Kapitel 17

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Valentina
Amerika, Chicago

Warum tut er mir das an? Lorenzo weiß ganz genau, was er mir angetan hat.
Warum bringt er mich jetzt in so eine Situation?
Meine Panik verschwand langsam und die Wut gewann die Oberhand.
„W-Wie kannst du nur?!"
Tränen liefen meine Wangen runter.
„Warum bringst du mich zu ihm?! Warum?!"
Ich vermied es, Héctor anzusehen.

Ich versuchte, Lorenzo vor Panik zu schlagen, doch er hielt meine Arme fest und versuchte, mich zu beruhigen.

„Erinnerst du dich noch an meine Worte?"
„Alles, was ich tue, hat einen Sinn", sagte Lorenzo mit fester Stimme.
Ich blickte ihn verwirrt an.
Worauf möchte er hinaus?

Lorenzo näherte sich mir mit seinem Gesicht. Seine düsteren Augen sahen mich an und machten mir unheimlich Angst.
„Töte ihn. Töte ihn, Valentina."

Ich starrte Lorenzo an, unfähig zu glauben, was er gerade gesagt hatte. Die Worte hallten in meinem Kopf wider, während ich versuchte, ihre Bedeutung zu begreifen.
Meine Hände zitterten, und die Wut und Panik kämpften in mir um die Oberhand.

„Was...?" flüsterte ich, unfähig, die Worte vollständig auszusprechen.
„Du willst, dass ich ihn t-töte?"

Lorenzo nickte langsam, seine Augen fest auf meine gerichtet.
„Ja, Valentina. Nur so kannst du wirklich frei sein. Töte ihn, und all deine Ängste werden verschwinden."

Ich fühlte mich, als ob die Welt um mich herum stoppen würde. Die Realität verzerrte sich, und alles, was ich sah, war Héctor, gefesselt und blutend vor mir. Die Erinnerungen an das, was er mir angetan hatte, kamen wieder hoch.

„Ich kann das nicht..." stammelte ich, doch Lorenzo hielt meine Arme noch fester.

„Du musst", sagte er leise, aber bestimmt.
„Du hast die Stärke in dir. Du musst es nur tun."

Tränen strömten über mein Gesicht, als ich in Lorenzos Augen sah und die Schwere seiner Worte erkannte.

Hatte Lorenzo recht? Musste ich Héctor töten, um zu heilen? Musste das sein? Gab es keinen anderen Weg? Während ich zu Héctor starrte, spürte ich, wie Lorenzo bedrohlich hinter mir stand. Seine Lippen lagen an meinem Ohr, und sein warmer Atem raubte mir den Verstand.

„Ich kann es auch machen, cuore mio", flüsterte er leise.
Meine Augen glitten über Héctors Körper. Lorenzo hatte ihn so übel zugerichtet, dass man ihn kaum wieder erkennen konnte.

„Aber überleg doch mal", fuhr Lorenzo fort, seine Stimme wurde eindringlicher.
„Würdest du es nicht genießen, mit deinen eigenen Händen ihn zu foltern? Würdest du nicht Genugtuung darin finden, die Macht in deinen Händen zu spüren?"

Meine Tränen trockneten langsam, und aus Trauer wurde Wut. Die Worte sickerten in mein Bewusstsein, breiteten sich wie Gift in meinen Gedanken aus. Jetzt hörte sich das gar nicht mehr so abwegig an, es selbst zu tun. Die Erinnerung an all das Leid, das Héctor mir angetan hatte, kam in mir hoch.

„Er hat dich gequält, Valentina", flüsterte er weiter, sein Atem heiß an meinem Hals.
„Er hat dich gebrochen. Willst du wirklich, dass er damit davonkommt?"

Ich konnte fühlen, wie meine Trauer sich in etwas Dunkleres verwandelte. Die Wut in mir kochte hoch, verdrängte die Angst. Lorenzo ließ meine Arme los, aber seine Präsenz blieb bedrohlich dicht.

„Denk daran, was er dir angetan hat."
„Jede einzelne Qual, jede Träne, die du vergossen hast. Würde es dir nicht Erleichterung verschaffen, ihn leiden zu sehen und ihn mit deinen eigenen Händen zu töten?"

Ich schloss die Augen und ließ die dunklen Erinnerungen an die Oberfläche kommen. Jede Wunde, jede Berührung, jede Nacht voller Angst und Schrecken. Héctor hatte mir all das angetan, und jetzt lag er hilflos vor mir.
Die Gelegenheit zur Rache, war so nah und greifbar.

„Tu es", flüsterte Lorenzo, und ich spürte, wie sein kalter Blick auf mir lastete.
„Befreie dich von deiner Vergangenheit."

Meine Tränen versiegten, und eine kalte, harte Entschlossenheit setzte ein. Vielleicht hatte Lorenzo recht. Vielleicht war dies der einzige Weg, um wirklich frei zu sein.

„Töte ihn, Valentina", wiederholte Lorenzo, seine Stimme war jetzt nur noch ein dunkles Flüstern. „Befreie dich."

Ich nahm einen tiefen Atemzug, hob meine Hände und bereitete mich darauf vor, meine Vergangenheit hinter mir zu lassen
– ein für alle Mal.

Ich drehte meinen Kopf zu Lorenzo.
„Und wie?"

Auf Lorenzos Lippen bildete sich ein teuflisches Grinsen.
„Fällt dir wirklich nichts ein?"
Seine Augen funkelten gefährlich, während er mir mit einem leichten Nicken andeutete, weiterzudenken.

Ich starrte auf Héctor, unfähig, meinen Blick von seinem Körper abzuwenden. Sekunden vergingen, in denen meine Gedanken rasten.
Die Antwort fiel mir plötzlich ein. Ein Messer.

Langsam breitete sich ein Lächeln auf meinen Lippen aus. Die Macht, die Kontrolle, die Möglichkeit, alles zu beenden, lag greifbar nahe. „Gib mir ein Messer", flüsterte ich, meine Stimme wurde fest und entschlossen.

Lorenzo hob eine Augenbraue, sein Grinsen wurde breiter.
„Das dachte ich mir", murmelte er, während er sich langsam umdrehte und in einer Ecke des Raumes nach etwas suchte. Das leise Klirren von Metall ließ meine Anspannung steigen.

Er kehrte mit einem Messer in der Hand zurück.
Es war schwarz, schwarz wie meine Seele. Lorenzo hielt es mir hin, seine Augen fixierten meine mit einer Intensität, die mir den Atem raubte.

Ich streckte zögernd die Hand aus, meine Finger schlossen sich um den kalten Griff. Das Gewicht des Messers fühlte sich schwer und unberechenbar an. Lorenzo ließ meine Hand nicht los, bevor er mir noch einmal tief in die Augen sah.
„Vergiss nicht, warum du das tust. Denk an all das Leid, das er dir zugefügt hat. Lass diese Wut dich leiten."

Meine Hand zitterte leicht, aber ich hielt das Messer fest. Die Erinnerungen an all die Qualen, die Héctor mir angetan hatte, durchfluteten mein Bewusstsein. Die Nächte voller Angst, die Tage des Schmerzes. In diesem Moment wusste ich, dass es keinen anderen Weg gab.
Lorenzo hatte recht. Um wirklich frei zu sein, musste ich es selbst tun.

Mit jedem Schritt, den ich näher an Héctor herantrat, wurde mein Griff um das Messer fester. Ich konnte seine schwachen Atemzüge hören, sein Flüstern von Schmerz und Angst. Meine Wut kochte hoch, verdrängte jegliches Zögern.

„Er hat dich gebrochen", erinnerte Lorenzo mich, seine Stimme ein bedrohliches Flüstern in meinem Rücken. „Lass ihn dafür bezahlen."

Ich hob das Messer, die Klinge funkelte im schwachen Licht. Héctors Augen weiteten sich vor Panik, und für einen Moment sah ich den Abgrund meiner eigenen Seele in seinem Blick gespiegelt. Doch die Dunkelheit in mir war stärker, die Notwendigkeit, mich zu befreien, überwältigend.

„Jetzt, Valentina", flüsterte Lorenzo.
„Töte ihn."

Mr. & Mrs. de Santis | Dark RomanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt