Kapitel 20

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NORAH

Ich wache mit höllischen Kopfschmerzen auf. Und einer Hand auf meiner nackten Brust. Ich schaue herunter. Ich trage zwar ein T-shirt, aber die Hand des Mannes hinter mir hat sich einen Weg unter durch gesucht. Ich muss nicht nachsehen, wem diese Hand gehört. Oder wem die Morgenlatte, die sich gegen meinen Hintern drückt, gehört.
Ich weiß, nach wem es sich anfühlt.
Diego fucking Díaz.

Meine Zimmertür wird aufgerissen.
„Nori-", Jamie steht wie angewurzelt in der Tür. „Sorry, ich wusste nicht, dass du Besuch hast. Weitermachen!", meint sie und schließt die Tür wieder.

Nun bewegt Diego sich langsam. Seine Hand drückt einmal leicht in meine Brust, was mich beinahe aufstöhnen lässt. Beinahe. Denn ich habe mich unter Kontrolle. Diego nimmt seine Hand weg und dreht sich von mir weg auf den Rücken. Und mir wird unfassbar kalt.
„Guten Morgen, Partymaus.", meint er. Seine Stimme klingt rauer als sonst. Verschlafen.
„Halt die Klappe.", gebe ich zurück. Mein Kopf pocht. Ich habe keine Ahnung, warum Diego hier ist.
Er lacht.
„War eine wilde Party gestern, hm?" meint er und schaut auf sein Handy. Dann steht er auf.
Ich sage nichts. Ich schaue ihm dabei zu, wie er sich seine Hose anzieht. Sein Oberkörper sieht aus wie gemeißelt. Unrealistisch, so schön sieht er aus. Leider.

Als er sich sein Shirt überzieht, treffen seine braunen Augen auf meine.
„Was ist?", fragt er.
„Warum warst du hier?", frage ich und setze mich auf. Ich will gar nicht wissen, wie ich gerade aussehe.
„Du hast mich angerufen und gefragt, ob ich dich abholen kann. Das habe ich gemacht. Und dann hast du mich darum gebeten, bei dir zu bleiben. Das habe ich auch gemacht.", meint er.
Erinnerungen flattern zurück in mein Gedächtnis.
„Danke.", sage ich, als ich mich daran erinnere, wie er sich um mich gekümmert hat. Auch, wie er meine Haare gehalten hat, als ich alles aus mir rauslassen musste. „Tut mir auch leid, dass ich so anstrengend war, heute Nacht."

„Ach, alles gut.", winkt er ab. Ich stehe auf. Abgesehen von meiner schwarzen Spitzenunterhose und einem alten Tshirt trage ich nichts. Aber das ist mir egal, denn er hat mich schon ganz anders gesehen. Und ausgezogen hat er mich gestern auch.
Sein Blick wandert einmal über meinen Körper.
„Willst du noch was trinken?", frage ich ihn, als ich die Tür meines Zimmers öffne. Ich brauche unbedingt ein Glas Wasser und eine Tablette.
„Hast du ein Wasser?", fragt er. Ich nicke. Dann gehen wir gemeinsam in die Küche, in der Jamie bereits sitzt und frühstückt.

„Guten morgen.", meint Diego, als er sie erblickt.
„Na, hast du dich verlaufen?", fragt sie und grinst ihn an.
Er schaut sich kurz um.
„Nicht direkt, nein. Deine Mitbewohnerin hat mich herbestellt.", meint er. Ich werde rot. Ich drehe mich von den beiden weg und fülle ihm und mir jeweils ein Glas mit Wasser. Dann reiche ich ihm seins.

„Wie war die Party gestern, Nori?", fragt Jamie.
„Sieht man ihr doch an.", meint Diego grinsend.
„Naja, ich weiß ja nicht, ob sie so aussieht, weil ihr heute Nacht wilden Sex hattet, oder ob das die Folgen der Party sind.", gibt sie lachend zurück.
„Hätten wir Sex gehabt, hättest du das sicherlich mitbekommen.", meint Diego und verschränkt die Arme vor der Brust.
„Leute, ist doch gut jetzt, ich weiß, dass ich scheiße aussehe. Die Party war krass. Aber ich weiß nicht, wie das alles so eskalieren konnte.", gebe ich zu.

Diego schmunzelt. Jamie schaut belustigt.
„Aber ich kann mich eigentlich an alles erinnern.", füge ich hinzu.
„Na, immerhin.", meint Diego belustigt.
„Wenn du das glaubst.", meint Jamie.
Ich schaue zwischen den beiden hin und her.
„Seit wann habt ihr euch überhaupt gegen mich verschworen?", frage ich.
Jamie zuckt mit den Schultern. „Er ist manchmal leider ganz witzig."

Diego schaut auf seine Uhr. „Okay, danke für deine Gastfreundschaft. Ich werde jetzt zur Arbeit düsen."
Ich nicke kurz und begleite ihn zur Tür.
„Danke nochmal.", murmle ich.
„Wofür?"
„Dafür, dass du mich abgeholt hast. Und mir die Haare gehalten hast, als ich mir die Seele aus dem Leib gekotzt habe. Und mit mir hochgegangen bist. Und mich abgeschminkt hast. Und-"
„Ist gut. Habe ich gerne gemacht.", meint er.
„Okay... dann wünsche ich dir eine ruhige Schicht.", sage ich.
„Danke. Und du ruhst dich aus. Trink genug Wasser, ja?", gibt er zurück. Ich nicke. „Schon klar. Ich bin Sanitäterin, ich weiß schon was gut ist."
„Dann hätte das heute Nacht ja alles garnicht passieren dürfen.", neckt er mich.
„Schon klar, Arschloch.", lache ich.

Er öffnet die Tür und verschwindet.
„Süß ist er ja schon.", meint Jamie plötzlich.
Ich drehe mich zu ihr um. Dann nicke ich leicht.
„Er hat dich sogar abgeschminkt?", hakt sie nach.
„Ja, aber ich will nicht wissen, was er dafür benutzt hat. Sicherlich nicht mein Abschminkzeug.", sage ich lachend.
„Scheiß drauf man, er behandelt dich wie eine Prinzessin.", meint Jamie.
„Man, James. Ich weiß. Aber manchmal ist er auch ein Arsch."
„Du bist auch manchmal eine riesige Dramaqueen. Jeder hat so seine Macken. Man, der Typ ist so sympathisch, wenn ich du wäre, dann hätte ich mich schon lange an ihn rangeschmissen."

Ich lege mich auf die Couch.
„Norah, er ist sympathisch, lieb, bisschen Arschloch und verdammt heiß. Was willst du noch? Und außerdem hast du auch gesagt dass er gut im Bett ist, was ja eigentlich sowieso offensichtlich ist.", redet sie weiter auf mich ein.
„Ich weiß. Er ist ja auch toll. Ich weiß nur nicht, ob er das ist, was ich will. Außerdem wäre mein Vater überhaupt nicht zufrieden mit dieser Situation.", gebe ich zu.
„Dein Vater hat dir da garnichts zu sagen, er hat sich in seine Klientin verliebt. Der hat wohl am meisten Verständnis dafür, dass man sich seine Gefühle nicht aussuchen kann.", erinnert mich Jamie.

Ich schreie einmal kurz in eines der Kissen.
„Ich weiß doch nichtmal, ob und was ich für ihn fühle. Es ist alles so kompliziert, Jamie."
Sie setzt sich neben mich.
„Dann fang an, Zeit mit ihm zu verbringen. Er fährt ganz offensichtlich voll auf dich ab."
„Aber wie denn?", frage ich.
„Keine Ahnung, schreib ihm? Frag ihn?"
„Was, wenn er Nein sagt?"
„Wird er nicht. Vertrau mir."

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