NICOLAS PoV:
Beep. Beep. Beep.
Ich suche den Knopf.
Beep.
Ich finde den Knopf.
Mein Wecker ist aus.
Wie ich es hasse nach den Sommerferien zurück in die Schule zu gehen. Wenigstens nur noch ein Jahr, dann hab ich endlich mein Abi in der Tasche. Und dann weg von hier. Ich halte es in dieser beschissenen Stadt nicht mehr aus. Alles grau und versifft. Die Bronx ist nichts gegen dieses Drecksloch von Stadtteil: nachts brennende Autos, Einbrüche, Diebstähle und was weiß ich noch alles.
Ich bin der Erste aus meiner Familie, der aufs Gymnasium geht. Ich musste das jetzt durchziehen, mein Vater sagt immer, wie stolz er auf mich ist. Aber mich kotzt es nur noch an. Ich will raus in die Welt, mein eigenes Geld verdienen, endlich unabhängig sein. Ich will studieren, nach New York und nach Japan. Immer dieses ewige Einprasseln von Stoff, der mich gar nicht interessiert. Sachen, die mich wirklich interessieren gibt es nur noch in Kunst und Biologie. Schade eigentlich. Aber die 5 Stunden in der Woche machen das ganze wenigstens halbwegs erträglich.
Hab ich mich eigentlich schon vorgestellt? Nein? Na dann: Ich bin Nicolas, auch Nike genannt, bin 17 Jahre alt, wohne in Nürnberg und gehe in die 12. Klasse eines bayerischen Gymnasiums. Meine Noten sind bisher, trotz meiner seltenen Anwesenheit immer recht stabil um die 9-Punkte-Marke gekreist. Ich rauche. Ich geh gern feiern. Ich rauche Shisha. Ich spiele Gitarre und singe in einer Band. Ich kann gut singen. Glaube ich auf jeden Fall. "Bread With Sausage." Brot mit Wurst. Ich weiß immer noch nicht, wie Amir - unser Schlagzeuger - auf so einen bescheuerten Metal-Namen kommen konnte. Wir spielen nicht mal Metal.
Oh Gott! Jetzt bin ich zu spät. Gleich am ersten Schultag darf ich mich stressen und komme wahrscheinlich zu spät zur Vollversammlung.
Scheisse. U-Bahn verpasst. Jetzt heißt es warten und dann rennen. Die nächste U-Bahn kommt, ich steige ein und wieder aus und fange an zu rennen. "Hey, Nike! Warte mal!" Amir. Hätte ich mir ja denken können. Wie immer zu spät. "Okay, jetzt rennen wir weiter Amir!" sagte ich und sprintete los. Gerade noch rechtzeitig gekommen.
Die Stundenpläne wurden ausgeteilt, es gab noch ein paar Neuerungen im Absenzensystem - Pech für mich - und es ging in der dritten Stunde schon mit Unterricht laut Stundenplan los. Unsere Bücher würden wir morgen abholen müssen, sagte unser Konrektor vorhin noch.
Toller Stundenplan. Montags erst Deutsch, dann Mathe, Psychologie und der Lichtblick: Bio! Die achte Stunde hab ich jetzt spontan zu meiner Lieblingsstunde erkoren. Aber jetzt Mathe und das auch noch beim Schmidt. Ausbilder Schmidt. Er war verschrien als das größte Arschloch der Schule und glaubt mir, er war auch eins. Ich hab mich extra beeilt, um einen Platz in der letzten Reihe zu reservieren. Ich saß da hinten auch relativ zufrieden mit meiner Platzwahl, als es klopfte und die Tür aufging und ein groß gewachsener Junge eintrat. Er sah aus wie aus dem Katalog für feinste Hipster-Ware. Nike Frees, enge Skinny Jeans, Tank Top, Skaterrucksack, Ray-Ban, Cap, Skateboard, iPhone 6 plus.
"Moin, ich bin neu hier. Ist das hier der Kurs von Herrn Schmidt?"
"Komm rein und setz dich!" sagte Schmidt. "Dürfen wir auch erfahren wie du heißt und was dich in dieses wunderbare Etablissement des Wissens führt?" Das mochte ich an ihm. Seinen Sarkasmus. Pechschwarz. Unsere Schule ist in Wirklichkeit ein Wrack. Seit Jahren wird darüber geredet, das Ding platt zu machen und neu aufzubauen, aber die Stadt hat kein Geld.
"Ich bin Felix. Wir sind von Hamburg hergezogen, weil mein Dad hier ein tolles Jobangebot bekommen hat, und jetzt bin ich hier..." Daher also das Moin und der norddeutsche Akzent...
"Ich sehe, neben Nicolas, unserem Prachtexemplar für Schülerbegeisterung ist der letzte freie Platz. Also bitte setz dich." Arschloch. Meine Erkämpfte Ruhe hat Felix mir jetzt zunichte gemacht. Ich zog meinen Rucksack vom Stuhl und würdigte ihn keines Blickes, als er sich hinsetzte.
"Hi. Ähm, ich... ich bin Felix", sagte er irritiert, "schön dich kennen zu lernen." "Ebenso." "Kann es sein dass du rauchst?" "Problem damit?" "Neenee, passt schon. Ich auch." und dabei holte er eine Schachtel Kippen aus seiner Jackentasche und legte sie auf den Tisch. "Achso, hab dich mehr so für den veganen Hipster gehalten, so wie du rumläufst." "Ne du, ich ess Fleisch und trink Milch wie jeder andere auch."
"Pack sofort die Zigaretten weg, Neuer!!!" Ich hätte Felix warnen sollen. Schmidt ist der absolute Antiraucher. Jedes Mal, wenn ich an ihm vorbeilaufe, hält er sich gekünstelt die Nase zu. "Ich bin schon 18. Ich hab die Zehnte zwei Mal gemacht." Mutig, mutig Felix. "DAS IST MIR SOWAS VON SCHEISSEGAL!!!" brüllte Schmidt. "Kaum fünf Minuten im Unterricht sitzen und dann sowas! PACK SIE SOFORT WEG!"
Peinliche Pause. Felix am Rumkramen.
"Fahren wir fort." Schmidti wollte vor dem Neuen wohl seine - wohlgemerkt nicht vorhandenen - Muskeln spielen lassen um ihm zu zeigen, wer das Sagen hat. Aber damit erreicht er nichts. Alle hassen ihn dadurch nur noch mehr als sie es eh schon tun; ich kenne wirklich keinen Lehrer, der so gehasst wird wie Schmidti. Niemand mag ihn. Selbst die neuen Fünftklässler wussten, dass sie ihm lieber aus dem Weg gehen sollten.
Ich glich mit Felix meinen Stundenplan ab. Wir haben fast alles bis auf Deutsch und Kunst miteinander. Nach Bio fragte er mich dann, ob ich Bock hätte, ihm meine Stadt zu zeigen. Und jetzt waren wir zwei gerade auf dem Weg in Richtung Burg unterwegs.
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Hallo erstmal.
Das hier ist meine erste Geschichte. Buch scheint mir auf Grund der Kapitelanzahl gerade jetzt etwas unpassend zu sein ;)
Ich hoffe ihr bleibt dran...
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Felix und ich (boyxboy)
General FictionNicolas ist siebzehn Jahre alt. Er hasst seine Stadt. Er hasst seine Schule. Und dann kommt Felix in seine Klasse.