Hast du dir wehgetan?

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Ally war bereits viel zu spät, als sie sich endlich von ihrem Chef losreißen konnte, damit sie es noch pünktlich zur Verabredung mit ihren beiden besten Freundinnen Hina und Robin schaffen würde.

Die Tasche geschultert und die Jacke noch nicht mal richtig angezogen, lief sie auf ihren leichten Absätzen den Weg vom Taxi Richtung Café. Hina war sicherlich schon wieder total ungeduldig, während sie sich bei Robin da keine allzu großen Sorgen drüber machte. Sie war immerhin im Gegensatz zu Hina der ausgelassenste und entspannteste Mensch der Welt. Gleich nach ihrer Mutter. Ally konnte bereits die kleine Glastür sehen, weshalb sie ihren Schritt noch etwas beschleunigte. Doch als sie gerade dort ankam, das Handy immer noch in der einen Hand, die Jacke in der anderen, fiel die Tür wie in Zeitlupe wieder zurück ins Schloss und Ally knallte mit einem lauten „Bäm" gegen eben diese, da die junge Frau vor ihr sie anscheinend nicht oder erst viel zu spät gesehen hatte.

„Verdammt", knurrte sie als nicht nur ihre Jacke, die Tasche, sondern auch ihr Handy in hohem Bogen auf den Boden fielen. Parallel spürte sie wie sich die kleine lästige Beule auf der Stirn bereits angekündigte, um der Welt ihr Gesicht zu zeigen.

„Hast du dir wehgetan?"

Sie spürte eine starke Hand, die nach ihrem Oberarm griff und sie zurück auf die Beine zog.

„Nein, geht schon..."

„Lass mich mal sehen." Vorsichtig begutachtete der Fremde ihr Gesicht, indem er mit seinem Zeigefinger vor ihren Augen von rechts nach links wanderte und wieder zurück, während Allys Pupillen ihm unweigerlich folgten. Dann ließ er wieder von ihr ab. „Es scheint nichts Ernstes zu sein. Wird eine unschöne Beule, aber du solltest wirklich etwas vorsichtiger sein, yoi."

„Danke, aber das weiß ich selber..." Erst jetzt sah Ally zu ihm auf und erstarrte. Vor ihr stand ein Mann, vielleicht ein paar Jahre älter als sie, dessen blaue, leuchtenden Augen eine gewisse Unnahbarkeit und Sympathie widerspiegelten, die sie bisher erst sehr selten gesehen hatte. Seine blonden Haare standen ihm wild vom Kopf und seine Brille umrahmte seine eindringlichen Augen, während die unverschämten Grübchen in seinen Mundwinkeln sie nervös werden ließen.

Freundlicherweise hielt er ihr das Handy und die anderen Sachen hin, die Ally hastig entgegennahm und dann mit einem knappen „Danke" im Inneren des Gebäudes verschwand.

Das irritierte Grinsen des Mannes bekam die junge Frau schon gar nicht mehr mit, während er ihr folgte, da seine Männer ebenfalls bereits seit mindestens 30 Minuten in diesem Café auf ihn zu warten schienen.

[...]

Die Frauen hatten einen entspannten Nachmittag, der Ally kurz all den Stress und die negativen Nachrichten des heutigen Morgens wieder vergessen ließen. Erneut hatte ihr Chef ihr aufgetragen einen Bericht über die 2 vermissten Männer zu schreiben, die seit knapp 3 Wochen wie vom Erdboden verschluckt waren. Aktuell führten alle Wege zu Kaido dem wohl gefährlichstem Mann der aktuellen Zeit. Nicht das erste Mal wurde er zur Fahndung ausgeschrieben, weil er angeblich unschuldige Menschen versklavt oder sogar getötet und dann deren Organe verkauft haben soll. Einfach nur barbarisch und gruselig und allein bei dem Gedanken, was mit den Männern passiert sein könnte, zog sich ihr gesamter Magen zusammen.

„Ich hole uns noch einmal einen Kaffee", sagte Ally und stand ruckartig auf. Am Tresen angekommen warf Izo ihr schon ein freundliches Lächeln zu, bevor er ihr „Hey, was darf es für dich sein?" über den Tresen zuwarf.

„Bitte einen besonders starken Kaffee."
„Harten Tag gehabt, was?"
„Frag lieber nicht."

Und Izo fragte auch nicht. Denn inzwischen kannte er die drei Frauen schon ganz gut. Sie waren inzwischen sowas wie Stammgäste in dem Café seiner Schwester. Zudem hatte er die besondere Gabe, Situationen genauestens abschätzen zu können, aufgrund seiner unglaublichen Empathie. Eine Gabe um die ihn Ally sehr beneidete und von der sich viele Menschen eine Scheibe abschneiden konnten.

Undercover (MarcoXOC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt