Kapitel 8.

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POV - Emily

Ich will gerade zum Spiel anpfeifen, als Alex in die Sporthalle kommt. Umgezogen und bereit für den Sportunterricht, aber 15 Minuten zu spät.

"Alex!", rufe ich ihr zu und gestikuliere mit meiner Hand, dass sie zu mir kommen sollen. Sie lässt ein leichtes Ächzen raus, aber bewegt sich dann schließlich in meine Richtung.

"Du bist 15 Minuten zu spät", sage ich schließlich und überkreuze meine Arme. Ich pfeife das Spiel an, sodass die anderen beschäftigt sind und das Gespräch nicht mitkriegen.

"Ja, ich weiß", sagt sie nur und hebt ihre Schultern leicht, bevor sie sie wieder senkt.

"Alles klar, da du mir anscheinend keinen Grund nennen möchtest, bleibst du nach dem Unterricht und hilfst mir beim Abbauen", sage ich bestimmt. Ich hasse es, wenn man zu spät kommt und noch mehr hasse ich es, wenn man mich nicht respektiert und dieses Gefühl bekomme ich im Moment von ihr.

Sie protestiert nicht, stattdessen verdreht sie nur ihre Augen und geht sie an die Seite des Spielfeldes und fängt an sich aufzuwärmen.

Der Unterricht verläuft gut und weil wir eine ungerade Zahl sind, gehe ich mit aufs Feld für Unterstützung. Alex steht vorne am Netz, da sie groß ist, blockt sie die meisten Bälle ab. Ihr Team führt und ich entscheide mich nun auch weiter vorne zu spielen.

Das Team serviert mir einen hohen Ball und ich schmettere diesen übers Netz, genau zwischen Alex's Armen. Der Ball kommt auf dem Boden an, da keiner aus dem gegnerischen Team damit gerechnet hatte, dass sie den Ball nicht aufhalten würde.

Sie schaut einmal hinter sich, bevor sie zu mir schaut, wahrscheinlich selbst erstaunt. Ihre Mundwinkel kräuseln sich leicht hoch, aber bevor sich ein richtiges Lächeln bildet, schüttelt sie ihren Kopf leicht. Sie baut sich ein wenig auf, als würde sie mir signalisieren wollen, dass es jetzt erst richtig losgehen wird und ich bin sowas von bereit ihr zu zeigen, wer hier die obere Hand hat.

Die Punkte gehen hin und her, mal führt mein Team, mal Ihres. Es ist sehr ausgeglichen, aber mein Fokus liegt gerade nur dabei Alex in ihre Schranken zu weisen. Und gerade als ich einen richtig guten Ball verwandeln will, blockt sie diesen mit ihrem ganzen Körper, als wäre sie nun höher gesprungen als die ganzen letzten Male. Der Ball landet in unserer Hälfte und Alex wirft mir ein freches Grinsen zu und ich kann es selber nicht glauben.

Sie will gerade zum Aufschlag gehen, als meine Uhr am Handgelenk einen leisen Ton von Sicht gibt. Das signalisiert mir, dass es nur noch 5 Minuten bis zum Ende sind.

"Okay, das was für heute", rufe ich in den Raum "setzte euch noch einmal alle kurz hin, es gibt noch eine Information, bevor ihr geht" fahre ich fort und ich merke wie schnell mein Atem ist. Im Augenwinkel sehe ich Alex, die gerade noch ihre Hände auf ihren Knien hat, bevor sie sich aufrichtet und gemeinsam mit den Anderen auf dem Weg zur Bank macht.

Ich stelle mich einmal in die Mitte von allen, sodass mich alle gut hören können.

"Als Erstes ein großes Lob an euch Mädels, ihr wart heute alle sehr gut dabei, es hat mir viel Spaß gemacht", sage ich mit einem großen Lächeln im Gesicht. Ich kriege viele lächelnde Gesichter zurück, mit ein paar "whoo's" und "yeah's" aus der Reihe.

"Nun, nächsten Freitag wird der Sportunterricht ausfallen" fahre ich fort und sehe, wie sich bei den meisten die Augen vergrößern. "Wir werden nächsten Freitag gemeinsam zu einem richtigen Volleyballspiel der Frauen gehen" fahre ich fort. "Da die meisten von euch an dem Tag aber nur 4 oder 6 Stunden haben, seit ihr an diesem Tag von dem Unterricht befreit".

