Interlude: Shadow - BTS

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-Jisung pov-

Unsicher Tritt Minho vor mir die Treppe hoch, sein Griff fest um das Geländer geschlungen.

„Noch zwei Stufen.", teile ich dem Älteren mit. Kurz darauf stolpert er jedoch heftig, denn eventuell waren es doch drei. Aber natürlich ist nichts passiert. So wie er sich an das Geländer klammert, konnte er gar nicht fallen.

„Ist diese kack Augenbinde denn wirklich notwendig?!", flucht er, während ich ihn weiter zu einer Tür schiebe.
„Natürlich, sonst wäre es ja keine richtige Überraschung.", entgegne ich ihm.
Ich bin mir zu 100% sicher: in wenigen Minuten wird die ganze Flucherei, welche ich mir schon seit wir aufgebrochen sind anhören muss, vergesse sein.

Ich spüre Aufregung in mir. Es war ein hartes Stück Arbeit diesen Termin zu organisieren.
Viel mehr Telefonate, als mir lieb gewesen wären, mussten getätigt werden.
Immerhin konnte ich mir eine gute Summe an Geld dadurch sparen.

Ich führe Minho zu den kleinen Fahrstuhl.
Erst als die Tür sich schließt, ziehe ich Minho die Augenbinde ab.
Das grelle Licht blendet ihn so sehr, dass er ein paar mal angestrengt blinzeln muss, bevor er zu mir schaut.
„Ich würde ja gerne erneut fragen, wo du mich hin bringst. Aber wie ich dich kenne, wirst du eh wieder sagen ‚das wirst du schon gleich sehen'", äfft er mich nach, was mich zu einem leisen Glucksen verleitet.

„Genau so ist es." Ich wuschel Minho kurz durch seine etwas längeren schwarzen Haare, wodurch ich einen Todesblick kassiere, der sich jedoch schnell in ein kleines Lächeln umwandelt.

Im selben Moment öffnete sich die Fahrstuhl Tür und ich gehe voraus.
Sofort kommt mir ein bekanntes Gesicht entgegen. Es ist ein guter Bekannter von meinem Dad. Und er ist ein ausgezeichneter Choreograf. Netterweise hat er mir zu einer kostenlosen Tanz - Session zugesagt. Sonst wäre mein ganzer Plan wohl nicht möglich gewesen.

„Hallo Jisung, du bist ja ganz schön groß geworden. Wie lang ist es her, 5 Jahre?"
Er zieht mich in eine väterliche Umarmung.
Bevor er nach Seoul gezogen ist, um sein eigenes Tanzstudio zu eröffnen, war er wie ein zweiter Vater für mich. Meine Eltern haben mich häufig bei ihm abgesetzt, wenn sie für Meetings lange weg waren. Er hat mir das Tanzen beigebracht. Jedoch befürchte ich, dass ich dahingehend etwas eingerostet bin.

„Ich freu mich dich endlich wieder zu sehen! Florida war ganz schön langweilig ohne dich!", begrüße ich ihn mit breitem Grinsen auf dem Gesicht.
Es fühlt sich etwas wie nach Hause kommen an, jetzt wo ich ihn endlich wieder sehe.

„Das hier ist übrigens Minho, Minho, das ist Joe, ein sehr guter Freund meines Vaters, ein ausgezeichneter Choreograph, und für heute unser Tanzlehrer."

Minhos Kinnlade klappt kurz nach unten und ich kann förmlich sehen wie sich die Gedanken in seinem hübschen Kopf überschlagen. Freude und Besorgnis mischen sich und fechten einen Kampf aus.
Die Besorgnis gewinnt, weshalb er gleich zwei Fragen auf einmal stellt: „Werde ich Muskelkater bekommen? Wie hoch ist die Verletzungsgefahr?"

Joe lacht. „Du bist mir ja einer. Ich stelle sicher, dass ihr ordentlich aufgewärmt seid, dann ist die Verletzungsgefahr fast null und Muskelkater wirst du mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit bekommen."

„Ich habe alles mit deinem Coach abgesprochen, er hat sein Go geben.", werfe ich noch schnell hinterher, bevor Minho überhaupt die Gelegenheit hat alles zu überdenken. Es genügt um die Besorgnis in Minhos Gemüt mit Füßen zu treten und der Freude, auf das Kommende, Platz zu machen.

„Okay dann nichts wie los!", Minho hüpft kurz auf der Stelle, so unruhig ist er.
Vor zwei Wochen konnte ich mir noch nicht mal ansatzweise so eine Regung bei Minho vorstellen.
Es kommt mir so vor, als würde ich einen komplett neuen Minho vor mir sehen.

Insgesamt 2h tanzten wir uns die Seele aus dem Leib. Es machte unglaublich viel Spaß.
Nicht nur mir, sondern auch Minho.
Dieser entpuppte sich sogar als ein unglaubliches Tanztalent.
Die Kontrolle über seinen Körper war perfekt und alles sah so unglaublich leicht bei ihm aus. Und das, obwohl er zum ersten Mal auf ernst getanzt hat. Er hatte dabei so viel Spaß, dass er den gesamten Heimweg von nichts anderem sprechen konnte. Noch nie habe ich ihn so glücklich gesehen.

Das letzte, an was ich mich erinnere ist, wie ich erschöpft mein Zuhause erreichte und mich umgehend auf mein Bett fallen ließ. So viel Spaß tanzen auch macht, fertig bin ich danach jedes Mal. Das war auch damals schon so.
Ich muss eingeschlafen sein, denn als das Klingeln meines Handys neben mir erklingt, habe ich keinerlei Zeit Gefühl.
Wie lange bin ich schon hier?
5 Minuten oder doch schon mehrere Stunden?
Anstatt weiter darüber zu grübeln, Taste ich nach meinem Handy, auf dem der Name von Minho erscheint.
Ich nehme den Anruf entgegen:

„Hallo Minho, was gibt es denn?" Meine Stimme klingt noch verschlafen, doch davon lässt Minho sich nicht stören.

„Du hast recht Jisung. Ich sollte es meinen Eltern sagen. Dank dir weiß ich nun auch was ich tun möchte. Ich möchte Tanzen. Vielleicht auch Choreograf werden, so wie Joe."

Ich weiß nicht ob es Stolz, freundschaftliche Freude oder vielleicht etwas noch intensiveres, was ich zu diesem Zeitpunkt nicht benennen kann, ist, doch was ich mit Sicherheit weiß, ist dass ich Minho jetzt gerne in meinen Arm nehmen würde.

„Das klingt nach einem super Plan!"

„Aber da gibt es noch etwas: ich würde gerne mit dir tanzen, gemeinsam. Ich möchte nicht schon wieder etwas tun, was ich mit niemandem teilen kann. Beim Leichtathletik hatte ich zwar auch viele Menschen um mich herum, jedoch stand ich am Ende doch immer nur für mich an der Startlinie. Ich würde viel lieber meine Leidenschaft mit jemandem Teilen. Und naja... der Erste, der mir da eingefallen ist, bist du."

Selbst durch mein Handy kann ich die Nervosität in Minhos Stimme erkennen.
Einen Moment bleibe ich ruhig, um seine Bitte zu überdenken. Doch schnell wird mir klar, dass es momentan nichts gibt, was ich lieber tun würde.

„Ich würde liebend gerne an deiner Seite tanzen, Minho."

„Wirklich?! Okay dann werde ich mir jetzt überlegen, wie ich es meinen Eltern bei bringe. Danke Jisung... und entschuldige dass ich dich aus dem Schlaf geholt habe."

Er legt augenblicklich auf und lässt mich allein zurück in meinem Zimmer.
Mit einem breiten Grinsen lasse ich mich zurück in mein Bett fallen.

Minho ist manchmal wirklich süß.

Ich weiß nicht was es ist, doch nach diesem Tag heute und dem Telefonat gerade eben, spüre ich ein kribbeln in meinem Bauch, welches zuvor noch nie gespürt habe.
Bilde ich es mir durch meine Müdigkeit nur ein?

Silent cry // MinsungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt