Ich war zu dem Entschluss gekommen, dass niemand für mich kommen würde.
Die Tage zogen sich dahin und verschwammen zu einer langen, schmerzhaften Existenz. Ich hatte aufgehört, mich mit kindischen Gebeten zu trösten, dass jemand herkommen und mich nach Hause bringen würde. Ich hörte auf, nutzlos an dem Pflock zu ziehen, der meine Kette am Boden festhielt. Julius hielt alle scharfen Gegenstände außerhalb meiner Reichweite. Nein, er bewahrte einfach alles außerhalb meiner Reichweite. Das Einzige, was ich durfte, war die dünne Strickdecke zu halten und im Bett zu liegen.
Wir hatten nun Spätwinter.
Die Luft war kühl und das einzige, was sie einigermaßen warm hielt, war die Heizung, die Julius bestellt und zum Glück direkt neben dem Bett gestellt hatte, damit meine Füße nicht froren. Er gab mir keine Kleider und ich bat auch nicht darum. Ich lag auf dem Bett und beobachtete, wie sich mein Atem in sanfte Wolken aufstiegen, die in der Dunkelheit des Zeltes verschwanden. Er ließ immer ein Licht für mich an, als würde er seinen Hund zu Hause lassen, während er seinen Geschäften nachging.
Und seine Aufgabe bestand darin, meine Soldaten zu töten und Leute zu quälen, um Informationen zu erhalten. Er war neulich Abend ins Zelt gekommen und hatte damit geprahlt, wie er einen Trupp Höllensoldaten nicht allzu weit unten in der Bergkette vernichtet hatte, gefährlich nahe bei Duat. Das Ägyptische Pantheon hatte sowohl die Hölle als auch Hades gewarnt, dass wenn sie auch nur in die Nähe ihrer Grenzen kamen, sie ihren geballten Zorn auf sie niederlassen würden, also hielten sie sich fern.
Es erhielt kein Wort von Dev oder Anza oder Jaques oder selbst Luzifer.
Aber ich hatte allmählich gelernt, mich nicht mehr darum zu kümmern.
Julius hatte angefangen, mich zu füttern, ohne dass ich darum betteln musste. Nachdem ich zehn Kilo abgenommen hatte, entschied er, dass es am besten wäre, wenn ich etwas in meinen Magen bekomme würde. Er hatte Gloria gebeten, mir die Reste der Speisen zu bringen, die übrig blieben, damit wir zusammen essen konnten. Sie kam immer zitternd herein, doch ihr Kopf war immer erhoben, als sie zum Bett ging und sich neben mich setzte. Zuerst wollte ich nichts essen. Das Essen schmeckte wie Asche in meinem Mund und das Wasser rann wie Feuer durch meine Kehle, aber Gloria hatte mir dann schließlich eine Handvoll Brotkrusten in den Mund geschoben.
"Setz dich auf", befahl sie, klopfte auf meinen Rücken und zog an meinen Schultern, "setz dich gerade und iss. Wir bekommen selten solch Leckereien." Ich wollte sie schubsen und ihr sagen, dass sie verdammt noch mal verschwinden soll, doch sie war die Einzige, die mit mir sprach, als ob ich keine Hure wäre, also setzte ich mich widerwillig im Bett auf, meine Beine baumelten über dem Rand des Bettes. Die Brotkruste war alt und im Wasser war Dreck, doch es war besser als nichts.
"Ich habe deinen Namen nie vernommen", sagte Gloria eines Abends, als wir ein Festmahl aus Brotkruste, altem Wasser und Apfelschalen zu uns nahmen. Ich warf ihr einen vorsichtigen Blick zu, überrascht, dass sie endlich mit mir sprach, als wäre sie nicht wütend auf mich. Sie war unangebracht lässig und das störte mich so an ihr.
"Macht nichts", antwortete ich. Gloria verengte ihre braunen Augen, aber ihre Augen waren zu groß und entzückend, um bedrohlich zu wirken, also ignorierte ich sie, während ich einen Schluck Wasser nahm, um die matschigen Apfelschalen herunterzuspülen.
"Wie soll ich dich dann nennen?"
"Wie auch immer."
"Soll ich dich Hure nennen?", forschte Gloria. Mein Kopf schoss zur Seite, um sie mit einem bösen Blick festzunageln und sie schrak tatsächlich vor mir zurück.
"Ich breche dir das Genick, wenn du mich so nennst", sagte ich kalt. Sie starrte mich nun böse an, rutschte zurück an meine Seite und riss mir unsere gemeinsame Wasserflasche aus den Händen, damit sie einen wütenden Schluck nehmen konnte.
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Sündhaft (malexmale) [Übersetzung]
FantasyBuch 10] Raven nimmt seinen Job sehr ernst, weshalb er keine Zeit für seinen persönlichen Stalker, Devereaux, die Todsünde der Lust hast. Doch als der Krieg zwischen Hölle und Hades ausbricht, könnte Dev seine einzige Rettung sein. Achtung! Dieses W...