Kapitel 16

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Nadja hielt das ungeliebte Kind in einem Arm, mit der anderen las sie noch einmal die Zeilen. Jetzt hatte sie also den Beweis.
Er hatte sie betrogen!
Hatte auch mit der anderen ein Kind gemacht!
Was für ein Bastard!
Kalte Wut stieg in ihr auf.
Rote Blitze zuckten vor ihren Augen.

Lea Trattoni!
Benedikt Trattoni!
Wahrscheinlich eine rassige Italienerin!
Wahrscheinlich die Bedienung in einer Pizzeria, mit der er versuchte, seine Jugend festzuhalten.

Zu der er jetzt gefahren ist!
Während sie mit dem Gör dahockte, das zunehmend quengliger wurde.
Wollte das Mädchen etwas zu essen?

Sie hatte gar keine Ahnung, wieviel und was sie ihr geben sollte.
Wenn er jetzt nicht zurückkam?
Wenn er sie mit dem Ding da im Arm sitzen ließ?
Sie würde das Baby nicht behalten!
Sie würde es zur Adoption freigeben oder in die Babyklappe legen!
Sie würde sich ihr Leben nicht versauen lassen.
Sie fühlte, wie nahe am Wahnsinn ihre Gedanken waren, aber sie konnte nichts dagegen tun.


Doch dann wurde ihr in einem lichten Moment klar, dass Ben seine vergötterte Tochter nicht zurücklassen würde.
Er würde wiederkommen!
Doch wollte sie ihn noch?

Unter diesen Vorausetzungen?

Nein!
Sie war fertig mit ihm!
Sollte er das Balg doch mitnehmen, zu ihr, zu Lea Trattoni! Die würde sich bestens bedanken, gleich zwei kreischende Kinder von ihm aufzuziehen! Da konnte sie ihre Sünden abarbeiten.

Ihre Gedanken rasten kreuz und quer durch den Kopf.
Genau!
Sie würde ihn samt Kind einfach hinauswerfen!
Das würde die neue Liebe schnell verfliegen lassen! Dann würde er wieder bei ihr angekrochen kommen!

Er könnte dann schon wieder kommen, aber um sein Gör würde er sich kümmern müssen.
Sie würde endlich wieder in ihre Kanzlei können.
Die Menschen brauchten sie.

Sie hatte einen wichtigen Job!
Nicht so eine Larifari-Arbeit wie er!
Ein paar Häuser bauen!
Und er bildete sich mords was drauf ein!

Ihr wurde schlecht.
Die Welt drehte sich um sie.
Sie brauchte ein Glas Wein.
Mia schrie und schrie.
Was sollte sie tun?

Sie legte die Kleine ins Bettchen, setzte sich mit Kopfhörern auf das Sofa, schenkte sich das erste Glas ein.

Sie konnte nicht mehr.

Sie war am Ende.

*

„Wenn ich nur nicht so impulsiv aus dem Haus gerannt wäre!" schimpfte Ben. Er machte aber auch alles falsch!
„Ich hätte cool reagieren müssen! Lachen über den Zufall!"
Er raufte sich die Haare. 

Lea strich sie wieder glatt. „Ben! Hör auf, dir an allem die Schuld zu geben! Sie ist ein Miststück! Du bist so viel Berechnung und Bosheit nicht gewachsen!"

Er sah sie verwundert an.
Er hatte Mist gebaut auf der ganzen Linie, und sie nahm ihn in Schutz?
Sie war auch etwas überrascht über ihre Worte, aber aus einem anderen Grund.
Sie hatte noch nie über Nadja gesprochen, schon gar nicht schlecht.

Sie hatte sie immer als Opfer gesehen, der sie den Mann ausgespannt hatte.
Sie hatte eher Mitleid mit ihr gehabt als Zorn gegen sie empfunden.
Aber eine Mutter, die ihr Kind ablehnte, die es sogar als Pfand benutzte, war für sie das allerletzte.

Und eine Frau, die ihren eigenen Ehemann, mit dem sie sechs Jahre verheiratet war, in die Babyfalle lockte, auch.
Sie konnte Ben noch besser verstehen, warum er sie aus seinem Leben ausgeschlossen hatte. Weder er noch sie waren dieser Frau wohl gewachsen, und hier und heute fürchtete sie sich vor einer Frau, die Nadja hieß.

Trotzdem versuchte sie Ben Mut zu machen. „Wir werden einen Weg finden!" sagte sie.

„Das habe ich auch mal gedacht!" antwortete er bitter.
Da meldete sich Benedikt.
„Er hat Hunger!" erklärte Lea und holte den Kleinen.

Der Weg ... wohin?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt