P.o.V. Rezo
Ein paar Tage später, ich hatte mich früh ins Bett gelegt, da Ju und T beide ausgegangen waren, riss mich das laute Klingeln meines Handys aus dem Schlaf. Von der plötzlichen Helligkeit geblendet, nahm ich den Anruf an, ohne auf den Anrufer zu achten.
„Ja hallo."
„Heeey, wie geht's dir."
„Mexi? Bist du das?"
Verwirrt nahm ich das Handy vom Ohr und blickte auf den Bildschirm, tatsächlich Mexi. Um 2.35 Uhr morgens.
„Na klaar. Hab ich dich geweckt?"
Er zog seine Wörter lang und betonte jedes Wort einzeln, er war ziemlich betrunken, wollte aber nicht so klingen.
„Vielleicht, ist aber egal, was ist los?"
„Also vielleicht hab ich mir ein kleines bisschen weh getan."
Für eine Millisekunde setzte mein Herz aus.
„Was meinst du mit weh getan?"
„Da ist ein klitzekleines bisschen Blut, aber nur gaaaanz wenig, ich schwöre."
Scheiße.
„Wo ist das Blut Mexi?"
Es war kurz still und ich meinte das Rascheln von Stoff zu hören.
„Am Arm ein wenig und am Bein noch ein größeres wenig bisschen. Aber wirklich gar nicht viel."
„Okay, wo bist du grade?"
Währenddessen war ich längst aus dem Bett gesprungen, hatte in Windeseile Klamotten vom Boden ausgerafft und sie übergezogen.
„Unter dem Baum, mit den laaaangen Ästen, ich mag ihn überhaupt nicht. Blöder Baum."
Auf etwas, dass sich anhörte wie ein dumpfer Schlag, folgte ein leises Aufstöhnen und etwas viel auf den Boden.
„Welcher Baum? Mexi? Ist alles in Ordnung? Geht es dir gut?"
Leichte Panik stieg nun in mir auf und ich raste durch die Wohnung, um meinen Geldbeutel und Ts Autoschlüssel zu finden. In Notfällen durfte ich den Wagen nutzen und das hier schien mir definitiv ein Notfall zu sein.
„Das Gras ist riiiichtig weich. Fast so weich wie dein T-Shirt. Aber es riecht nicht so gut."
Die Schmetterlinge, die jetzt in meinem Bauch herumflatterten, beschwichtigten die Sorgen, die ich mir um ihn machte, überhaupt nicht.
„Mexi wo genau bist du?"
Ich war schon auf halbem Weg zur Garage und polterte so laut durchs Treppenhaus, dass ich sicherlich auf dem Weg jeden aufweckte, an dessen Tür ich vorbei stürmte.
„An diesem Baum, da wo du auch da warst. Da wo du mich so angeschaut hast und ich so... das tut mir ganz dolle leid, wirklich."
Dann wurde die Verbindung unterbrochen und gerade als ich die Autotür auf der Fahrerseite erreichte, wurde mir klar, wo er sein musste.
Auf dem Weg durch die Straßen von Aachen brach ich so circa jede Regel des Straßenverkehrs, aber das interessierte mich gerade nicht. In knapp unter fünf Minuten kam ich am Parkplatz des Parks an und stellte das Auto, ziemlich schief, in eine der markierten Parklücken.
Als ich ausstieg, konnte ich die große Weide bereits sehen. Obwohl es nur circa 300m hätten sein müssen, fühlte es sich an, als würde ich bereits seit Stunden laufen, bis ich an den langen herabhängenden Zweigen stoppte.
„Mexi? Mexi, bist du hier?"
Ich musste meine Stimme stark drosseln, um nicht die komplette Nachbarschaft am Geschehen teilhaben zu lassen. Vorsichtig setzte ich im hohen Gras einen Fuß vor den anderen und richtete meinen Blick konzentriert auf den Boden.
Da vernahm ich eine Stimme einen Meter vor mir: „Reeezoo, da bist du ja!"
Mitten zwischen den Halmen auf dem Boden lag Mexi, mit dem Gesicht Richtung Himmel gerichtet und einem Lächeln auf den Lippen, bei dem mein Herz zu schmelzen begann.
„Hilfst du mir hoooch?"
Seine Augen strahlten mir, trotz des mangelnden Licht um uns, entgegen und ich streckte ihm meine Hand hin. Zwei Sekunden später, stellte ich fest, dass ich das nicht gut durchdacht hatte, denn statt ihn zu mir nach oben zu ziehen, landete ich neben ihm im Gras.
Augenblicklich stieg mir sein Geruch, vermischt mit Spuren von Alkohol und Rauch, in die Nase und machte mich schwindlig.
„Hey, jetzt bist du ja auch hingefallen," stellte er fest und blickte mich etwas überrascht an, als hätte er mich nicht nach unten gezogen.
„Ja richtig," stimmte ich ihm zu und drehte mich etwas zu ihm, damit er mich besser hören konnte.
Träge drehte er seinen Kopf zu mir, sodass unsere Nasenspitzen nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt waren. Ein übermenschlicher Drang sein Gesicht in meine Hände zu nehmen und zu mir zu ziehen, überkam mich und ich konnte mich gerade noch so zusammenreißen.
Im schwachen Licht konnte ich dunkle Flecken an seinem Arm und verschmierte Flecken auf seinem Oberteil ausmachen und plötzlich wurde mir wieder bewusst, wieso ich überhaupt hergekommen war.
„Wie hast du dir wehgetan?" fragte ich und streckte langsam meine Hand aus, um meine Finger vorsichtig über die dunkle Stelle streifen zu lassen.
Mexi zuckte beinah unmerklich zusammen und hob ungeschickt seinen Kopf, um meinen Bewegungen zu folgen.
„Im Club war so ein Typ, der hat mich geschubst und dann, dann... plötzlich lag ich da und, dann war ich plötzlich hier."
Sicherlich hatte es zu dieser Interaktion eine Vorgeschichte gegeben, aber ich vermutete, dass er sich daran jetzt nicht würde erinnern können. Deshalb hob ich mir meine Fragen für später auf und beschloss ihn jetzt erstmal von hier wegzuschaffen.
„Komm, wir fahren nach Hause und verarzten dich."
So gerne ich hier noch stundenlang mit ihm gelegen hätte, musste ich meinen Kopf langsam wieder einschalten.
Behutsam stemmte ich mich nach oben und half ihm mit mir aufzustehen, was beim zweiten Mal bedeutend besser klappte. Seinen unverletzten Arm legte ich mir über die Schulter und gemeinsam machten wir uns auf den Weg zum Auto.
Es ging nur beschwerlich voran und sein Parfüm verschleierte meine Sinne, aber wir waren schon beinah am Tor, als er stehen blieb.
„Du hast mir ganz doll gefehlt, weißt du." Mexi flüsterte leise, als hätte er Angst, dass jemand außer mir seine Stimme hören könnte.
„Du hast mir auch gefehlt," gab ich leise zu, auch wenn das, das verlangende Gefühl in meiner Magengegend nicht annähernd beschrieb.
Da schoss seine Hand von meiner Schulter zu meiner Wange und drehte mein Gesicht ruckartig zu ihm. Das hatte mich so überrascht, dass der Kuss, der darauf folgte, mir die Luft aus den Lungen schlug. Wie ein Ertrinkender klammerte er sich an mich, während mein Körper sich im absoluten Ausnahmezustand befand.
Jeder Millimeter kribbelte und brannte förmlich, wie eine Erlösung, auf die ich seit Jahren gewartet hatte.
Als die Luft zwischen uns knapp wurde, löste er sich von mir und blickte mir fest in die Augen.
„Das habe ich dringend gebraucht," raunte er, als hätte der Kuss ihn ursprünglich ausgenüchtert. Eine warme Gänsehaut fuhr mir den Rücken herunter und wanderte in eine ganz andere Region.
Wir mussten dringend hier weg.
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Pretty Soul •rezofy
FanfictionEin Blick. Ein Kuss. Eine heiße Nacht. Im Urlaub treffen Mexi und Rezo aufeinander und sofort fliegen die Funken. Das Wissen, dass sie sich nie wieder sehen werden, lässt Rezos Herz schwer werden. Bis er den hübschen Braunhaarigen in seiner Heimatst...