Kapitel 9

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DIEGO

Ich hasse Nachtschicht. Am liebsten würde ich jetzt in meinem Bett liegen. Aber stattdessen muss ich eine fucking Party sprengen.
Irgendwer schmuggelt hier wohl mit illegalem Zeug und ich muss in Zivil die Lage checken.

Es ist Mitte Februar, die Nacht ist kalt und Nass. Und ich habe kein Bock mehr.
Ich weiß nicht was ich mir dabei gedacht habe, diesen Job zu machen. Vor ein paar Jahren habe ich hier selber noch eine Line nach der anderen gezogen. Aber diese Zeiten sind - Gott sei Dank - vorbei.
Todmüde begrüße ich den Türsteher, der einem Bullen nahekommt. Er ist Massig und groß. Hat eine Glatze und an jeder freien Stelle ein Tattoo auf der Haut.

Er lässt mich nach einer kleinen Diskussion rein. Dann schaue ich mich in dem stickigen Kabuff um. Der Bass dröhnt und Frauen mit kaum mehr als einem Viertel Stoff auf dem gesamten Körper rekeln sich im Takt der Musik.

Widerlich.

Ich schaue weiter und sehe einen Mann. Recht klein, unauffällig und schlank. Zu unauffällig. Ich beobachte ihn ein wenig. Dann verschwindet er kurz. Ich gehe hinterher. Er ist schnell. Aber ich bin schneller. Er hätte keine Chance, mich anzuhängen, selbst wenn er wollen würde. Er läuft in eine Menschenmenge hinein, verschwindet auf der Toilette. Ich warte davor. Er kommt kurz darauf wieder hinaus und schaut mich an.

Plötzlich steht Norah hinter ihm.

Haben die gevögelt, alter?

„Ach, wen haben wir denn da?", frage ich und verschränke die Arme vor der Brust. Norah bekommt offensichtlich einen Schrecken, während der Kerl sofort stehen bleibt.
„Was willst du hier?", fragt sie und klingt dabei ziemlich überrascht. Aber nicht im positiven Sinne.
„Das könnte ich genauso gut dich fragen."
„Hat mein Vater dich geschickt?", fragt sie genervt. Ich schüttle verwirrt den Kopf.

„Kannst du vielleicht aus dem Weg gehen, Alter?", fragt nun der kleine Kerl, wegen dem ich eigentlich hier bin.
„Wie hast du mich gerade genannt?"
„Alter? Klärt eure Beziehungsprobleme woanders, wo ihr niemanden damit abfuckt. Das hier ist eine Party und kein Seniorentreff."
„Du kannst mal ganz kleine Brötchen backen, klar? Zieh du mal weiter deine Lines. Dein Koks hängt dir da noch an der Nase. Und jetzt verpiss dich.", knurre ich. Er macht sich schnell aus dem Staub, während Norah Anstalten macht, ihm zu folgen. „Ey, du bleibst hier.", sage ich und halte sie an ihrem Arm fest.

Sie funkelt mich wütend an. „Was willst du?!"
„Was hast du hier verloren?", stelle ich die Gegenfrage.
„Das geht dich einen Scheißdreck an, klar?"
Ich schaue mich kurz um, um zu überprüfen, was ich wie laut sagen kann. „Wenn du auf Junkiepartys rumturnst und mit Typen bumst, mit denen du eine Line nach der anderen ziehst, geht mich das sehr wohl was an."
Sie schluckt. „Ich bumse nicht mit Typen, mit denen ich eine Line nach der anderen ziehe.", sagt sie durch zusammengekniffene Zähne.

Sie ist sauer.

„Schön, wer war denn der Kerl gerade?"
„Keine Ahnung, man! Wer bist du, dass dich das was angeht? Mein Bruder? Mein Vater? Mein Freund? Nein, oder? Dann halt dich verdammt nochmal aus meinem Leben raus! Und selbst wenn ich Drogen nehmen würde, könnte es dir nicht egaler sein!", schreit sie und zieht ihren Arm aus meinem Griff. Dann ist sie schon weg.

Scheiße. Was war das denn bitte?

Ich fahre frustriert mit meinen Händen über mein Gesicht. Dann werde ich angetippt. Ich schaue zur Seite.
„Hey Bro, mieser Tag? Ich hab was dabei, das lässt dich alles vergessen. Glaub mir, das bekommst du nur von mir."

Kaum hat er zu Ende gesprochen, habe ich seine Hände auch schon hinter seinen Rücken gepinnt und schiebe ihn durch die Menge Richtung Auto. Dann fahre ich ihn in Richtung Revier. Meine Gedanken sind aber weiterhin bei Norah. Was zur Hölle hatte sie dort verloren?

just stay Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt