- Kapitel 3 -

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DIEGO

„Drei Bier bitte.", lallt mein bester Freund Luc. Der Kerl hat sich absolut abgeschossen. Warum? Keine Ahnung. Einfach so wahrscheinlich.
„Luc, lass den scheiß jetzt. Du hast genug, Mann.", sage ich und schüttle den Kopf, um dem Barkeeper zu zeigen, dass er diese Bestellung verwerfen soll.
„Wieso? Du bist noch viel zu nüchtern.", murmelt er und schaut mich mit großen Augen an.
„Ich muss auch in...", ich schaue kurz auf die Uhr und verdrehe genervt die Augen, „...viereinhalb Stunden arbeiten. Also sollten wir jetzt besser gehen. Ich bringe dich nach Hause."

Mein bester Freund wehrt sich kurz, sieht es dann aber ein und ich schleife ihn, wie einen betrunkenen Teenager, zu seinen Eltern nach Hause. In seine Wohnung kann ich ihn nicht bringen, denn sonst würde seine Freundin erst ihn, und danach mich umbringen. Sie hat mir, bevor wir losgezogen sind, schon deutlich gemacht, dass sie ihn heute auf keinen Fall betrunken Zuhause haben will.
Damit wollte sie wahrscheinlich ausdrücken, dass ich auf ihn aufpassen soll, sodass er wenig trinkt, und nicht, dass ich ihn im betrunkenen Zustand zu seinen Eltern bringen soll. Meiner Meinung nach ist da aber viel Spielraum für Interpretationen.

Ich lade also meinen besten Freund bei seinen Eltern ab und laufe dann in die Richtung, in der sich die Wohnung meiner Schwester befindet. Auch wenn sie hochschwanger ist, darf ich zu ihr kommen, wann immer ich will. Und da ich zu meiner Wohnung noch den einen oder anderen Kilometer zu laufen habe, schlafe ich einfach bei ihr. Ich habe sowieso nur noch ein paar Stunden zu schlafen, bevor meine Schicht beginnt.

Ich schließe die Tür zu Veras Wohnung auf und ziehe meine Schuhe so leise wie möglich aus. Ich schleiche ins Wohnzimmer, als sich die Schlafzimmertür öffnet und meine große Schwester mit einer Fliegenklatsche in der Tür steht. Dann klatscht sie damit auf mich ein, während ich abwehrend meine Hände hebe. „Vera. Ich bin's. Kein Grund zur Panik.", flüstere ich, während ich mir ein Lachen verkneife.

Sie schaltet das Licht an. „Oh. Hey Diego. Ich dachte hier wäre ein Einbrecher. Myles schläft wie ein Stein, da musste ich die Sache selbst in die Hand nehmen."
Ich deute auf die Fliegenklatsche. „Du wolltest damit einen Einbrecher verjagen?", frage ich belustigt. Sie nickt. „Ich hatte gerade nichts anderes da."

„Tut mir leid, dass ich einfach so hier reinkomme. Luc hat sich hemmungslos besoffen und dann war ich sowieso gerade hier in der Gegend. Meine Schicht beginnt in vier Stunden und ich dachte ich könnte hier noch ein wenig pennen.", erkläre ich meine Situation.
Vera schaut mich mitleidig an. „Bist du nicht langsam zu alt, um so lange durch die Bars zu ziehen?"

„Wie bitte? Ich bin noch ein junger Hüpfer. Ich habe noch mein ganzes Leben vor mir. Nur weil du mit fünfundzwanzig schon verheiratet warst, heißt das nicht, dass ich das auch tun sollte."
„Sorry kleiner Bruder. Ich wollte dich und dein Ego nicht angreifen. Leg dich auf die Couch. Gute Nacht.", sagt sie leise und drückt mir einen Kuss auf die Wange.

„Diego!"
Ich öffne langsam meine Augen. Wo zur Hölle bin ich?
„Diego! Du hast verschlafen!", höre ich die Stimme wieder.
Scheiße. Ich hab was?
Die Stimme wird immer lauter.
„Diego Díaz, jetzt steh auf!", schreit meine Schwester.

Ich drehe mich um und schaue sie an. Mein Kopf pocht. Dann ziehe ich meine Decke ein Stückchen höher, damit ich nicht halbnackt vor ihr liege. „Wie spät ist es?", frage ich verschlafen und setze mich auf.
„Halb neun."
„Fuck. Scheiße.", sage ich und springe auf, um mich anzuziehen.
„Sei froh, dass deine Nichte noch nicht auf der Welt ist, sonst dürftest du dir jetzt etwas anhören.", meint meine Schwester streng und verlässt wieder das Wohnzimmer.

Ich ziehe mich in Rekordzeit an und schreibe Zeitgleich meinem Kollegen, dass ich verschlafen habe. Das hat er vermutlich schon selbst gemerkt, denn ich hätte schon vor anderthalb Stunden anfangen sollen zu arbeiten.
Ich verabschiede mich mit einem „Dankeschön" und einem Kuss auf die Wange und einem auf den Babybauch von meiner Schwester und stürme zur Tür hinaus.
Ich sprinte zu meinem Auto, welches ich gestern in der Nähe der Bar geparkt habe ich fahre so schnell ich kann zur Wache.

Als ich ankomme, steht ausgerechnet mein Chef an der Eingangstür. Ich gehe rein und begrüße ihn.
„Guten Morgen. Sie haben sich also entschieden, doch noch zu kommen, was?", meint er und verschränkt seine Arme vor der Brust.
„Tut mir leid, ich habe verschlafen.", entschuldige ich mich und hoffe, dass die Sache damit geregelt ist.

„Haben Sie gesoffen?", fragt er mich amüsiert.
„Was?"
„Kommen Sie schon, geben Sie es zu. Sie haben sich gestern betrunken und sind deswegen erst spät schlafen gegangen. Deswegen haben Sie verschlafen.", meint mein Chef.
Ich schlucke schwer. „So in der Art, ja."
„So sehen sie auch aus. Und Sie riechen auch so. Machen Sie sich frisch, nicht dass Sie noch die Räuber verjagen, weil Sie so Scheiße aussehen. Und dann an die Arbeit."
„Danke Mr. Ramirez.", sage ich und düse an ihm vorbei, um mich abzuduschen und meine Uniform anzuziehen.

Als ich eine Viertelstunde später im Polizeiwagen sitze, bin ich alles andere als fit. Ich weiß nicht, was Luc und ich uns gestern dabei gedacht haben. Da hat meine Schwester dann doch recht, ich bin nicht mehr so fit wie vor ein paar Jahren.

Gerade wird uns per Funk mitgeteilt, dass in der Nähre ein Verkehrsunfall ist, zu dem wir fahren sollen, also schalte ich die Sirene an und fahre zum Unfallort.
Dort angekommen sieht man einen Haufen Schrott. Zwei Autos scheinen kollidiert zu sein und haben sich gegenseitig komplett zertrümmert. Ein Rettungswagen ist bereits vor Ort.
Mein Kollege und ich steigen aus, um uns das Unglück anzuschauen. Während ich auf die Rettungssanitäter zugehe, sperrt mein Kollege den Unfallort vernünftig ab.

„Guten Morgen", murmle ich und spüre leider Gottes noch immer den Alkohol in meinem Blut. Klar, ich habe mich nicht betrunken wie Luc, aber ich hätte vielleicht auch ein-zwei Bier weniger vertragen. „Könnt ihr mir sagen, was hier passiert ist?", frage ich und versuche dabei so wenig verkatert zu wirken, wie es geht.

„Eines der beiden Autos ist ins Schleudern geraten und in den Gegenverkehr gefahren. Wieso es ins Schleudern geraten ist, ist noch unklar.", verkündet eine weibliche Stimme, die ich, trotz der wenigen Begegnungen, sofort zuordnen kann.
Ich drehe mich um und schaue sie an.

Sie ist leider wirklich bildschön. Ihre grünen Augen funkeln mich an, als sie mich ebenfalls erkennt. Dann verdreht sie die Augen und murmelt ein leises ein „war ja klar", welches sicherlich nicht für meine Ohren bestimmt war.

„Tut mir leid, Prinzessin, aber ich mache nur meinen Job.", gebe ich zurück. „Wer hat euch gerufen? Gibt es Zeugen?"
Ihr Kollege antwortet mir, während Norah meinen Körper abscannt. Das spüre ich. Dafür muss ich sie nicht anschauen.

„Diego! Schau mal hier!", ruft mein Kollege, während ich mir das aufschreibe, was Norah's Kollege mir erzählt.
Ich gehe zu ihm und schaue mir das ganze an. „Was ist das?", frage ich.
„Keine Ahnung. Scheint, als wäre hier jemand unterwegs gewesen, der die ganze Sache geplant hat.", murmelt er und schaut mich an.

just stay Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt