Kapitel XIV: Die große Schwester

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Wir bestellten Pizza. Das war zwar nicht Sinn und Zweck meine Aktion gewesen, aber immer noch besser als Garnichts. Gegen die geschlossene Front von Bones und Cooper, die mich beide nicht aus der Lagerhalle rauslassen wollten, musste ich mir selbst recht schnell eingestehen, dass ich keine Chance hatte. Eine Tatsache, die mich mehr frustrierte, als das der Restaurantbesuch ins Wasser viel.

Insbesondere Cooper war, seit er genaueres über das Kopfgeld auf meinen Kopf erfahren hatte, unausstehlich Beschützerisch gewesen. Sein Verhalten im Club dagegen, war nichts. Seit nun fast zwei Stunden wich er mir keinen Zentimeter mehr von der Seite und bei jeder unerwarteten Kleinigkeit war er sofort alarmbereit. Das ich ohne seine Begleitung das Klo aufsuchen konnte, war ein wahrer Kampf gewesen. Und auch jetzt stand er wachend vor der Tür.

Echt nervig und doch irgendwie süß. Mit Ausnahme von Matteo hatte sich bisher keiner so um mich gesorgt.

Coopers Verhalten ließ mein Herz aufblühen und mir wurde zunehmend bewusster, wie viel Platz er bereits in meinem Leben eingenommen hatte. Ein richtiges, gemütliches Nest hatte er sich in den letzten Tagen darin eingerichtet. Es würde schmerzhaft werden, wenn er es auf Nimmerwiedersehen verließ. Ich spürte bereits die Zeit durch meine Finger rinnen und diesen Moment immer näher rutschen. Schließlich war mein Aufenthalt in dieser Stadt begrenzt. Laut Plan würde ich in der nächsten Woche mein Auto bekommen und den Leuten hier für immer den Rücken kehren. Ein Wiedersehen war nicht geplant.

Traurigkeit engte meine Brust ein und ich krallte gedankenverloren die Finger fester um den Rand des Waschbeckens. Allein die Vorstellung des Abschieds war grauenhaft.

„Hey Biene, bist du bald fertig?" Gedämpft klang Zeckes rauchige Stimme durch die Klotür. „Oder muss ich dir den Po abwischen kommen?"

„Gib mir noch einen Moment, dann kannst du es gerne versuchen." rief ich zurück und schüttelte mich kräftig, so, als könnte ich den Schmerz im Herzen wie einen alten Mantel abschütteln. Seufzend drehte ich den Wasserhahn auf und wusch mir die Hände. Nachdem ich mir das Handtuch von der Heizung geschnappt und mir die Hände damit abgetrocknet hatte, öffnete ich die Tür und trat hinaus auf einen kleinen Flur. Neben der Tür für die Damentoilette gab es noch eine für die Herrentoilette, einen Hinterausgang aus der Werkstatt und eine Tür auf die mich Zecke sofort zuschob, sobald sie meinen Arm zu fassen bekam.

„Wo ist Cooper?" Fragte ich sie, während wir durch einen Umkleideraum mit einer Reihe von Spinten liefen. Eigentlich hatte er mit Zecke auf mich warten wollen.

„Ich hab ihn zurück geschickt."

Erstaunt sah ich die Frau neben mir an. „Und er hat auf dich gehört?"

„Nein, natürlich nicht." Augenverdrehend blieb sie vor der schlichten Metalltür stehen, die uns von der großen Halle trennte, und wandte sich mir zu. „Wenn es um dich geht, ist mein Bruder so stur wie ein Esel. Es hat mich einiges an Nerven gekostet, ihn dazu zu bringen, dir etwas Heißes zu Trinken zu organisiert."

„Eine verdammt gute Idee. Hier ist es nicht gerade warm."

„Außerdem hab ich nun die Gelegenheit, mit dir in Ruhe zu reden."

„Du willst reden?" Verwirrt runzelte ich die Stirn und erwiderte Zeckes aufmerksamen Blick. „Worüber?"

Ohne Umschweife fragte sie: „Was bedeutet mein Bruder für dich?"

Blinzeln... und noch mal Blinzeln... Zu mehr war ich nicht in der Lage. Meine Zunge hatte ich irgendwie verschluckt. Stumm schüttelte ich den Kopf und versuchte irgendwie eine Antwort auf Zeckes Frage zu finden. Doch wie konnte ich antworten, wenn ich mir selbst nicht einmal im Klaren war, was ich für Cooper empfand. Als könnte mir Zecke die Antwort geben, sah ich hilfesuchend zu ihr.

Er beschützt sieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt