28.Kapitel

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Ich wachte auf, als ich Schritte auf dem Marmorboden hörte. Rasch schlug ich die Augen auf, fasste nach meinen Schwertern und setzte mich auf.
Vor meinem Bett stand ein schwarzes Einhorn mit feuerroten Augen. Mein Herz machte vor Schreck einen Satz und pumpte Adreanlin durch meinen Körper. Ich dachte alle Einhörner wären tot durch meine Drachen?
Wir starrten uns an. Wie kam es hier überhaupt rein? Hatte ich die Balkontür offengelassen?
"Was willst du?", fragte ich. Das Einhorn bewegte eines seiner Ohren, als ob es mir zuhörte.
"Schickt dich Sir Kharlo?"
Das Einhorn schnaubte und war plötzlich verschwunden. Ich lief auf den Balkon und entdeckte es im Mondlicht am Himmel fliegen. Wie war das möglich? Die einzigen Einhörner gab es doch in der Einhörnerarmee. Und die hatte ich nunmal zerstört. Plötzlich stachen mir andere Fabelwesen ins Auge. Ein Greif stand auf einem der Türme des Palastes. Wurde der nicht ausgerottet? Ein Hippogryph kam plötzlich auf mich zu geflogen und hob kurz vor mir in den Himmel ab.
Was war hier los? Träume ich etwa? Wie war das möglich? Hatte die schwarze Magie solche Fabelwesen wieder zurück gebracht? Die Fabelwesen folgten alle kreischend dem Einhorn in das Mondlicht und verschwanden. Ich kniff mir in den Arm. Nein, ich war wach.
Was war hier los? Noch eine ganze Weile verbrachte ich auf dem Balkon und suchte angestrengt im Nachthimmel nach Fabelwesen.
Das einzige was ich spürte waren meine Drachen. Also ging ich wieder zu Bett und versuchte einzuschlafen. Keine Chance. Meine Gedanken kreisten um die Fabelwesen. Was wenn die Ausrottung der Fabelwesen nur ein Mythos war und tatsächlich die Fabelwesen in diesem Gebiet der schwarzen Magie gefangen waren? War das überhaupt möglich? War die schwarze Magie so mächtig? Wenn ja, wie sollten wir jemals Sir Kharlo aus dem Weg räumen?

Ich wachte wieder auf, als es draußen schon längst hell war. Also hatte ich tatsächlich schlafen können. Ich setzte mich auf und ließ die Begegnung mit den Fabelwesen revue passieren. Eindeutig war ich wach gewesen. Das war alles real.
Dann stand ich auf, zog mich um und suchte Taran. Er musste davon erfahren.
Taran fand ich unten in der großen Eingangshalle. Er diskutierte mit einem der Männer. Als er mich kommen sah, schickte er ihn weg.
"Guten Morgen. Seit wann schlafen Kriegerinnen so lange?", wollte er wissen.
"Wann immer sie wollen."
Taran schaute mich abschätzend an.
"Ich muss dir was erzählen", sagte ich. Taran hob die Augenbraue.
Ich erzählte ihm von letzter Nacht. Tarans Augen wurden immer ein wenig größer.
"Einhörner?", fragte er nach. Ich nickte.
"Ich bin mir sicher, es war real."
"Wenn die schwarze Magie also Fabelwesen gefangen halten kann, was kann sie noch alles?", überlegte Taran.
Auch meine Drachen, fügte ich leise in Gedanken hinzu.
"Ich habe allerdings schlechte Nachrichten. Sir Kharlo lässt sich seit gestern Abend nicht mehr blicken. Er hat sich in den Nordflügel verkrochen und selbst die Männer haben ihn nicht gesehen. Er hackt irgendwas aus. Und ich weiß leider nicht was", erzählte Taran mit einer besorgten Miene.
Ich schaute zu Boden und dann durch das Eingangstor hinaus. Der Himmel war selbstsam dunkel heute.
"Wäre es möglich, dass er seine Energien doch wieder auflädt?", wollte ich nervös wissen.
"Wer weiß. Spekulieren kann jeder. Vielleicht liest er ja nur oder schläft", antwortete Taran. Doch ich wusste, er machte sich auch Sorgen. Sir Kharlo würde zur Lagebesprechung immer Taran hinzurufen. Dementsprechend musste er etwas aushacken.

Den restlichen Tag ließ er sich ebenfalls nicht blicken. Bis zum Abend. Ein Zettel wurde mir überbracht und dazu ein Kleid. Wann hatte ich das letzte Mal ein Kleid getragen?
Es war rot, ging bis zum Boden und meine Schultern waren frei. So etwas elegantes hatte ich lange nicht mehr gesehen.
Ich zog es an und stand vor einem Spiegel. Die alte Xenia schaute mich wieder an. Eine junge Drachenreiterin.
Warum sollte ich so etwas anziehen und dazu noch zum Essen erscheinen? Was hatte Sir Kharlo vor?
Ich ließ meine Haare offen, aber machte sie ein wenig ordentlich. Dann ging ich zum Speisesaal. Was für ein ungewohntes Gefühl wieder eine Dame zu sein.
Einer der Männer stand vor der Tür. Sein Blick glitt an mir herab. Dann öffnete er die Tür und ein großer Saal empfang mich. Überall waren Kerzen und tauchten den Saal in eine romantische Atmosphäre. Würde da nicht Sir Kharlo am Tisch stehen.  Als er mich sah, fing er an zu grinsen.
"Mylady, Ihr seht wunderbar aus", sagte er und kam auf mich zu. Ein komisches Gefühl machte sich in mir breit. Sir Kharlo nahm meine Hand und deutete einen Handkuss an.
"Sir Kharlo, woher kommen die Formalitäten?"
Ich war misstrauisch. All das, für was? Was wollte er?
Sir Kharlo führte mich zu meinem Platz. "Wir haben Gründe zum Feiern", antwortete er und setzte sich auf seinen Platz. Sein Grinsen war immer noch da. Vor uns stand ein deftiger Braten mit Gemüse und Brot.
"Lasst es Euch schmecken", sagte Sir Kharlo und begann zu essen.
Ich tat es ihm gleich und das Essen schmeckte auch gut. Aber ich hatte einen bitteren Geschmack im Mund. Irgendwas verbarg er. Warum war er auf einmal so ausgeglichen und fast schon fröhlich?
Mein Gefühl von Misstrauen stieg weiter. Irgendwas musste er ja vor haben. Für alle Fälle hatte ich mir einen Dolch mitgenommen. Ich hatte ihn geschickt mit einem Band an mein Oberschenkel gebunden.
Während des Essens schwiegen wir. Was auch gut so war. Ich begutachtete den Saal. Das Schloss war früher bestimmt prachtvoll gewesen. Bis eben die schwarze Magie es übernommen hatte. Nach dem Essen stand Sir Kharlo auf und hielt mir die Hand hin. "Kommt mit", sagte er. Ich schaute ihn misstrauisch an.
"Wohin?"
"Lasst Euch überraschen."
Ich nahm widerwillig seine Hand und stand auf.

Die DrachenprinzessinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt