Du kannst das.
Tue es einfach.
Ein Schritt genügt. Geh einfach da raus.
"Leichter gesagt als getan", murmelte ich an zusammengebissene Zähne vorbei, während ich vor meiner Schlafzimmertür stand, die in den langen Flur führte. Einen Flur mit Holzboden und teuren Lichtern, die sich automatisch einschalteten, wenn sie eine Bewegung wahrnahmen – was sowohl raffiniert als auch beängstigend war, besonders mitten in der Nacht. Ich schluckte schwer, zog an der Vorderseite meines schwarzen Sweatshirts und bewegte mich barfuß über den Boden.
Akin hatte gesagt, dass ich mich an die simplen Dinge gewöhnen müsste, bevor wir irgendetwas Großes unternehmen konnten. Und mit ‚simple Dinge' war gemeint, dass ich mein Zimmer alleine und ohne Hilfe verlassen und zu einem Ziel meiner Wahl gehen konnte, um zu tun, was immer ich will. Nachdem ich drei Stunden auf dem Schrankboden gesessen hatte, hatte ich beschlossen, dass ich etwas mit mir machen musste. Ich war hungrig und Hannibal würde erst um ein Uhr zu Mittag kochen.
Also wollte ich mir etwas zu essen machen und zu Gott beten, dass Kain mich nicht anschreien würde, wie beim letzten Mal.
Ich holte tief Luft, stieß mich vom Türrahmen ab und trat hinaus in den Flur. Noch einmal hielt ich den Atem an und wartete darauf, dass mich jemand aus einem angrenzenden Zimmer kommen oder den Flur hinunterstürmen würde. Doch ich blieb alleine. Dann atmete ich erleichtert auf und schloss meine Tür so leise wie möglich hinter mir, bevor ich mich nach rechts drehte und den Flur hinunterging. Meine Füße machten kein Geräusch auf dem Boden, was gut war. Niemand würde wissen, dass ich hier war, und mich überwältigen.
Nicht, dass das jemand tun würde.
Alle liefen auf Eierschalen um mich herum, außer Hannibal. Akin achtete darauf, mich nie zu berühren, obwohl ich merkte, dass er mich manchmal umarmen wollte. Ich war froh, dass er das nicht tat. Mit Umarmungen konnte ich noch nicht umgehen. Jahlia, die mich als Ärztin berühren musste, war sehr sanft und sprach verspielt mit mir. Abel besuchte oft die Villa und nach mir zu sehen. Er war ein bisschen seltsam, aber Akin sagte mir, das sei normal. Ihm zufolge war Abel in den Fluss Acheron geschubst worden, aus dem er es irgendwie heraus geschafft hatte, ohne völlig den Verstand zu verlieren. Ganz ehrlich, Kain war ein Arschloch und er nutzte jede Gelegenheit, um mich daran zu erinnern. Er versuchte mich dazu zu bringen, zu tun, was er sagte, oder mich zu erschrecken, damit ich mich von den Fenstern fernhielt. Es genügt zu sagen, dass er auf meiner Liste der Leute stand, die ich ausnehmen würde, sobald ich es wieder konnte.
Ansonsten waren in der Villa nur Mitglieder der Söhne der Anarchie. Ein Mann, ein Vampir namens Kristoff, hatte ich mit Hannibal im Lager gesehen. Er kam nachts vorbei, manchmal mit seiner Frau Bella. Ein anderer Mann, der uns besuchte, war ein extrem großer und einschüchternder Ägypter namens Sept. Er brachte uns die Berichte von seinem Herrn Theo und war anscheinend auch sein Geliebter. Ein paar weitere Männer hier waren Zivilisten oder Leute, die sich als Soldaten verkleideten und in anderen Lagern in der Unterwelt spioniert und uns mit Neuigkeiten versorgten.
Ich bemerkte, dass es keine anderen Sklaven im und um das Gebäude gab.
Ich hatte Hannibal neulich danach gefragt und seine Antwort war: "Die meisten Sklaven wollen sofort nach Hause". Ich war mir nicht sicher, ob das ein Vorwurf an mich war, oder nicht. Das klang nicht nach etwas, das Hannibal tun würde, doch kannte ich ihn erst seit ein paar Wochen, also konnte ich mir nicht sicher sein.
Aber ich mochte die Tatsache, dass er mich nicht wie eine zerbrechliche Puppe behandelte, wie es alle anderen taten. Ich wusste, dass sie es nur aus Rücksicht taten, und manchmal schätzte ich ihren Mangel an Härte. Doch manchmal hatte ich das Gefühl, dass sie mich wie ein verwundetes Tier behandelten, das nicht gestört oder berührt werden wollte. Ich fühlte mich... unwohl. Vielleicht war ich einfach zu dreckig und sie wollten sich nicht die Hände schmutzig machen. Es war ein dummer Gedanke, aber ich konnte ihn nicht abschütteln.
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Sündhaft (malexmale) [Übersetzung]
FantasyBuch 10] Raven nimmt seinen Job sehr ernst, weshalb er keine Zeit für seinen persönlichen Stalker, Devereaux, die Todsünde der Lust hast. Doch als der Krieg zwischen Hölle und Hades ausbricht, könnte Dev seine einzige Rettung sein. Achtung! Dieses W...