Kapitel 18

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„Noch zwei Tage bis zum Turnier", erinnerte mich Slader beim Frühstück, während ich ihn noch gähnend anblinzelte. „Heute werde ich bei deinem Training dabei sein. Zeig mir mal, was du drauf hast!" Verwirrt sah ich den heiligen Ritter an. „Wie, du wirst bei meinem Training dabei sein? Muss ich gegen dich kämpfen?", fragte ich eigentlich halb scherzend. Slader lachte laut los. „Natürlich, was dachtest du denn?" Ich zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, dass du mir und Meliodas zusiehst und mir dann Tipps gibst?", meinte ich ernst. Das brachte den Ritter nur wieder zum Lachen. „Ich komme doch nicht zu einem Training, um nur zuzusehen. Was bringt mir das denn?", belehrte mich Slader, während ich mit den Augen rollte und in mein Marmeladenbrot biss. „Y/N!" Ich sah kauend auf. Vor mir schwebte Merlins heiliger Schatz, der wie aus dem Nichts aufgetaucht war. „Ich möchte dich kurz sprechen. Alleine!", befahl mir die körperlose grüne Kugel und ich stand alarmiert auf, um Merlin in ihr Zimmer zu folgen und mein Frühstück zurückzulassen. „Um was geht's?", versuchte ich möglichst entspannt zu klingen. Ich hoffe sie hat nichts von Zeldris bemerkt letzte Nacht. Denn ich wüsste nicht, wie ich das erklären sollte. Innerlich atmete ich ein paar mal tief durch und wappnete mich für das Schlimmste. Aber eigentlich hätte ich Merlin am wenigsten zugetraut, dass sie etwas bemerkt. Schließlich verkriecht sie sich seit Tagen nur in diesem Zimmer. Und der einzige, mit dem sie sich zurzeit beschäftigt, ist Arthur. Trotzdem wurde ich langsam nervös. „Du hast deine magischen Kräfte benutzt oder?", plötzlich formte sich Merlins Abbild um die grüne Kugel und ihre Augen sahen mich direkt an. Vorsichtig überlegte ich mir eine Antwort. Wenn man mit der Zauberin redete, musste man immer gute Worte wählen. „Ja", gab ich schließlich zu, sah ihr jedoch fest in die Augen. „Ich bin überzeugt, dass ich das Turnier ohne meine Kräfte nicht gewinnen kann." Das entsprach tatsächlich der Wahrheit. Zumindest einem Teil davon. „Obwohl ich dir geraten habe, besser nicht deine Magie einzusetzen? Du weißt doch noch, was es bedeutet, sie zu oft zu nutzen?", mahnend blickte sie auf mich herab. Ich nickte etwas beschämt. Bevor ich etwas dazu sagen konnte redete sie weiter. „Außerdem gefährdest du unseren Plan. Du verwandelst dich schneller, je öfter du deine Kräfte nutzt. Wenn du dich zu schnell verwandelst, wird der Vampir von dir Ersitz ergreifen und uns entkommen, bevor wir Zeldris erpressen können", erklärte die Zauberin ihre Sorge. Stimmt. Das hatte ich völlig vergessen. „Es tut mir leid", sagte ich aufrichtig. „Ich werde meine Kräfte nicht mehr nutzen", versprach ich. Merlin nickte, doch sie sah mich an, als wäre sie noch nicht ganz zufrieden. Als wüsste sie, dass ich ihr etwas verschwieg. Ich wich ihren Blick nicht aus und blieb standhaft. Sie durfte nichts bemerken. „Okay, mehr wollte ich nicht. Viel Erfolg beim Training", die Zauberin lächelte leicht, ihre Stimme hatte jedoch einen kalten Unterton. „Danke", brachte ich nur hervor und verließ ihr Zimmer. Als die Tür hinter mir ins Schloss fiel, atmete ich schwer aus. Ich hoffe sie ahnt nichts.

Nach dem Frühstück machte ich mich auf den Weg zu meinem aktuellen Trainingsort. Unser Standort änderte sich andauernd, da Mama Hawk immer weiter wanderte und uns langsam zu dem Ort brachte, an dem das Turnier stattfinden sollte. Daher mussten wir uns auch immer neue Plätze suchen, die sich für das Training eigneten. Das hatte mir an dem ein oder anderen Tag schon etwas Zeit geraubt, die ich gerne schon mit dem Üben für den Schwertkampf verbracht hätte. Ich hatte mir meistens einen kleinen freien Platz, wie ein Stück Wiese oder eine Lichtung im Wald gesucht, der einige Minuten Fußweg von dem Gasthaus entfernt war, damit mich bei meinem Training niemand beobachtete. Schnell schnappte ich mir meine Holzwaffe, um keine Zeit mehr zu vergeuden. Meliodas wartete sicherlich schon auf mich. „Hey Y/N", schreckte mich eine Stimme aus meinen Gedanken auf und ich hielt kurz inne. „Hey Arthur, ich hab dich gar nicht bemerkt. Wie geht es dir? Wir haben in letzter Zeit kaum geredet", nutzte ich meine Chance, mit dem König zu sprechen. Denn die einzige Person, mit der er zurzeit redete, war Merlin. Die beiden verbrachten verdächtig viel Zeit zusammen. Slader, der Merlin sehr verehrte, hatte schon die Befürchtung geäußert, die Zauberin und der König seien vielleicht ein Paar. Dass die beiden eine enge Beziehung hatten, war kein Geheimnis. Merlin arbeitete schon länger für den König. Doch dass die beiden mehr als geschäftliche Partner oder Freunde waren, konnte ich mir nicht vorstellen. Ich hatte eher das Gefühl, die beiden wussten etwas, das sie nicht mit den Sins teilen wollten. Und das ärgerte nicht nur Slader, sondern auch mich etwas. Geheimnisse voreinander konnten wir bei einem Kampf gegen die zehn Gebote nicht gebrauchen. Jedoch wollte ich auch Merlin nicht misstrauen. Sie wusste immer genau, was wir in welcher Situation tun mussten. „Mir geht's gut", behauptete Arthur, obwohl er, in meinen Augen, etwas übermüdet aussah. Ich wusste auch, dass der König deprimiert war, da sein Schloss angegriffen wurde und er es nicht verteidigen konnte. Er konnte sein Volk nicht retten und musste stattdessen fliehen. In seinen Augen würde das ein echter König nicht tun. Seiner Meinung nach, musste ein König sein Volk beschützen, auch wenn es aussichtslos und gefährlich erschien. Merlin redete Arthur immer ein, es brächte seiner Stadt auch nichts, wenn er kämpfen und dann verlieren und getötet werden würde. Wenn er seine Seele verlieren würde, könnte er seinen Bürgern damit auch nicht helfen. Sein Volk würde nur komplett die Hoffnung aufgeben. „Ich habe nur sehr viel zu tun. Merlin möchte mir helfen, stärker zu werden, um mein Volk besser schützen zu können", erklärte er und ich hörte aufmerksam zu. Ob Merlin ihm erlaubt hatte, davon zu erzählen? „Mehr kann ich dir nicht sagen. Ich verstehe selbst nicht genau, was Merlin mit mir vor hat. Sie sagt nur immer, es stecke eine große Macht in mir, doch es fällt mir schwer, daran zu glauben. Ich bin doch nur ein Mensch", bedauerte der König seine Lage. „Mein eigenes Selbstmitleid nervt mich auch, da es mich nicht weiterbringt und ich gerne stärker wäre. Mit dieser Einstellung kann ich es aber vergessen!" Ich richtete mich auf. „Genau wie du, suche ich doch schon seit längerem nach einem Weg, stärker zu werden. Und obwohl ich noch nie zuvor eine Waffe geführt hatte, kann ich jetzt Meliodas schon ziemlich gut in Schach halten. Ich habe auch sehr viel verloren. Meinen besten Freund, mein ganzes Dorf. Genau deswegen habe ich jetzt die Kraft, daraus zu wachsen. Ich bin eigentlich auch nur ein Mensch, auch wenn ich mich langsam in einen Vampir verwandle. Ich habe noch immer meine Seele. Und ich glaube genau das macht uns Menschen aus. Unser Wesen und unsere Gefühle. Genau das unterscheidet uns von den kaltherzigen Dämonen und macht uns stark. Auch wenn wir nur ein Herz haben, so kämpfen wir umso entschlossener, um es zu schützen", ermunterte ich den König. „Du kannst das auch. Ich denke Merlin hat auf jeden Fall Recht. In dir steckt viel mehr, als du glaubst!" Ich sah Arthur fest in die Augen. „Ich bewundere deine Stärke und deinen Mut. Du hast einen großen Willen, den du durchsetzen kannst. Aber ich habe das nicht und ich schäme mich dafür", gab der König zu. Ich schüttelte den Kopf: „Natürlich hast du einen Willen. Allein dass du glaubst, du hättest nicht fliehen dürfen, sondern bei deinem Volk bleiben sollen, selbst wenn das den Tod bedeutet hätte. Allein das zeigt doch, dass du einen Willen und starke Gefühle hast. Nutze deine Wut gegenüber den Dämonen und die Liebe zu deinem Volk!" Arthur sah mich überrascht an. „Du hast Recht Y/N. Auch wenn ich mich noch schwach fühle. Du konntest mir mit deinen Worten etwas Hoffnung geben. Danke", der König lächelte mich an. „Kein Problem, jeder fühlt sich mal schwach und braucht Hilfe. Und du warst so mutig, das zuzugeben. Das beweist auch schon Stärke", ich lächelte ermutigend zurück. Arthur nickte zustimmend: „Ich danke dir. Ich fühle mich schon viel besser. Aber musst du nicht zu deinem Training?" Der König deutete auf mein Holzschwert. „Oh nein, Meliodas wartet schon auf mich", rief ich und rannte aus der Tür, während Arthur hinter mir leise lachte.

Zeldris - Du bist mein Mensch! (Reader ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt