Kapitel 12

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Als ich erwachte, verspürte ich ein mir unbekanntes Gefühlt der Geborgenheit.

Ich lag auf etwas, das warm, wein und plüschig war. Unter meinen Fingerspitzen fühlte es sich an wie Baumwolle, unter meinem Kinn fühlte es sich an wie Samt. Mein ganzer Körper war schwer, schmerzte und war wund. Ich lag auf etwas sehr Tröstendes und wollte nirgendwo hingehen. Kurze Zeit später kehrte mein Geruchssinn zurück und eine Freude, die so heftig war, dass sie mir Tränen in die Augen trieb, breitete sich in mir aus, als der warme Duft von Brot, kombiniert mit etwas Würzigem, in meine Nase gelang.

Julius muss sich eine große Mahlzeit bestellt haben, was bedeutete, dass es mehr Essensreste für mich geben würde.

Ich roch vage den unbestimmten Geruch von warmer Baumwolle, Waschmittel und auch einen Hauch von Blut.

Bald stellte auch mein Gehör wieder seine Arbeit ein, womit meine Verwirrung begann. Irgendwo im Hintergrund piepte es leise und ich vernahm das Geräusch von Luft, die durch etwas gepresst wurde. Es klang, als würde jemand durch eine Sauerstoffmaske atmen, und ich brauchte ein paar Minuten, um zu begreifen, dass ich es war, der durch die Sauerstoffmaske atmete. Kein Wunder, dass die Luft so klar und frisch roch. Fast hätte ich geglaubt, dass wieder Frühling wäre, die Jahreszeit, zu der mich Julius zum ersten Mal nach draußen hatte gehen lassen.

Meine Angst stieg, und mit ihr beschleunigte sich das Piepen. Ich hatte das Gefühl, zu hyperventilieren.

Nein... Nein, nein, nein, nein.

Ich durfte nicht wieder krank sein. Wenn ich krank werde, nimmt mir Julius meine...

Plötzlich hatte ich ein starkes Déjà-vu. Meine Panik wurde durch meine Verwirrung übermannt und das Piepen wurde etwas leiser. Ich bewegte mich und hörte, wie sich die Laken mit mir bewegten, wartete auf das vertraute Klirren meiner Fesseln, die wie mein persönlicher Wecker läuteten, hörte aber nichts. Meine Panik kehrte mit voller Kraft zurück. Ich tastete unter der Decke herum und fand mich zu meinem Entsetzen in einem T-Shirt und Shorts aus seidenweicher Baumwolle wieder. Ich berührte meine Handgelenke, spürte aber nur die zerfetzten Narben, die ich durch das Zerren an den Fesseln bekommen hatte. Ich verlagerte meine Beine und rieb meine Knöchel, tastete dort nach einer Art Fessel, fand aber nichts.

Meine Brust hob und senkte sich rapide, als ich darum kämpfte, wieder zu Atem zu kommen. Die Sauerstoffmaske schien mich nun zu ersticken, also griff ich blindlings mit einer zitternden Hand über mein Gesicht und schob sie beiseite.

Und damit kehrte auch mein Sehvermögen langsam zurück. Anstatt auf die schwarze, spitz zulaufende Decke von Julius Zelt, starrte ich auf eine weiße Decke. Die Wände bestanden aus glatt behauenen Steinen. Ich blinzelte schnell und suchte am Fußende meines Bettes nach einer Art Kette, nichts. Das Bett war ziemlich lang und gegenüber stand ein Schrank mit zugezogenen Eichentüren. Ich drehte meinen Kopf nach links, wo ein Herzmonitor und ein paar andere seltsame Geräte leise summende Geräusche machten. Dahinter an der gegenüberliegenden Wand war eine Kommode, auf der meine kaputten Fesseln lagen. Meine Augen erspähten schließlich die Tür zu dem Zimmer, neben dem Schrank, die einen Spalt breit offen stand, durch den diese herrlichen Düfte hereinwehten.

Und plötzlich war meine ganze missliche Lage vergessen. Es spielte keine Rolle, dass ich nicht in Julius Zelt war, gefesselt und angekettet, mit nur einer Steppdecke, um mich in diesem beißenden Winter warmzuhalten. Es war egal, dass ich irgendwie wieder sauber und angezogen war.

Mein Magen war so leer wie eine Höhle und das Bedürfnis gefüllt zu werden, trieb mich aus dem Bett. Wie in Trance zog ich die Infusion vorsichtig aus meinem Arm und warf die klebrigen Kabel auf meiner Brust beiseite, was dazu führte, dass der Herzmonitor einen langen Piepton ausstieß, den ich ignorierte. Ich ging über den harten Holzboden auf die Tür zu, aus irgendeinem Grund war es schwer zu gehen. Ich nahm an, dass meine Beine es nicht mehr gewohnt waren, mein Gewicht zu tragen.

Sündhaft (malexmale) [Übersetzung]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt