen auch meine Väter gehörten. Alle anderen hatten nachtschwarze Haut und starrten finster umher. Hätte ich es nicht besser gewusst, hätte ich das ganze für einen Kriegsrat gehalten. Als sie mich bemerkten, hob ich die Hände, um etwas zu gebärden, doch bevor ich auch nur ein Wort formen konnte, packte jemand meinen Arm und zerrte mich unsanft aus dem Raum. Zu meinem Entsetzen stellte ich fest, dass es das dritte Mitglied meiner Familie war, und zwar Jinx.

„Was machst du?", fragte ich nervös mit meiner Stimme, da er meinen Arm umklammert hielt und vermutete, dass es ziemlich laut gewesen sein musste.

Er gab keine Antwort, sondern zog mich einfach weiter mit sich. Ich wehrte mich und wollte stehen bleiben, doch der Mann brachte mich brutal immer wieder zum Weiterlaufen. Tränen rannen mir über die Wangen. Wieso tat er mir weh? Er hatte mich immer geliebt, wieso verletzte er mich jetzt so?

„Du tust mir weh!", klagte ich erneut mit meiner Stimme und konnte mir nur ungefähr vorstellen, wie wackelig die Worte klangen.

Wir stiegen die Treppe zum Keller hinab und ich weinte mittlerweile hemmungslos. Was passierte hier gerade?

Plötzlich tauchte mein Pa hinter uns aus und ich war beinahe erleichtert, doch dann bemerkte ich den selben Ausdruck in seinen Augen.

„Sperr sie einfach ein, wir haben jetzt keine Zeit, uns mit dem Gör runzuschlagen!", befahl Pa.

Er wusste nicht, dass ich mittlerweile ziemlich gut im Lippenlesen war und jedes Wort verstand. Ich erstarrte. Wir erreichten den Keller, der einem Verließ glich. Dann stießen meine Väter mich durch eine Tür und ich stürzte auf den strohbedeckten Boden.

Verheult und zitternd blickte ich zu den Männern empor. Meine ganze Welt zerbrach, als sie keinerlei Regung zeigten und die Tür schlossen, sodass ich allein zurückblieb. Ein einziges Wort, eine einzige Frage schwirrte durch meinen Kopf, als ich laut schluchzend in der Mitte des Raumes kauerte:

Wieso?

Alea Aquarius Adventskalender 2023Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt