Kapitel 14

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"Er hat den Schrank seit Tagen nicht verlassen. Ich bin so eine schreckliche Person. Ich hätte ihm diesen Nachrichtenbericht nicht zeigen dürfen."

Akin weinte vor dem Schlafzimmer und Hannibal brach seinen Charakter, um ihn zu halten, zu trösten und um ihn zu beruhigen. Abel tätschelte ihn und versuchte ihn davon zu überzeugen, dass es in Ordnung war und Kain stand nur da und wirkte genervt von der ganzen Situation. Ich wollte aber nicht in ihrer Nähe sein. Ich wollte nur im Schrank eingesperrt bleiben, auf dem Boden, wo ich hingehörte.

Ich rollte mich eng zusammen, drückte mich unter die Decke und biss die Zähne zusammen.

Ich war ein Monster.

Ein schreckliches, ekelhaftes, übles Monster. Und wenn ich jemals sterben sollte, würde ich Julius mitnehmen. Dieser abscheuliche Hurensohn. Als ob ich seine widerwärtige Existenz nicht schon genug verabscheut hätte, wollte ich ihn nun in kleine Stücke zerfetzen und mir dabei viel Zeit lassen. Was für ein Monster tat so etwas? Meiner Familie sagen, dass ich tot bin, obwohl ich ein ganzes Jahr lang gefoltert wurde?

Für die meisten Unsterblichen war ein Jahr nur ein Augenblick.

Aber die meisten Unsterblichen hatten nicht ein ganzes verdammtes Jahr damit verbracht... verdammt zu sein. Dieses eine Jahr kam mir wie Jahrhunderte vor. Jeder Tag war für mich ein Jahr.

Und jeden Tag verfluchte ich eine Familie, die meinen Tod betrauerte. Eine Familie, die nicht einmal nach außen trat, um mit ihrem Volk zu sprechen, weil sie um meinen Verlust klagten. Ich hatte sie beschimpft, während sie um mich weinten. Meine Schuldgefühle plagten mich, doch ich ließ sie zu, weil ich es verdient hatte.

Wie konnte meine Zuneigung zu meiner Familie und meinen Freunden so verzerrt und verdreht werden? Hatte mich Julius mit der Zeit wirklich verbittert? Damals hatte ich es nicht bemerkt, doch nun, wenn ich zurückdenke, wie ich zu Beginn meiner Gefangenschaft gewesen war, im Verglich zu jetzt... Julius hatte mich seziert, mich ruiniert. Ich wollte nicht mehr auf einem warmen, flauschigen Bett schlafen. Ich wollte auf dem Schrankboden schlafen. Früher hatte ich meine Familie geliebt und geschätzt. Ich hatte die ersten paar Wochen geweint, als ich mich gefragt hatte, wo sie waren, warum sie mich noch nicht geholt hatten, warum sie mich zugelassen hatten, warum mir das passierte. Und jetzt, wo ich die Wahrheit kannte, taten mir all die Monate, in denen ich sie verflucht hatte, plötzlich weh.

Ich rieb meine Hände an meinem Gesicht und spürte dort Tränen, dann ballte ich meine Fäuste und drückte sie wieder um mich, während ich meine Augen vor Schmerz schloss.

Das Schlimmste war, wie sehr ich jetzt auch zurückkehren wollte, um mir jede spielerische Beleidigung, jeden Witz zur Popkultur, jede Beschwerde anzuhören, konnte ich es mir nicht vorstellen. Meine Familie hatte mich so in Erinnerung, wie ich eins war. Als fleißiger Soldat, der nichts fürchtete. Wie würden sie reagieren, wenn ich als eine schmutzige Hure zu ihnen zurückgekrochen kam? Der Schmerz dieser Erkenntnis tat ungeheuer weh. Ich würde ihnen damit wehtun.

Ich konnte nicht zurück.

Zumindest nicht so wie ich jetzt war.

Ich holte tief Luft und setzte mich vorsichtig im Schrank auf, wobei ich mir mit dem Ärmel meines Hemdes über die Augen wischte. Ich stand langsam auf und schob die Kleider beiseite, die mir im Weg hingen, bevor ich die Schranktüren so leise wie möglich öffnete. Ich hörte, wie Akin draußen zu Hannibal sagte, er solle mir etwas zu essen machen und es mir auf mein Zimmer bringen lassen. Ich versuchte, mich daran zu erinnern, wie ich früher gegangen war. Den Kopf hocherhoben, die Schultern zurück, die Augen begegneten jeden Blick... Dazu konnte ich mich nicht überwinden. Meine Schritte waren vorsichtig und ängstlich, meine Hände zitterten an meinen Seiten, die Schultern waren hochgezogen und mein Blick ging zu Boden. Es war so schwer, eine Gewohnheit abzulegen, die mir buchstäblich eingebläut worden war.

Sündhaft (malexmale) [Übersetzung]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt