2: Magisch angezogen

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Mittlerweile war es etwa zwei Monate her, dass ich mein neues Handy bekommen hatte. Hendrik und ich chatteten manchmal stundenlang und ich freute mich jedes Mal, wenn sein Name auf meinem Display erschien.

Chatten war nämlich tatsächlich einfacher als telefonieren und ich genoss es, seine Nachrichten immer wieder durchlesen zu können.

„Hey Didi." Andrea stupste mich an der Schulter an und ich hätte mich beinahe so erschreckt, dass mir mein Handy aus der Hand geflogen wäre. Ich hielt es unter dem Tisch und versuchte es vor dem Lehrer versteckt zu halten.

In den letzten Wochen kam es öfter vor, dass ich mich dazu entschied, lieber ein wenig Zeit auf TikTok oder Instagram zu verbringen, als im Unterricht aufzupassen.

Alles, was es dort zu sehen gab, war einfach hundertmal spannender als das, was die Lehrer von sich gaben. Bis jetzt war ich bloß einmal ermahnt worden, weil ich kichern musste, als ich ein Video gesehen hatte, in dem ein Hund die Stiegen hinunter stolperte. Was soll ich sagen? Ich bin nun mal ein Hundemensch.

„Ja, was ist?", zischte ich Andrea schließlich zu.

„Chill mal, ich wollte dich nur fragen, ob du Lust hättest, mitzukommen, wenn ich mich heute mit Alvin und Thomas treffe", schlug sie mir vor, doch ich winkte ab. „Ich weiß nicht. Ich glaube, ich hab gar keine Zeit."

„...stimmt, hab ich vergessen, Hendrik ist auch noch dabei. Wir wollen im Park-", fuhr sie fort, doch ich unterbrach sie prompt: „Ich hab mich geirrt! Morgen habe ich etwas vor. Heute ist noch frei. Wann treffen wir uns?"

Eine Chance mit Hendrik zu quatschen würde ich mir sicher nicht entgehen lassen. Wir hatten schließlich seit dem Sommer nicht mehr miteinander gesprochen - naja zumindest, wenn man das viele Chatten in letzter Zeit nicht dazuzählte.

„Super. Wir wollen gleich nach der Schule in den Park gehen. Alvin hat eine Flasche Vodka aus dem Alkoholschrank seiner Mutter klauen können, ohne dass sie es gemerkt hat", informierte sie mich, bevor sie sich wieder in die Richtung des Lehrers drehte.

Zugegebenermaßen war ich nun ein wenig nervös, denn ich hatte noch nie zuvor Alkohol getrunken, und dass Andrea mir das so selbstverständlich erzählte, ließ mich vermuten, dass es nicht das erste Mal war, dass sie sich mit den anderen zum Trinken traf.

Allerdings ließ ich mir nichts anmerken und schrieb Hendrik eine Nachricht: „Bin heute am Nachmittag auch dabei 🤗". Er schickte nur wenige Sekunden später einen Daumen hoch zurück und ich legte das Handy mit einem zufriedenen Grinsen auf den Lippen für einen Moment zur Seite.

*

Nach der Schule ging ich gemeinsam mit Andrea und den anderen in den Park. Ich mochte den Park. Wir hatten uns eine Stelle in der Wiese vor einem der größten Bäume hier ausgesucht, um dort unsere Zeit zu verbringen.

„Cool, dass du auch mal dabei bist", sagte Alvin, worauf hin er mir eine durchsichtige Flasche mit einer blauen Aufschrift reichte.

„Gib es doch nicht ihr als erstes", beschwerte sich Thomas und riss sie mir ohne zu zögern aus der Hand.

„Nachmittagsunterricht jeden Freitag fuckt mich so dermaßen ab! Darauf erst einmal prost", sagte er, während er die Flasche öffnete und ein paar kräftige Schlucke davon nahm. Bei seinem Anblick verzog ich ein wenig das Gesicht.

Zwar war ich kein Antialkoholiker, aber dafür sprach ich mich ganz sicher auch nicht aus. Um mich von dem unwohlen Gefühl in meinem Bauch abzulenken, wandte ich mich an Hendrik, der gerade auf seinem Handy herumtippte.

„Ich freue mich, dass wir uns mal wieder sehen!"

Um das zu sagen hatte ich meinen ganzen Mut aufbringen müssen und ich spürte, wie mir eine Wärme in die Wangen stieg.

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