Kapitel 16

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"Herzlichen Glückwunsch! Du hast 80 Kilo erreicht!"

Ich atmete erleichtert auf und legte meinen Kopf auf die Waage. Es hatte fast einen Monat gedauert, mein Gewicht wiederzuerlangen, hauptsächlich in Form von Muskeln. Zweimal täglich war ich in den Trainingsraum gegangen und hatte meine Ernährung auf gesunde Lebensmittel und Proteinshakes umgestellt. Der Weg war lang und frustrierend, doch kam ich meinem Ziel endlich näher. Ich holte tief Luft, stieg von der Waage und drehte mich zu Jahlia um, die ein breites, stolzes Lächeln im Gesicht trug. Sie trat auf mich zu, berührte meinen Arm und obwohl meine Muskeln unwillkürlich zuckten, schaffte ich es, mich nicht ihrer Berührung zu entziehen.

"Raven, das ist erstaunlich", sagte Jahlia herzlich, "bislang ist noch kein Patient so schnell genesen, wie du es bist. Du bist ein zäher Keks, Kürbistasse. Ich werde dir etwas gegen die Schmerzen in deiner Hüfte verschreiben, von denen du mir erzählt hast. Ich würde sagen, dass du dein Trainingsprogramm auf einmal täglich reduzieren kannst, vorzugsweise morgens, damit du den Rest des Tages wach bleiben kannst. Außerdem ist heute Morgen deine Zahnspange gekommen, ich werde dir gleich zeigen, wie du die benutzten musst. Und Hannibal hat die Bestellung für die gewünschte Kleidung aufgegeben. Akin hatte erwähnt, dass er dich sehen möchte, wenn du ihn also aufsuchst, wäre das großartig." Ich nickte nur, als ich von der Waage stieg und mir mein Shirt überzog, während Jahlia an Ihrem Schreibtisch ihren Bericht schrieb.

In diesem letzten Monat hatte ich mein Training und meine Genesung ernst genommen und währenddessen erfahren, was das letzte Jahr bei mir für Langzeitschäden hinterlassen hatte.

Aufgrund der vielen Male, in denen mein Kiefer gebrochen und meine Zähne fast ausgeschlagen worden waren, hatte Jahlia empfohlen, dass ich damit beginne, eine Zahnspange zu tragen, wenn ich schlafen gehe, um sicherzustellen, dass alles an Ort und Stelle bleibt. Ich hatte erwartet, dass inzwischen alles verheilt sein würde. Schließlich war ich unsterblich. Meine Wunden sollten viel schneller heilen, als die der durchschnittlichen Leute.

Aber die Schäden, die ich gefesselt in Alexions Fesseln davongetragen hatte, waren dauerhaft.

Weil ich sie so lange getragen hatte, hatten die Fesseln meine magischen Fähigkeiten ruiniert. Obwohl ich mich von neuen Verletzungen heilen konnte, würde ich keine meiner zahlreichen Narben auf meinem Rücken, meine verbrannten Fingernägel oder den Narben um meinen Hals, Handgelenke und Knöchel jemals heilen können. Sie würden mich immer an das erinnern, was passiert war. Als ob meine Alpträume und mein unfreiwilliges Zusammenzucken nicht schlimm genug wären, oder Kains ständiger Spott.

Dann wäre da noch mein zweites Ziel.

Kain ins Gesicht zu schlagen, bevor ich ging.

Jahlia wies mich an, jeden Abend meine Zahnspange zu tragen, und schlug mir vor, eine Sonnenbrille in Erwägung zu ziehen. Mein Sehvermögen war von der vielen Zeit im dunklen Zelt geschädigt worden, weshalb helle Lichter mir starke Kopfschmerzen bereiteten. Zum Glück waren die meisten Lichter im Haus in ihrer Helligkeit einstellbar und ich konnte sie dimmen, wenn ich einen Raum betrat.

Ich nahm meine Zahnspange und ging in mein Zimmer, um sie auf meiner Krankenakte, die Jahlia mir gegeben hatte, abzulegen. In der Akte waren an den Rändern kleine, gekritzelte Notizen von Jahlia, eine unfreundliche Erinnerung daran, was laut ihrer medizinischen Analyse mit mir passiert war, passierte und passieren wird.

Sie hat bei mir eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert. Sie bestand darauf, dass ich eine Art Therapie versuche, wollte aber nicht darüber reden. Zumindest nicht mit jemand anderem. Vor allem nicht mit einem Fremden. Obwohl Hannibals Nähe ein wenig hilfreich war.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 06 ⏰

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Sündhaft (malexmale) [Übersetzung]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt