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Cem

Ich stand in der Küche und hörte Didem im Wohnzimmer weinen. Es zerriss mir das Herz, sie so zu sehen. Seit wir aus Köln zurückgekehrt waren, war die Situation angespannt. Didem kämpfte mit ihrer Trauer um Beria, und die Last dieser Gefühle schien sie zu erdrücken. Ich wollte ihr helfen, aber es schien, als würde ich alles nur schlimmer machen.

„Didem, bitte, lass uns reden," sagte ich vorsichtig und trat ins Wohnzimmer.

Sie sah mich mit tränenverschmiertem Gesicht an, ihre Augen voller Schmerz und Wut. „Was gibt es noch zu sagen, Cem? Du hast mich entführt! Ich bin hier gegen meinen Willen!"

Ich seufzte und setzte mich neben sie. „Ich wollte dich nur beschützen. Ich konnte nicht länger zusehen, wie du leidest."

„Beschützen? Du hast mir die Wahl genommen!" schrie sie und stand auf, um Abstand zwischen uns zu bringen. „Ich wollte nicht hier sein. Ich wollte Zeit, um zu trauern, um Beria zu vergessen. Aber stattdessen bin ich hier gefangen."

„Didem, ich liebe dich," sagte ich leise. „Ich wollte nur, dass du sicher bist. Dass du nicht allein bist in deiner Trauer."

Sie drehte sich zu mir um, ihre Augen funkelten vor Zorn. „Liebe? Das ist keine Liebe, Cem. Das ist Besessenheit. Du verstehst nicht, wie es ist, alles zu verlieren und keine Kontrolle mehr über sein Leben zu haben."

Ich versuchte, ihre Hand zu ergreifen, aber sie zog sie zurück. „Bitte, Didem, versteh mich. Ich wollte nur helfen."

„Helfen? Du weißt nicht, wie du helfen sollst. Du machst alles nur schlimmer," sagte sie bitter. „Ich brauche Abstand. Ich brauche Zeit. Aber das kannst du mir nicht geben, oder?"

Die Wahrheit traf mich wie ein Schlag. Sie hatte recht. Ich war so besessen davon, sie zu retten, dass ich nicht sah, wie sehr ich sie verletzte. „Was soll ich tun, Didem? Sag mir, wie ich dir helfen kann."

„Lass mich gehen," flüsterte sie, ihre Stimme gebrochen. „Lass mich zurück nach Köln. Ich kann das hier nicht. Nicht so."

„Aber ich..." begann ich, doch ihre verzweifelten Augen ließen mich verstummen.

„Bitte, Cem. Wenn du mich wirklich liebst, dann gib mir die Freiheit, die ich brauche."

Ich saß allein im Wohnzimmer, der Fernseher lief im Hintergrund, aber ich konnte mich nicht auf das Geschehen konzentrieren. Die letzten Tage waren eine Qual. Didem sprach kaum mit mir, und wenn sie es tat, war ihre Stimme kalt und distanziert. Die Trauer um Beria und der Druck, den ich auf sie ausgeübt hatte, zerrissen sie innerlich. Und ich wusste nicht, wie ich es wieder gutmachen konnte.

Mein Telefon klingelte, und ich sah Tahas Namen auf dem Display. Ich hatte in den letzten Tagen nicht viel mit ihm gesprochen, weil ich mit meinen eigenen Problemen beschäftigt war. Ich seufzte tief und nahm den Anruf entgegen.

„Hey, Taha," sagte ich, versuchte, meine Stimme fest zu halten.

„Cem, wie geht es dir?" fragte Taha. Seine Stimme klang besorgt, und ich konnte hören, dass er wusste, dass etwas nicht stimmte.

„Es... es geht," antwortete ich zögernd. „Warum rufst du an?"

„Ich habe lange nichts von dir gehört und wollte wissen, wie es dir und Didem geht," sagte Taha. „Ist alles in Ordnung?"

Ich schluckte schwer und überlegte, ob ich ihm die Wahrheit sagen sollte. Schließlich konnte ich nicht länger lügen. „Es ist schwer, Taha. Didem ist so unglücklich. Sie kann die Trauer um Beria nicht verarbeiten, und ich habe es nur schlimmer gemacht, indem ich sie hierher gebracht habe."

Taha schwieg einen Moment, und ich konnte seine Besorgnis durch das Telefon spüren. „Cem, das tut mir leid zu hören. Warum hast du sie hierher gebracht, wenn sie es nicht wollte?"

„Ich dachte, ich könnte ihr helfen, sie beschützen," sagte ich leise. „Aber jetzt merke ich, dass ich ihr nur mehr Schmerz zugefügt habe. Sie will zurück nach Köln, und ich weiß nicht, was ich tun soll."

„Cem," sagte Taha sanft, „manchmal ist das Beste, was wir tun können, loszulassen. Wenn Didem Zeit und Raum braucht, dann musst du ihr das geben. Das ist wahre Liebe – jemandem die Freiheit zu geben, die er braucht, selbst wenn es wehtut."

Ich schloss die Augen und kämpfte gegen die Tränen. „Ich weiß, dass du recht hast, Taha. Aber es ist so schwer, sie gehen zu lassen."

„Ich verstehe das," sagte Taha mitfühlend. „Aber vielleicht ist das der erste Schritt zur Heilung für euch beide. Gib ihr die Freiheit, die sie braucht, und vielleicht wird sie eines Tages zu dir zurückkehren."

Nach dem Gespräch mit Taha setzte ich mich hin und dachte über seine Worte nach.

Er hatte recht. Ich musste Didem die Freiheit geben, die sie brauchte, auch wenn es mir das Herz brach. Ich wusste, dass ich ihr nicht helfen konnte, wenn ich sie zwang, hier zu bleiben.

Am nächsten Morgen setzte ich mich zu Didem, die schweigend am Küchentisch saß.

„Didem," begann ich vorsichtig, „ich habe mit Taha gesprochen. Und ich habe verstanden, dass ich dir die Freiheit geben muss, die du brauchst. Wenn du nach Köln zurückkehren willst, werde ich dich nicht aufhalten."

Sie sah mich überrascht an, Tränen glänzten in ihren Augen. „Cem, danke,"

Ich nickte und kämpfte gegen die Tränen. „Ich will nur, dass du glücklich bist, Didem. Auch wenn das bedeutet, dass wir getrennt sind."

Die nächsten Tage waren eine Mischung aus Vorbereitung und stiller Akzeptanz.

Didem packte ihre Sachen, und ich half ihr, alles für die Rückkehr nach Köln zu organisieren. Es war schwer, aber ich wusste, dass es das Richtige war.

Eines Nachmittags, als ich nach Hause kam, war Didem plötzlich weg. Keine Abschiedsnachricht, keine Spur. Nur das leere Gefühl, das sie hinterlassen hatte.

Ich setzte mich schwer auf das Sofa und starrte ins Leere.

„Cem, das war abzusehen," sagte ich leise zu mir selbst. „Du hast sie verloren."

Die Wohnung fühlte sich plötzlich viel zu groß und still an. Ich wusste nicht, ob sie jemals zurückkommen würde, aber ich musste damit leben. Vielleicht war dies der Preis für meine Fehler – die Leere, die sie hinterlassen hatte.

sᴇɴᴅᴇɴ ᴜᴢᴀᴋ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt