Kapitel 11 - Ein gutes Team

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Je näher sie Louis' Haus kamen, desto nervöser wurde er. Harry übte zunehmend mehr Druck auf Louis' Oberschenkel aus, da das Zittern ihn allmählich ebenfalls nervös machte. „Wir sind da", sagte Louis. „Ich kann auch nach Hause gehen, wenn du dich nicht wohl fühlst", sagte Harry. „Wie kommst du darauf? Ich bin froh, dass du hier bist", sagte Louis, denn das war er tatsächlich. „Ich bin einfach nur sehr nervös", fügte Louis leise an.

„Bist du? Wäre mir überhaupt nicht aufgefallen", sagte Harry mit einem Grinsen und nickte in Richtung seiner hibbeligen Oberschenkel. „Entschuldigung. Wie du dir vielleicht denken kannst, ist auch mein zweites Date sehr lange her", sagte Louis. „Genau genommen ist es das dritte Date und wir tragen Sportklamotten. Mehr Wohlfühlfaktor dürfte eigentlich überhaupt nicht möglich sein", sagte Harry leise lachend und beugte sich über die Mittelkonsole, nachdem sie die Einfahrt erreichten.

Louis legte eine Hand an Harry's Wange und sah ihm tief in die Augen. Er sah den kleinen Punkt und es fühlte sich so vertraut an, als wäre Harry schon immer ein Teil von Louis' Leben. Er verband ihre Lippen miteinander und kam nicht umhin, vor lauter Schmetterlingen in seinem Bauch zu grinsen. Harry war das, von dem Louis nicht gedacht hätte, dass er es nochmal finden würde. Er war einfühlsam, sympathisch, witzig und sah zudem wunderschön aus.

Sie stiegen aus dem Fahrzeug und betraten Louis' Haus. Harry blieb im Flur stehen und sah sich ungläubig um. „Ich habe noch nie ein schöneres Haus gesehen", sagte er begeistert. Louis konnte die Begeisterung verstehen, denn er selbst hatte ebenso noch nie ein schöneres Haus gesehen. Es war schlicht, aber doch modern. Die dunkle Außenfassade war Louis' größter Wunsch, gefolgt von den bodentiefen Fenstern. Das Grundstück war zauberhaft, der Pool in L - Form umschloss zum Teil die gemütliche Grillecke. Das Haus verfügte über zwei Etagen und einen Kellerbereich, in dem sich unter anderem ein Fitnessbereich befand, den Louis jedoch noch nur selten von innen gesehen hat.

„Philipp hat es entworfen, er war Architekt", sagte Louis. „Es ist fantastisch", sagte Harry, der schon beinahe leuchtende Augen bekam. „Soll ich dich rumführen?", fragte Louis und griff nach Harry's Hand. Harry nickte begeistert. Er begann die Führung im Keller. „Du hast ein eigenes Fitnessstudio?", kommentierte Harry und sah sich zwischen all den Geräten um. „Ich seh's auch gerade zum ersten Mal", sagte Louis und brachte Harry mit dieser Aussage zum Lachen. Dabei war sie nicht einmal wirklich gelogen.

Er zeigte Harry das gesamte Haus, mit Ausnahme von Philipp's Büro und dem Schlafzimmer, denn niemand außer ihm und seinen Kindern durfte diese beiden Räume betreten. „Es ist perfekt. Er war sehr talentiert", sagte Harry, was Louis zufrieden nicken ließ. Das Haus hätte Louis vermutlich in den finanziellen Ruin treiben können, doch wusste er nicht von Philipp's überraschend hohen Lebensversicherung. Er wusste, dass er eine hatte, aber nicht, dass das gesamte Haus mit einem Schlag abbezahlt war und Louis zudem die nächsten Jahre nicht mehr hätte arbeiten müssen. Louis wollte arbeiten. Aber er konnte es die letzten beiden Jahre nicht. Philipp ahnte vermutlich von Louis' Zusammenbruch und hat die Summe aus diesem Grund erhöht. Er dachte eben schon immer an alles.

„Möchtest du einen Cocktail?", fragte Louis nach Abschluss der Führung. Harry zog seine Augenbrauen zusammen und sah Louis fragend an. „Alkoholfrei natürlich. Eigentlich ist es nur Ginger Ale mit Limette und Rohrzucker. Möchtest du?", fragte er Harry, der zufrieden nickte. „Setz dich ruhig, ich bin gleich da", sagte Louis und deutete auf die Couch.

Er reichte Harry eines der Gläser und setzte sich dicht neben ihn, sodass ihre Beine sich berührten.  Sie saßen schweigend nebeneinander. Louis fühlte sich gerade wie ein Teenager, der zum ersten Mal neben seinem Schwarm saß. Früher hätte er sich schon lange Mut angetrunken, es war so viel einfacher mit benebelten Sinnen. Harry atmete tief durch, drehte sich zu Louis und sah ihn erwartungsvoll an. „Bin nur ich so nervös?", fragte er. „Auf keinen Fall. Was macht man in der Regel dagegen, wenn man nicht trinkt?", fragte Louis.