Die Aufregung in dem Raum steigt. Ich kann mir nur vorstellen, wie groß die Freunde bei Teenagern sein mag, wenn der Unterricht einen ganzen Tag lang entfällt. "Ich werde euch die Informationen zum Treff- und Zeitpunkt am Wochenende per Mail schicken, falls ihr Fragen habt, könnt ihr mir darüber auch gerne schreiben. Alles klar?" beende ich meine Kurze Inforunde und bekomme ein paar aufregende "Ja's" als Antwort mit.

"Gut, dann wünsche euch ich ein schönes Wochenende, ihr könnt euch umziehen gehen", sage ich mit einem freundlichen Lächeln und nicke der Gruppe einmal zu.

Die Gruppe löst sich langsam, während alle aufstehen und in Richtung der Umkleiden verschwinden, bis auf Alex, die noch sitzen bleibt. Sie lehnt mit dem Kopf an der Wand und hat die Augen geschlossen.

Mein Blick senkt sich ein wenig und ich schaue an ihr herunter. Sie hat ein enges, muskelbetontes schwarzes Sportshirt an. Man kann leicht die Umrisse ihrer Bauchmuskeln sehen. Etwas zu lange bleibt mein Blick an ihr und als ich wieder nach oben schaue, sind ihre Augen wieder offen und sie guckt mich bereits an, ein leichtes Grinsen auf ihre Lippen und ich spüre förmlich wie warm es in mir wird.

Ich fange mich wieder uns räuspere mich einmal "Komm, lass uns das Netz abbauen" sage ich und gehe an einen der Pfosten, um das Netz abzuhängen. Alex steht auf und geht an den anderen. Da sie größer ist, kommt sie direkt oben an die Schnüre, während ich mich auf eine Bank stelle.

Sie beginnt das Netz einzurollen und kommt langsam auf mich zu, während ich noch dabei bin, die Schnüre zu lösen. Als ich fertig bin, steht sie bereits neben mir und ich habe wenig Platz, deshalb stehe ich ihr dicht gegenüber, als ich von der Bank herunterkomme. Sie reicht mir das Netz und greift nach dem Pfosten, hebt ihn an und bringt ihn in den Materialraum.

Ich blieb für einen Moment wie angewurzelt stehen und beobachtete ihre Armmuskeln, als sie den Pfosten anhob. Erst als sie wieder in die Halle kommt und sich zu dem anderen Pfosten bewegt, bringe ich das Netz weg.

Im Materialraum dauert es keine Minute bis sie auftaucht. Sie balanciert den Pfosten auf ihren Unterarmen, in ihren Händen jeweils ein Ball, die sie geschickt auf die richtigen Plätze stellt.

"Das war alles", sagt sie und streift mit ihrem Arm einmal über ihre Stirn.

"Danke, du kannst dich dann auch umziehen gehen", sage ich und hebe meine Mundwinkel etwas hoch für ein halbes Lächeln. Sie nickt und geht aus dem Raum.

Als ich den Materialraum kurz nach ihr verlasse und abschließe, laufen die anderen Schülerinnen bereits umgezogen an mir vorbei. "Tschüss Frau Wille" höre ich von einigen und antworte ebenso.

Da ich keine Gespräche, Kichern oder Sonstiges aus der Umkleide höre, vermute ich das Alex die Letzte sein muss. Ich gehe in meine eigene Umkleide und lasse die Tür halb offen, damit ich höre, wann Alex herauskommt, um den Raum abschließen zu können.

Ich ziehe mein Top über meinen Kopf und merke wie etwas an meinem Ohrring hängen bleibt. Scheiße, eine Naht muss sich verfangen haben. Genau in diesem Moment höre ich, wie die Umkleide der Frauen sich öffnet und Alex herauskommt. Es klopft leicht an meiner Tür und Alex kommt einen Schritt rein.

"Ich glaube eines der Mädels hat-" fängt sie an, bevor sie merkt, in welcher Situation ich mich befinde und ihre Augen sich ein Stück weiten.

"Brauchen Sie Hilfe?", fragt sie und kommt weiter in den Raum hinein.

"Eh, vielleicht", sage ich mit einem leicht genervten Ton. "Kannst du schauen, wo sich diese scheiß, Naht fest gehangen hat?" fahre ich fort und fuchtel mit meinen Händen an meinem Ohr herum.

Sie kommt näher, sehr nah. So nah, dass mich der Geruch ihres Parfüms wieder trifft. Der süße Duft von Vanille legt sich in meiner Nase und ich atme ihn tief ein. Sie greift nach meinem Handgelenk und bewegt meine Hand weg von meinem Ohr, ab diesem Moment bin ich komplett auf sie fixiert.
Meine Augen sind auf ihre gerichtet, auch wenn sie an mir vorbeischaut.

Sie fängt an, an meinem Ohrring die Naht zu lösen und ich folge jedem ihrer Blicke. Ihre Augen sehen konzentriert aus, sie bewegen sie ganz leicht hin und her, als ob die Aufgabe gerade das Einzige in ihrem Kopf wäre. Mir fällt auf, wie hell das Blau ihrer Augen ist, Eisblau würde ich sagen. Je weiter von der Mitte, desto dunkler werden sie. Ungewöhnlich.

"Sie starren schon wieder", sagt sie, als ihre Augen meine treffen und ihr linker Mundwinkel etwas hochgeht. Erst dann merke ich, dass mein Ohr wieder frei sein muss, weil sie nun mein Top in ihrer Hand hält.

"Ich starre nie", sage ich leicht verlegen und nehme mein Top aus ihrer Hand. Ich senke meinen Blick, da mir ganz warm im Gesicht wird und ich ihr so nicht länger in die Augen schauen kann.

"Dann muss ich mir Ihre ständigen Blicke wohl einbilden", sagt sie sanft und leise und ich schaue wieder hoch, ihr Blick jetzt ganz ernst und ich muss einmal schlucken. Ihr Duft füllt wieder meine Nase und ich fasse es nicht, was für eine Wirkung sie auf mich hat.

Jedes Mal, wenn wir alleine sind, gibt es diese Spannung zwischen uns und ich weiß wie falsch es ist, aber kann mich nicht daraus lösen. Es ist, als würde mein Körper von alleine auf sie reagieren. Mein Körper will praktisch in ihrer Nähe sein, will ihre Berührungen spüren, ihren heißen Atem gegen meine nackte Haut.

Ein leichter Schauer läuft mir den Rücken runter, als ihr Blick von meinen Augen zu meinen Lippen wandert. Bitte küss mich. Fuck - das kann nicht richtig sein.

"Alex..", flüstere ich leise und ihr Kopf kommt näher an mich, während ich ihre Hand an meiner Hüfte merke. Mein ganzer Körper will sich in sie hinein lehnen.

"Sag mir, dass ich aufhören soll", sagt sie sanft und mein Kopf spielt verrückt. Unsere Oberkörper berühren sich. Ich will es. Ich will sie. Ich will jetzt ihre Lippen auf meinen spüren.

Unsere Lippen sind nur wenige Millimeter voneinander entfernt und ich merke ihren heißen Atem, als würde sie nur auf meine Erlaubnis warten. Mein Mund öffnet sich leicht "Küss mi-" schafft es nur aus mir heraus, als eine laute Stimme uns unterbricht.

"Hey Alex! Bist du noch da unten? Wir wollen los" höre ich eine männliche Stimme und zucke leicht zusammen. Ich mache einen Schritt zurück, greife nach meinem Oberteil und ziehe es mir über. Scheiße, das war knapp. Ich wollte, dass sie mich küsst. Was denke ich mir eigentlich dabei?

"Ich komme gleich hoch Eric, warte am Auto auf mich", ruft Alex zurück, ihr Kopf leicht weggeneigt von mir, mit einer genervten Stimme, dann höre ich die Eingangstür des Gebäudes wieder zufallen.

Alex schaut wieder zu mir und ich überkreuze meine Arme. Ich erwidere ihren Blick nicht und das merkt sie, als sie einen Schritt zurückgeht.

"Ich muss los", sagt sie und schaut mich auch nicht mehr an "Ich wollte nur ein Armband abgeben, das scheint eines der Mädels in der Umkleide vergessen zu haben" fährt sie fort und hält mir ein Armband entgegen.

"Danke", sage ich leise und nehme es aus ihrer Hand.

"Man sieht sich" höre ich noch, als sie aus der Tür ist.

Ich atme einmal tief aus und streife mir mit der Hand übers Haar. Ich muss einen Weg finden, dass das nicht wieder vorkommt.


Man sieht sichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt