Dieses Prozedere fand nicht nur in einer Stadt statt. Sondern an jeder Stadt und Burg, an der wir vorbeikamen. Meine Wut stieg immer weiter. Nicht nur gegen Sir Kharlo, sondern gegen alle seiner Männer. Sie benahmen sich wie Ungeziefer, dass sich ausbreitet und in jede Stadt einfiel. Wie oft hatte ich bereits meine Schwerter gezogen, um Kinder und Frauen von den Begierden dieses Ungeziefers zu schützen. Doch ich konnte alleine nichts ausrichten. Taran sah ich in den Nächten nie. Wahrscheinlich tat er das Gleiche wie die anderen Männern. Erbärmlich dieses Verhalten. Und solches Ungeziefer lassen wir Länder und Städte regieren. Ich musste eine Lösung finden. Wir kamen der Hauptstadt immer näher. Vielleicht noch ein oder zwei Tage. Seit einiger Zeit meditierte ich wieder. Ich glitt währenddessen oft auf die energetische Ebene herab, auf der ich früher die Drachen sehen konnte, als sie noch nicht ihren neuen Reiter erwählt hatten. Doch diese Ebene hatte sich verändert. Eine Zeit lang konnte ich die Energien der Drachen sehen, auch wenn diese keine Gestalt annahmen. Doch mittlerweile sah ich die Energien der Menschen. Sie bewegten sich als farbende Tiere vorwärts, je nachdem welche Farbe und welches Tier ihrem Charakter und Wesen entspricht. Was das zu bedeuten hatte, wusste ich nicht. Kündigte das das Ende der Drachen an? Oder vielleicht nur eine Weiterentwicklung meiner Sinne und Fähigkeiten? Es war auf jeden Fall eine Veränderung im Anmarsch. Zudem setzte ich mich bewusst unangenehmen Sachen aus, wie Hände in heißes oder sehr kaltes Wasser tauchen. Ich wollte schmerzresistenter werden, besonders wegen dieser Hexerei von Sir Kharlo. Ob es was brachte, wusste ich auch nicht. Aber einen Versuch war es wert.
Taran
Wir waren nur noch ein Tagesritt von der Hauptstadt entfernt. Der Brief von Sir Kharlo an die Regierung um eine Kapitulation der Hauptstadt wurde ignoriert. Das heißt wir werden die Hauptstadt angreifen. Was uns dort erwartet, werden wir sehen. Aber gegen fünf Drachen hatte keine Armee dieser Welt eine Chance. Nicht mal die Einhörner.
Ich bemerkte eine Veränderung an Xenia. Sie schien entschlossener zu sein also zuvor.
Mich interessierte es, was sie vorhatte. Sich Sir Kharlo zu widersetzen ginge schlecht, außer mit Selbstmord. Aber dafür war Xenia zu stolz. Auf andere Weise gab es kein Entkommen.
Sir Kharlo unterbrach meinen Gedankengang.
"Hol mir Xenia. Ich muss ihr ihre Aufgabe mitteilen", sagte er. Also lief ich los durch unser Lager auf der Suche nach Xenia. Ich fand sie an einem der Lagerfeuer. Mit gleichbleibenden Bewegungen schärfte sie eines ihrer Schwerter. Der Schatten des Feuers warf tiefe Schatten auf ihr Gesicht.
"Komm, der Boss will dich sehen", sagte ich zu ihr. Sie seufzte.
"Also ist es morgen schon so weit", murmelte sie. Ich schaute in den Nachthimmel.
Sie folgte mir schließlich zu Sir Kharlo.
"Meine Teure", begrüßte er sie.
"Was möchtet Ihr?", fragte sie ohne zu antworten.
"Komm. Es wird Zeit, dass du deine Aufgabe weißt", antwortete Sir Kharlo unirritiert.
Die beiden machten einen Spaziergang. Ich folgte ihnen.
"Wir werden morgen am Abend in Position gehen vor den Toren der Hauptstadt. Du wirst mit deinen Drachen in der Luft sein. Meiner Erwartung nach wird die Armee vor den Toren auf uns warten. Wenn die Sonne verschwindet, wirst du uns mithilfe deiner Drachen den Weg frei räumen", erklärte Sir Kharlo. Seine sowieso schon gelben Augen leuchteten noch mehr.
"Ich soll sie alle verbrennen?", fragte Xenia unberührt.
"Wenn es sein muss. Aber so geht es am schnellsten", antwortete Sir Kharlo. Xenia schwieg.
"Und du wirst das tun", fügte Sir Kharlo hinzu.
"Wir werden das ganze Land erobern", schwärmte er.
"Auch bis in den Norden werden wir marschieren?", wollte Xenia wissen.
"Aber natürlich. Oder gibt es dort jemanden, der dir etwas bedeutet?", erwiderte Sir Kharlo grinsend.
Xenia schwieg wieder. Doch ihr Blick hatte sich verfinstert. Sir Kharlo ließ sie stehen und begab sich zurück zum Lager. Xenia starrte ihm nach. Mein Herz pochte kräftig. Vor meinem inneren Auge sah ich, wie mein Schwert Sir Kharlos Körper in zwei halbierte. Ich blinzelte ein paar Mal. Woher kam aufeinmal die Mordlust?
In dem Moment drehte sich Sir Kharlo nochmal um und ich nickte ihm zu. Hatte er mich ertappt? Doch er setzte seinen Weg weiter fort. Xenia rührte sich nicht. Ich hatte aufeinmal den Drang irgendwas entschuldigendes zu sagen, doch mir fiel nichts ein. Seit wann sagte Taran Ryalon etwas entschuldigendes?
Am kommenden Morgen ritten wir weiter. Gegen Nachmittag errichteten wir ein Lager und die Männer machten sich bereit für den Kampf. Schwerter wurden poliert und geschärft, Pferde umgesattelt und Rüstungen angelegt.
Kurz bevor es langsam dämmerte holte Sir Kharlo alle zusammen.
"Heute liebe Männer, werden wir das zurückerobern, was uns gestohlen wurde. Xenia Nakamuro, die Drachenreiterin, wird wieder herrschen. So wie es bestimmt war!", brüllte er über die Menge. Jubel brach kurz aus.
"Wir werden gewinnen und das ist wofür wir alle gemacht wurden. Auf uns!", beendete Sir Kharlo seine Ansprache.
Die Männer brüllte zustimmend und teilten sich dann in ihre Gruppen auf.
Xenia entfernte sich von der Menge. Nach kurzer Zeit schossen fünf Drachen vom Himmel. Sie landeten mit ohrenbetäubendem Kreischen. Ich beobachtete wie Xenia zu jedem einzelnen ging und etwas sagte. Ich verstand bloß nichts, weil ich bereits die Meute anführte mit meinem Pferd.
Dann stieg sie auf und verschwand mit ihren Drachen im Himmel.
"Auf auf Männer! Auf eure Positionen!", brüllte ich. Auf in den Kampf.
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Die Drachenprinzessin
FantasyDas ist der zweite Teil zu meinem Buch "Die Drachenkönigin". Ruhe war wieder in das Land eingekehrt. Die Einhornarmee wurde erfolgreich besiegt und die Hauptstadt wurde wieder aufgebaut. Das Schicksal scheint es gut mit Xenia zu meinen. Doch als s...