Harry antwortete nicht, nahm stattdessen Louis' Gesicht in seine Hände und presste seine Lippen auf die von Louis. Ihre Zungen trafen aufeinander und Harry beugte sich über Louis und drückte ihn mit seinem Körper sanft nach unten, bis er nach kurzer Zeit mit dem Rücken vollständig auf der Sitzfläche der Couch lag. Louis spürte Harry's Hände an seinem Hosenbund, sein Herzschlag überschlug sich beinahe.

Seine Hände glitten unter das Shirt von Louis, doch dieser stoppte ihn in seinen Bewegungen. Harry zog sich ein Stück zurück und sah Louis skeptisch an. „Was ist los?", fragte er. „Ich würde es gerne einfach anlassen", sagte Louis etwas eingeschüchtert. Harry kletterte von Louis runter und stellte sich vor ihn hin, musterte ihn von oben bis unten. Da beide lediglich mit einem Trainingsanzug bekleidet waren, zeichnete sich die jeweilige Erektion mehr als deutlich ab.

„Was ist los?", fragte nun Louis. „Du fühlst dich offensichtlich wegen etwas unwohl und das möchte ich nicht. Ich möchte keinen Sex mit dir haben, wenn du dich in meiner Gegenwart nicht wohl fühlst", sagte Harry. „Aber ich möchte Sex mit dir haben", sagte Louis. „Nicht so, Lou", sagte Harry kopfschüttelnd und setzte sich neben Louis, richtete seinen Körper auf und legte einen Arm um ihn.

Sie saßen eine zeitlang nebeneinander, bis Louis mehrfach tief durchatmete und das Wort ergriff. „Ich esse kaum. Du hast einen tollen Körper und ich bin einfach viel zu dünn", sagte Louis leise. Harry reagierte nicht, stand stattdessen auf und zog sich seine Schuhe an. Louis sah Harry entsetzt hinterher. Entsetzt darüber, dass er sich ihm geöffnet hat und er daraufhin die Flucht zu ergreifen schien. „Komm", sagte Harry jedoch kurz drauf und reichte Louis seine Hand.

„Wo willst du hin?", fragte Louis. „Nicht ich. Wir. Und wir fahren jetzt zu McDonald's und da essen wir so viel, wie eben in uns reinpasst", sagte er mit einem leichten Lächeln. „Du weißt, dass ich von einem einzigen McDonald's Aufenthalt nicht zunehme?", fragte Louis. „Nein. Aber vielleicht beim nächsten oder übernächsten oder überübernächsten Mal", sagte Harry. „Ganz schön langfristige Pläne", kommentierte Louis grinsend. „Wir müssen das mit uns nicht überstürzen. Ich laufe nicht weg, Lou. Aber ich möchte, dass du genau so ehrlich zu mir bist, wie du es gerade warst", sagte Harry, presste seine Lippen auf die von Louis.

„Wir hätten gerne die gesamte Speisekarte. Zweimal", sagte Harry über Louis gebeugt  am Schalter des Drive In. „Warte. Was? Wer soll das alles essen?", fragte Louis. „Du? Und was du nicht schaffst, verteilen wir am Bahnhof", sagte Harry, der sich nicht von seiner Bestellung abbringen lassen wollte. Mehrere Mitarbeiter der Filiale stellten die Rückbank mit Essen voll. „Du spinnst", merkte Louis an. Harry lächelte, bevor er Louis liebevoll zu küssen begann. „Wollen wir mit einem Nugget anfangen?", fragte er und reichte Louis die Verpackung. Er nickte, aß einen Nugget. „Mund auf", sagte Harry grinsend. „Ernsthaft?", fragte Louis lachend und öffnete seinen Mund, zeigte Harry, dass er das Essen heruntergeschluckt hat.

Louis aß fünf weitere Nuggets und biss zweimal in einen der Burger. „Wie kommt es, dass du nichts mehr isst?", fragte Harry. „Als Philipp weg war, war es mir wichtiger, dass meine Kinder versorgt sind. Darum hatte er sich sonst immer gekümmert. Ich musste mit meiner Rolle erst warm werden. Das und die Trauer. Ich hab es einfach vergessen, regelmäßig zu essen und irgendwann wollte ich es nicht mehr", sagte Louis. „Darf ich dir dabei helfen, jetzt mit dem Essen warmzuwerden?", fragte Harry. Louis nickte.

Sie fuhren zum Bahnhof und verteilten die zahlreichen übergebliebenen Speisen und Getränke. „Wir scheinen ein gutes Team zu sein", sagte Harry, als die Rücksitzbank leer war. „Und ich platze allmählich", sagte Louis, der noch einen weiteren Bissen des Burgers nahm und sich den Bauch mit beiden Armen hielt. Er wusste nicht, wann er das letzte Mal so viel gegessen hatte. „Es wird besser", sagte Harry, streichelte sanft über Louis' Oberschenkel. Louis wusste nicht, warum Harry das tat, aber er wollte es nicht hinterfragen. Denn auch wenn er es nie zugeben würde, mochte er es, dass man sich um ihn kümmerte.

Through the Dark | L.S.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt