Kapitel 3

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"Die Art und Weise, wie du den Boxsack auseinander nimmst, lässt mich vermuten, dass dein Date letzte Nacht nicht so gut lief, was?"

Ich hielt inne und drehte mich um. Auf der anderen Seite des Trainingsraums stand Anza, die langsam auf mich zukam, bekleidet mit einem dunkelvioletten Sport-BH und einer engen schwarzen Yogahose. Ihr Haar hatte sie zu einem engen Pferdeschwanz zusammengebunden, und sie aß beim Gehen den letzten Happen eines McDonalds-Frühstückssandwiches. Ich seufzte und warf einen Blick auf den Boxsack, der bei meinen Schnellfeuerschlägen fast aufgerissen war. Ich rieb meine verletzten Knöchel unter meinen fingerlosen Handschuhen und sah mich im Trainingsraum um, um zu sehen, dass Dev nirgendwo zu sehen war.

"Er hat versucht, mich zu küssen", murmelte ich schließlich und fing wieder an, meine Fäuste in den Boxsack zu schlagen, wobei ich mich auf den dumpfen pochenden Schmerz in meinen Knöcheln konzentrierte. Anza zog eine Augenbraue hoch.

"Das ist alles?", fragte sie. Ich sah sie finster an und trat zurück, um nicht von dem Boxsack getroffen zu werden, als ich ihn stabilisierte.

"Was meinst du mit, das ist alles? Er hat versucht, mich zu küssen. Er war sauer geworden und hat mich dann stehen lassen", antwortete ich und sah sie stirnrunzelnd an. Anza zuckte mit den Schultern und kam herüber, um den Riss am Boxsack zu berühren, bevor sie sich umsah und langsam eine Augenbraue hob.

"Du musst seine Gefühle verletzt haben", sagte sie, woraufhin ich verwirrt blinzelte. "Er würde nie eine Runde Raven-Stalken ausfallen lassen, ganz egal wie viel man ihm dafür auch zahlt." Ich runzelte für einen Moment die Stirn und trat zurück, damit Anza ihre schnellen Schläge und Roundhouse-Kicks an den Boxsack ausführen konnte. Ich hasste das Schuldgefühl, das sich wie eiskaltes Wasser in meinem Magen sammelte.

Ich wollte seine Gefühle nicht verletzen. Meine Absicht war es, ihm etwas klarzumachen. Wir konnten auf keinen Fall miteinander schlafen. Wir arbeiteten zusammen. Um Himmels willen, ich war sein Chef. Er war die Lust. Außerdem war ich schlecht in Beziehungskram, besonders wenn ich am nächsten Morgen alleine aufwachen würde und aus irgendeinem Grund schmerzte der Gedanke daran. Das würde ich Dev natürlich nicht sagen. Das Letzte, was ich brauchte, war, ihm gegenüber meine Verwundbarkeit zu gestehen.

Aber trotzdem konnte ich nicht anders, als mich schuldig zu fühlen, weil ich ihm gegenüber so kalt gewesen war. Vielleicht wäre ein einfaches Nein, danke besser gewesen... Jedoch hätte er das ignoriert, oder? Ich musste streng sein, sonst würde er es nie verstehen. Wenn überhaupt, war er jetzt wahrscheinlich mit einem Mädchen in seiner Wohnung, das er letzte Nacht auf dem Heimweg aufgegabelt hatte.

Und das machte mich wütend.

"Ich werde nach ihm sehen", sagte ich, überließ ihr den Boxsack und ging an Anza vorbei, die mir nachsah. Sie grinste, schüttelte ihren Kopf und kehrte zu ihrem Training zurück. Da ich mir nicht die Mühe machen wollte, in meine Uniform zu wechseln, beließ ich es bei meinem Tanktop und meiner Jogginghose und zog mir bloß noch meine schwarze Lederjacke und Stiefel an. Als ich mich auf den Weg nach draußen machte, winkten mir ein paar Soldaten zu. Ich nickte ihnen zu, bevor ich die Straße zum Wohnviertel in Portius einschlug. Portius war eine schöne Stadt, im Allgemeinen ziemlich ruhig und entspannt. Hier lebte ein Großteil unserer Armee. Die meisten Junggesellen zumindest. Die Wohnungen wurden ständig von neuen Soldaten bezogen, und die Vorstadthäuser auf der anderen Seite der Hauptstraße wurden von frisch verheirateten Soldaten und ihren kommenden Nachwuchs gefüllt.

Dev lebte in einem siebenstöckigen Wohnkomplex, im dritten Stock. Das Gebäude hatte einen blassblauen Anstrich, relativ modern, mit einer kleinen grünen Wiese entlang des Fußgängerweges, mit blauen Blumen, die sich über die gesamte Länge erstreckten. Ich betrat das Gebäude und meldete mich an der Rezeption an, bevor ich mich auf den Weg nach oben zu Devs Wohnung machte. Ich klopfte an die Tür und hielt den Atem an, als ich Schritte hörte. Die Schritte der Person klangen zu leicht, als dass es Dev sein könnte, und ich spürte einen kleinen Stich.

Sündhaft (malexmale) [Übersetzung]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt