Die Jagd beginnt

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Akihito stand in dem gut ausgestatteten Waffenraum des Triadenanführers.
Der Raum war kurz gesagt eine große Version seines eigenen kleinen Waffenzimmers in Shinjuku. An den Wänden befanden sich überall sauber aufgehängte Gegenstände. Von Messern jeder Länge über Pistolen, Maschinengewehre bis hin zu den besten Scharfschützengewehren. Dazu gab es in den Schränken massenweise Munition, Schalldämpfer, auswechselbare Zielfernrohre, Sprengsätze und alles, was man für einen kleinen Krieg sonst noch so brauchen könnte. Zusätzlich gab es auch alles andere. Waffenholster, Messertaschen, Sicherheitswesten, Seile, Tragetaschen, Koffer. Chen's spezieller Raum machte wirklich jedem illegalen Waffenladen ernsthafte Konkurrenz. Außerdem war dieses Zimmer zusätzlich einer der Panikräume der Gebäude. Nicht dass jemand ernsthaft daran glaubte diesen Raum mal als solchen nutzen zu müssen. Aber der Chinese war beim Erbauen trotzdem lieber auf Nummer sicher gegangen. Neben den Waffen und den anderen nützlichen Dingen befanden sich auch Akihito's persönliche Kleidungsstücke in einem kleinen angrenzenden Ankleidezimmer. Hemden aus einem speziellen kugelsicheren Stoff gefertigt, Hosen, Gürtel, Lederhandschuhe, Schuhe, doppelte und einfache Waffenholster, leichte elegante Mäntel. Diese kugelsicheren Kleidungsstücke würden ihm zwar nichts gegen Scharfschützenmunition nützen. Aber zumindest gegen ein kleineres Kaliber helfen und ihm womöglich doch vielleicht das Leben retten. Alles war komplett in Schwarz gehalten und eigens für ihn angefertigt.
In dieses Nebenzimmer trat er nun und begann sich umzuziehen. Mit einem emotionslosen Blick in den 2 Meter hohen und ziemlich breiten Spiegel betrachtete er nun sein Spiegelbild. Den schwarzen Mann. Den Killer und gefürchtetsten Sniper. White Star. Der Mann, der jeden töten konnte, wenn er ihn in seinem Fadenkreuz sehen sollte. Obwohl das mittlerweile wahrscheinlich nicht einmal mehr der Wahrheit entsprach. Er hatte sich verändert. Und diejenigen, die dafür verantwortlich waren, musste er nun unbedingt um jeden Preis beschützen. Aber dazu musste er das tun, was er am allerbesten konnte. Aufspüren. Jagen. Töten. Ein böses Funkeln trat in seine blauen Augen. Das war er nun mal und das würde er auch immer sein.
Akihito trat aus dem Ankleidezimmer und lief auf die Wand zu, an der die verschiedenen Pistolen hingen. Suchte sich zwei ganz schwarze aus und steckte sie in sein Holster. Dann machte er mit der Auswahl an passenden Messer und Befestigungen weiter. Danach holte er eine schwarze Tasche zum Vorschein und legte sie auf den Tisch, der in der Mitte des Raumes stand. Packte ausreichend Munition und Goldmünzen des Continentals zur Sicherheit hinein, bevor er schließlich stirnrunzelnd vor den Scharfschützengewehren stehen blieb. Ließ seine Augen über die große Auswahl wandern. Aber eigentlich brauchte er nicht über die Wahl, die er treffen sollte nachdenken, er würde sowieso seine bevorzugte Waffe nehmen.
Die McMillan TAC-50. Normalerweise wurde dieses Scharfschützengewehr nur von Snipern verwendet, die einen Beobachter dabei hatten. Denn das Gewehr war durch seine Größe unhandlich, lässt nur einzelne Schüsse zu und bot keinen angemessenen Schutz, sollte der Sniper in ein Gefecht auf kurze Entfernung verwickelt werden. Die McMillan TAC-50 war ein spezielles Scharfschützengewehr über lange Entfernungen. Es verschoss Patronen im Kaliber 12,7 x 99 Millimeter - eine Patrone war also in etwa 14 cm lang. Und da es eine Jagd unter Snipern war, sollte es eigentlich zu keinen direkten Kämpfen kommen. Wenn doch hätte er immer noch die Pistolen und Messer, um sich zu verteidigen. Dieses Gewehr war eines der wenigen, mit dem Akihito sein Ziel auf 4000m immer noch zwischen die Augen treffen konnte. Also perfekt für das Spiel in Hongkong. Er nahm die schwarze Waffe von der Halterung und verstaute auch sie an einem Stück in der Tasche, zusammen mit Ersatzpatronen. Die meisten 14 cm langen Patronen steckte er jedoch in seine Mantel- und Hosentasche, denn das würde ihm beim Nachladen einiges an Zeit ersparen. Dann ließ er seinen Blick langsam durch das Zimmer schweifen. Versicherte sich, dass er an alles gedacht hatte. Griff anschließend nach der Tasche und machte sich wieder auf den Weg zurück ins Wohnzimmer. Als er durch die gewaltige Zimmertür trat, richteten sich alle Augenpaare auf ihn. Mittlerweile befanden sich nicht nur die zwei Bosse und der IT- Experte im Raum, sondern auch einige der besten Bodyguards des Chinesen und des Japaners. Davon unbeeindruckt legte der Killer die Tasche auf einen Tisch, ging in die Küche und holte zwei Flaschen Wasser, die er ebenfalls in seinem Gepäck verstaute. Chen's Computer- und Sicherheitsexperte kam auf ihn zu und reichte ihm einen Mini-Ohrstecker mit dem es ihm fortan möglich war die durchgegebenen Informationen zu empfangen. Akihito warf einen Blick auf die Uhr an der Wand. Noch 15 Minuten. Er spürte die Blicke der Bodyguards auf sich. Sie versuchten, ihn so unauffällig wie möglich zu mustern. Aki sah in diesem Aufzug anscheinend sogar für die in schwarze Anzüge gekleideten Personenschützer der Mafiosi durchaus gefährlich aus.
Akihito nahm die Tasche an sich und richtete seinen Blick auf Chen, dieser kam nun mit langsamen Schritten auf ihn zugelaufen und blieb mit etwas Abstand vor ihm stehen. Asami stand ebenfalls ... allerdings etwas weiter nach hinten versetzt und beobachtete ihn. Der warme liebevolle Ausdruck in den Augen des chinesischen Mafioso war einem etwas traurigerem gewichen, als er sich nun leicht vor dem Killer verbeugte. „Babaj ...!"
Dann richtete er sich wieder auf. „- in 12 Minuten sind die drei Stunden um. Ich werde gleich im Anschluss deine restlichen Wünsche erfüllen. Der geschlossene Auftrag wird auf 8 Stunden ausgestellt. Es ist mir leider nicht möglich Hongkong länger als 24 Stunden komplett abzuriegeln. 8 Stunden die ich dir verschaffe in denen sich niemand von der Polizei, Sondereinheiten oder anderen Ermittlungsbehörden für dich interessieren wird. Mehr kann ich leider nicht für dich tun.", Akihito nickte leicht. „Ich habe nicht vor so lange zu brauchen. Danke Chen."
Mit jeder Sekunde, die verging, wurde der Ausdruck in Akihito's Augen noch eisiger. Asami lief es kalt den Rücken runter, was normalerweise niemals vorkam. Doch diesen Ausdruck hatte er noch nie bei seinem Kleinen gesehen. Er hatte sich bis jetzt nur schwer vorstellen können, wie sein Akihito mit den Beschreibungen zusammenpassen sollte. Sein fröhlicher liebevoller kleiner Akihito. Selbst damals als dieser ihn gerettet hatte, hatte er einen warmen Ausdruck in den Augen gehabt. Doch jetzt war davon nichts mehr zu sehen, nur ein eiskalter Blick ohne jede Gefühlsregung. Asami schluckte und versuchte das komische Gefühl zu vertreiben. Killer. Sniper. Babaj. Der Jüngere drehte sich um und lief auf die Tür zu, in diesem Moment hätte sich im wohl absolut niemand mehr in den Weg gestellt. Im Türrahmen blieb er jedoch noch mal stehen. Ohne sich umzudrehen, waren seine letzten Worte in die absolute Stille. „Wenn ich in 8 Stunden noch nicht zurück bin, habe ich die Jagd verloren. Dann gibt es wohl jemand, der besser ist. Passt bitte auf euch auf. Denn ich liebe euch beide mehr als alles andere."
Dann trat er nach draußen in den Flur und verschwand im Aufzug, noch bevor die Tür wieder zugefallen war.

Kein Entkommen - Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt