„Nakamura-san, zum hundertsten Mal, du kannst es nicht so machen!" Katos Stimme brach meine Konzentration und ich plumpste unsanft zu Boden. Wir übten das Fliegen. Oder vielmehr ich übte. Kato hatte an allem was ich tat etwas auszusetzen. „Ich fühle mich zwar geehrt, dass ich die Kage no senshi trainieren darf, aber ich habe das Gefühl, dass du deine Gabe nicht wertschätzt!" und wieder diese Rede. In den letzten zwei Tagen hatte ich sie immer wieder mir anhören müssen. Ich seufzte. „Ist ja gut, Kato-san!", motzte ich. Beleidigt sah er mich an. „Nein, du begreifst es nicht! Du musst die stärksten Onis bekämpfen!"
Ich wendete mich von ihm ab. „Ich bin es einfach leid, deine ellenlangen Reden mitanzuhören, versteh das doch!", dann schloss ich die Augen und versuchte die Luft um mich herum zu erspüren. Dann verformte ich sie so, wie Kato es mir gezeigt hatte und hob ab. Zuerst ein paar mickrige Zentimeter, dann höher und höher. Zögerlich öffnete ich die Augen und sah mich um. Ich schwebte doch tatsächlich hoch oben in den Baumkronen! Fassungslos blickte ich nach unten zu Kato, als dieser auch schon zu klatschen begann. „Gut gemacht, Nakamura-san! Warte kurz, ich komme!", rief er laut vom Boden aus. „Okay!", antwortete ich in derselben Lautstärke.
Wenig später schwebte er neben mir, wenn auch etwas wackelig. Seine blonden Haare wurden im Wind verwuschelt. Ich schluckte und ohne darüber nachzudenken, stabilisierte ich seinen Flug. Dankbar sah er mich an, als sei es selbstverständlich. Dabei war es das nicht. Überhaupt nicht. Ich flog gerade zum ersten Mal, und jetzt konnte ich schon Kato stabilisieren? Ein schlechter Scherz. „Jetzt landen wir - aber sanft, wenn ich bitten darf!", betonte er, als er einen Blick auf meine Knie warf, die aufgeschürft waren. Meine Ellenbogen ebenso, Kaira versicherte mir aber hoch und heilig, dass sie binnen weniger Minuten oder so wieder verheilen würde. Es war die Kitsune-Super-Heilkraft oder wie auch immer sie sie genannt hatte.
Also konzentrierte ich mich und setzt zur Landung an. Zuerst sanft und langsam, doch als ich den Boden näher kam, beschleunigte ich etwas. Kato rief mir etwas unverständliches zu - vermutlich dass ich langsamer werden sollte - doch dadurch wurde meine Konzentration unterbrochen und ich stürzte zu Boden. Zum Glück war die Landung weich, da ich in einem nassen Laubhaufen landete. Angenehm war sie aber nicht.
Kato kugelte sich vor Lachen.
Ich schnaubte beleidigt und wischte mir die Blätter vom Leib. „Sehr witzig. Lach du nur", motzte ich. „Du bist nicht derjenige, der voller nasser Blätter ist!" Ich fauchte, als ein nasses Blatt meine Wade streifte, während es zu Boden trudelte. Kato biss sich auf die Lippe und sah so aus als müsse er sich erheblich anstrengen, nicht wieder laut loszuprusten. Dennoch lief er zu mir hinüber, stellte sich hinter mich und begann, die Blätter von meiner Schuluniform zu entfernen.
Aber ich, ich konnte nicht atmen.
Also doch, ich konnte es. Physisch konnte ich es.
Doch ich hatte das Gefühl, dass mein Herz jeglichen Platz in meinem Brustkorb beanspruchte und so meine Lunge zerquetschte.
Ich stellte mir Kato vor, blonden, schönen Kato, wie er behutsam mit den Fingern meine Haare kämmte und die Blätter entfernte. Wie sich diese kleine Falte auf seiner Stirn bildete, wann immer er sich konzentrierte. Wie seine wunderschönen Haare ihm in die Stirn fielen.
Gott.
Ich...
War ich etwa verliebt?
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Kitsuneblut
Fantasy⚠️TW: STARKE AUSDRUCKSWEISE, EXPLIZITE SZENEN UND BLUT!! Als Aki erfährt, dass sie aus ihrem geliebten Heim, der japanischen Stadt Kyoto, wegzieht, ist sie am Boden zerstört. Und dann auch noch nach Boston! Voll Frust rennt sie von ihrer Wohnung am...