Einen Wettbewerb Töten

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Es war einmal ein Wettbewerb, nennen wir ihn Onc (sprich: Onk), der war beliebt und wurde rege besucht. Unzählige begeisterte Fans, kreative Köpfe, aktive Schreiberinnen und Schreiber freuten sich jedes Jahr auf ihn, wie die kleinen Kinder sich auf Weihnachten freuen. Endlich Februar, endlich kommt wieder der Onc - wir haben ihn schon vermisst. Onc gestaltete sich jährlich ein neues Kleid, meistens bunt und motivierend, denn er wollte allen schreibenden Menschen weltweit gefallen.

Onc war intelligent, er beherrschte über zwanzig Sprachen und lernte immer mehr dazu. Durch seine umgängliche Art und seine Begeisterungsfähigkeit schuf er eine weltweite Gemeinschaft, wertvoller als Geld. Die schreibenden Menschen und denkenden Köpfe liebten ihn. Sie lachten, sie schrieben und sie unterstützten sich gegenseitig; Onc war Familie.

Doch leider war Onc nur ein Angestellter, ein kleiner Mitarbeiter in einer großen Firma; in der größten Firma dieser Branche. So kam, was kommen musste: Die Chefetage der Firma wurde auf Onc aufmerksam und begann zu evaluieren. Sie stellten viele Assistenten ein, wertvolle Mitarbeitende, welche die Arbeit von Onc überprüften. Das kostete viel Geld, und zudem konnte keiner von den Assistenten einen Mehrwert in Oncs Arbeit erkennen. Er war laut, er war schrill, bunt und teuer, doch einen direkten Gewinn konnte man aus seiner Arbeit nicht berechnen.

Onc musste kürzer treten. Er durfte nur noch in drei Sprachen kommunizieren und musste alle anderen Fans und Freunde enttäuschen. Nur noch einmal durfte er seine geliebte Arbeit ausführen. Das machte ihn traurig und er setzte sich lange hin, reflektierte seine Arbeit, suchte den Grund des Scheiterns bei sich. Auf einmal stellte er fest, dass er vor lauter Nachdenken über die Zukunft seines Arbeitsplatzes, den eigenen Zeitplan vergessen hatte. Das Schlimmste, was einem Wettbewerb passieren kann.

Die Fans waren enttäuscht, sie riefen und schrieen nach ihm; sie verlangten nach Information, doch Onc konnte ihnen keine geben. Er wusste ja selber nicht, wie es weitergehen würde. So zog er sich in Scham zurück, beantwortete die vielen Fragen der Fans nicht mehr und musste traurig mit ansehen, wie sich einer nach dem anderen von ihm entfernte.

Die Chefetage hingegen war glücklich. Man hatte den teuren Mitarbeiter endlich abserviert. Man hat ihm seine Arbeitsgrundlagen zusammengestrichen, bis er nicht mehr arbeiten konnte. Damit hatte man letztendlich den Grund gefunden, ihn aus dem Mitarbeiterteam zu entfernen.  Onc ist weg, gratulierten sie sich. Das viele Geld, welches man durch seinen Weggang sparen konnte, verteilte man den Assistenten, welche diesen Ausgabenpunkt in der Gesamtrechnung gefunden hatten; und sie freuten sich über den Mehrgewinn.

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Jeder Wettbewerb hat Regeln. Jeder Wettbewerb hat einen klar definierten Zeithorizont. Oftmals gibt es bei Wettbewerben sogar etwas zu gewinnen. Das weitaus Tollste an Wettbewerben ist jedoch das "Miteinander um den Sieg kämpfen". Stellt euch einen Hundertmeterlauf vor, wo nur eine Läuferin antritt - langweilig. Doch auch der Zeitplan ist wichtig. Stellt euch eine Fußball WM vor, an welcher alle Teams ihr Bestes geben. Sie kämpfen, sie gehen an ihre Grenzen, sie haben Spaß am Wettbewerb - und dann werden die Resultate erst zwei Monate hinterher verkündet? Niemand interessiert sich noch dafür. So tötet man einen Wettbewerb.

Genau das hat die Chefetage erkannt - und sie ziehen es durch; in stiller Vorfreude auf den wirtschaftlichen Mehrgewinn. Was sie dabei oft vergessen: Wenn man Mitarbeiter wie den Onc einfach wegrationalisiert, könnte es geschehen, dass sich die Kundinnen und Kunden ebenfalls plötzlich abwenden. Und dann heißt das nächste Kapitel der Geschichte: "Eine erfolgreiche Firma an die Wand fahren" - doch das versteht die Chefetage nicht. Solange man Mitarbeiter entlassen kann, hat man ja noch immer einen Mehrgewinn, den man verteilen darf.

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R.I.P. geliebter Onc

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jun 03 ⏰

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