Letzte Woche starb Gloria.
Nachdem wir ein paar Meilen nördlich in einem neuen Lager angekommen waren, zwei Tage nachdem alles wieder seinen gewohnten Gang nahm, hatte man ihren Leichnam in Arielus Zelt gefunden, aus ihrer Kehle ragte ein Bleistift. Es war Selbstmord. Sie brachten ihre Leiche zum Kokytos und luden sie dort ab.
Ich war mir nicht sicher, ob ich traurig sein sollte oder nicht. Sie war die einzige, die normal zu mir sprach, diejenige, die mir Essen brachte und mir eine milde Unterhaltung in einer so düsteren und kalten Welt gewesen war. Ich fühlte mich wegen ihres Todes schuldig, weil ich derjenige gewesen war, der ihr gesagt hatte, dass nur der Tod der Weg sei, dem zu entkommen. Sie war nicht meine Freundin, nicht wirklich, aber eine Gefährtin? Eine verwandte Seele vielleicht. Wir litten beide und benutzten einander als Puffer, um diesem Schmerz zu entkommen.
Doch nun war Gloria fort. Wenigstens litt sie nicht mehr.
Ich hingegen lebte weiter und war mir nicht sicher warum. Es gab Zeiten, in denen ich darüber nachdachte, mir die Kehle aufzureißen oder mir die Zunge abzubeißen, aber wann immer ich die Chance hatte, das zu tun, nahm ich sie nicht wahr. Ich war mir nicht sicher, was mich weitermachen ließ. Vielleicht war es Dummheit oder Wahnsinn. Was auch immer.
Es war mittlerweile Frühling.
Es wuchs nicht viel Gras, aber ein paar grüne Stängel waren in Julius Zelt in der Nähe des Bettes, auf dem ich lag, aufgetaucht, und es war schön, nach unten zu greifen und sie zu berühren. Sie fühlten sich weich und seidig an meinen Fingern an, die jetzt keine Fingernägel mehr hatten.
Bei unserem Umzug hatte ich einen Mann zu Tode gekratzt, weil er versucht hatte, mich auf der Rückseite des Transportfahrzeugs zu berühren, und obwohl er es getan hatte, ohne Julius auch nur zu bezahlen, wurden wir beide bestraft. Der Mann wurde natürlich getötet, und meine Fingernägel wurden herausgerissen, bevor Julius meine Fingerkuppen mit einem heißen Schürhaken verbrannte. Sie waren jetzt entstellt und eklig. Anstelle von Nägeln hatte ich blasige rote Striemen. Zum Glück hatte Julius sie in Mull gewickelt, bis sie geheilt waren.
Es waren solche Taten, die mich verwirrten.
Julius war letztens während einer seiner Wutausbrüche zu mir gekommen. Er hatte mir bei einer meiner Gruppenvergewaltigungen den Arm gebrochen. Dann hatte er allen befohlen, zu gehen, damit er es richten konnte und gab mir Zeit zum Heilen. Es hatte immer noch weh getan, war für ihn aber gut genug, um die nächtlichen "Partys", wie einige der Männer sie nannten, fortzusetzen.
Ich hatte jetzt ganz aufgehört, mich zu wehren. Meine Haut kribbelte, mein Magen zog sich immer noch zusammen, mein Körper pochte noch immer Tag für Tag vor unvorstellbaren Schmerzen. Aber es tat nur schlimmer weh, wenn ich mich wehrte. Wenn ich einfach dalag und mich daran hielt, war es wahrscheinlicher, dass ich etwas zu essen bekam und nicht geschlagen wurde.
Es war erbärmlich und abstoßend, aber es war nicht zu leugnen, dass es das war, was ich tun musste, um zu überleben, wofür ich mich öffnen musste.
Ich bin mir sicher, dass mein früheres Ich bei dem Gedanken an meine Kapitulation gewürgt hätte, doch mein jetziges Ich wollte bloß Essen, Wärme und Sonnenlicht.
Und Sonnenlicht sollte ich schon bald bekommen.
Ich lag auf Julius Bett und strich mit den Fingerspitzen sanft über das Gras, das aus der Erde ragte, als Julius verschwitzt und erschöpft von der Ausbildung seiner Soldaten das Zelt betrat. Er hatte einen Permanenten, konzentrierten finsteren Blick drauf. Früher dachte ich immer, dass er wütend wäre, doch mir wurde klar, dass er immer so aussah. Wütend und analytisch.
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Sündhaft (malexmale) [Übersetzung]
FantasyBuch 10] Raven nimmt seinen Job sehr ernst, weshalb er keine Zeit für seinen persönlichen Stalker, Devereaux, die Todsünde der Lust hast. Doch als der Krieg zwischen Hölle und Hades ausbricht, könnte Dev seine einzige Rettung sein. Achtung! Dieses W...