- Kapitel 4 -

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NORAH

Ich schaue mich um, während ich den Verletzten in den Krankenwagen schiebe. Irgendwas an dieser Situation ist merkwürdig. Mein Blick trifft den von dem Cop, der mir seit neustem immer wieder begegnet. Ich habe vorhin gehört, wie er Diego genannt wurde. Auch er scheint beunruhigt zu sein, denn seine Hand ruht ununterbrochen auf der Waffe an seinem Gürtel, was abgesehen von der unschönen Situation wirklich heiß wäre.

Dann knackt hinter mir ein Ast und alles geht super schnell. Diego stürmt zu mir und zieht mich an seine Brust, während er seine Waffe auf etwas oder jemanden vor mir richtet. Er drückt mich mit seinem Arm an sich, indem er diesen über meinen Oberkörper schlingt. Ich kralle mich in seinen Unterarm, unfähig, etwas zu sagen. Seine Körperwärme geht direkt in mich über und lindert damit minimal die gerade aufkommende Panik.
Ich schaue einem Mann in die Augen, welcher ebenfalls eine Waffe in der Hand hält und auf uns zielt.

„Waffe fallen lassen.", knurrt Diego, während er seinen Finger so positioniert, dass er direkt schießen kann. Sein ganzer Körper ist angespannt. So wie mein eigener. Ich spüre jeden einzelnen Muskel seines Körpers. Jeden einzelnen.

Meine Atmung geht schneller, als ich realisiere, was hier gerade passiert. Ich spüre Diego's Herz klopfen, so nahe bin ich ihm. Ich spüre, wie sich langsam Panik in mir breit macht.
„Es ist alles gut.", flüstert er leise neben meinem Ohr, während er sich ein kleines Stück mit mir zurück bewegt. Seine Waffe bleibt weiterhin auf die Person vor mir gerichtet. Seine Arme sind angespannt. „Sag ein Wort und ich schieße, okay? Du bist sicher bei mir.", flüstert er mir zu, während er den Mann genau im Auge behält. Ich nicke fast unmerklich, aber ich weiß, dass Diego es gemerkt hat.

Der Mann macht einen Schritt auf uns zu.
„Lass die Waffe fallen.", sagt Diego in einem so kalten Ton, dass mir beinahe das Blut in den Adern gefriert. Ich weiß nicht, was bei den Leuten hinter uns abgeht oder wo diese überhaupt sind. Aber es wäre unnötig, sich umzudrehen, denn Diego hält mich so fest, dass ich keine Chance hätte, selbst wenn ich wollte. In dem Moment, in dem ich diesen Gedanken abschließe, ertönt ein Schuss hinter mir. Ich zucke zusammen. Direkt folgt ein weiterer. Dieser kommt jedoch von Diego.

Warte was?

Diego hat geschossen. Er lässt mich los und geht auf den Mann zu. Seine Wärme verlässt direkt meinen Körper und wird von einer Eiseskälte ersetzt. Ich fange an zu zittern. Adrenalin strömt in meinen Körper.

Der Mann, auf den Diego geschossen hat, liegt am Boden. Aber er lebt noch. Ich gehe hinterher, als ich sehe, dass Diego ihm Handschellen anlegt.
„Was hast du gemacht?!", fahre ich ihn an, als ich das ganze Blut sehe, das aus seinem Bein strömt.
„Ich habe in sein Bein geschossen, damit er nicht abhauen kann.", knurrt Diego, während er mich anfunkelt. „Er hätte beinahe geschossen. Das hätte nicht so gut für dich geendet."
Ich blinzle ein paar Mal, um das alles zu verarbeiten. Dann drehe ich mich um und sehe einen weiteren Mann auf dem Boden liegen, neben dem Diego's und mein Kollege hocken.

Hinter uns war noch einer?
Daher also der erste Schuss.

„Was zur Hölle ist hier los?", frage ich leise. Dann hole ich den Verbandskasten aus dem RTW und knie mich neben den Mann. Diego hat in der Zwischenzeit weitere RTWs per Funk angefordert.
„Was machst du?", fragt Diego, als ich die Hose um die Schusswunde aufschneide.
„Ich helfe dem Mann. Das ist mein Job."
„Der wollte uns abknallen, lass ihn so lange leiden, bis er im Krankenhaus ist."

Ich werfe ihm einen Blick zu, der ihm signalisieren sollte, dass es besser wäre, jetzt die Klappe zu halten. Das scheint er auch zu verstehen, denn er schaut mir nur stumm zu, während ich einen Druckverband an die Wunde anlege.
Als so langsam die Rettungswagen eintreffen und ich meinen Job erledigt habe, spüre ich, wie ich immer schlapper werde. Ich will gerade in den Rettungswagen einsteigen und wieder losfahren, als Diego neben mir steht und meinen Arm festhält.

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