K a p i t e l | 1 0

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🌼 DAVINA 🌼

Meine Frühschicht hat begonnen und ich mache einen Rundgang auf meiner Station, um die Medikamente der Patienten zu verteilen. Bonnie läuft neben mir her und überprüft die Medikationspläne.

"Deine Schwester erzählte mir, dass Dr. Nathaniel Jackson dich gesucht hatte, was wollte er von dir?", hackt sie nach und ich drücke meine Lippen zusammen – denen entgeht wirklich nichts! Da Dalia mich vor ihm gewarnt hatte und wahrscheinlich durch die Decke geht, falls sie erfährt, dass er mich nach Hause gefahren hat, beschließe ich, ihr nur die Halbwahrheit zu erzählen. Und da es höchstwahrscheinlich einmalig war, müssen sie auch nichts darüber erfahren.

"Nichts. Er hat mich nur über den Zustand eines Patienten informiert. Du weißt schon, der hier hinverlegt wurde", erkläre ich und Bonnie kneift konzentriert die Augen zusammen.

"Läuft da etwas zwischen euch?"

"Was? Nein! Ich bin mir nicht mal sicher, ob ich ihn überhaupt mag", reagiere ich zügig. Bonnies Augenbrauen schießen in die Höhe und registrieren etwas hinter mir. "Na, wer schleicht, denn da um die Ecke", sagt sie grinsend und ich drehe mich um.

"Hallo, die Damen", begrüßt uns Nate mit einem charmanten Lächeln. Bonnie räuspert sich, etwas verlegen. "Hallo, Dr. Jackson."

Er fasst mir an die Schulter und Bonnies Augen weiten sich. "Könnte ich einen Augenblick mit dir sprechen?", fragt er und ich nicke zustimmend.

"Klar." Ich sehe zu Bonnie. "Verteilst du den Rest der Medikamente?", frage ich, während sie eifrig nickt.

"Klar, aber ihr ..., duzt euch?", flüstert sie und ich verdrehe lachend die Augen. Bonnie wirft mir einen vielsagenden Blick zu, der darauf hindeutet, dass wir das Thema noch vertiefen werden. Ich mache auf dem Absatz kehrt und folge Nate.

"Worüber möchtest du mit mir sprechen?"

"Das erfährst du gleich, wir unterhalten uns in meinem Sprechzimmer."

Verwirrt runzle ich die Stirn. Was könnte er wohl mit mir besprechen? Nach einigen Minuten erreichen wir sein Sprechzimmer, und er hält mir einladend die Tür auf. Er betritt hinter mir den Raum und schließt die Tür ab.

"Wieso schließt du ab?"

Er zieht amüsiert eine Augenbraue hoch. "Keine Sorge, ich werde nicht über dich herfallen. Ich möchte nur sicherstellen, dass wir nicht gestört werden."

Ich spüre, wie die Röte in mir aufsteigt.

"Ach so."

"Mach es dir bequem", sagt er und deutet auf den Stuhl an seinem Schreibtisch. Vorsichtig lasse ich mich auf dem Stuhl nieder und er setzt sich auf den gegenüberliegenden Stuhl. Ich beiße mir auf die Lippe, um meine Nervosität zu verbergen.

"Also?", beginne ich. Er räuspert sich.

"Also, ich habe da diesen Kumpel in Philadelphia, Ethan Parker. Er betreibt den Verlag Soul Enchantment", erklärt er und mustert mich eindringlich. In dem Moment weiten sich meine Augen und meine Beine beginnen zu zittern.

"Gestern Abend habe ich ihn angerufen und von dir erzählt. Er ist interessiert daran, mehr über dich und deine Arbeit zu erfahren."

"Was hast du ihm von mir erzählt?"

"Dass ich eine aufstrebende Autorin im Blick habe, die wirklich talentiert ist."

Mein Herz setzt einen Schlag aus. Das kann doch nicht echt sein, das ist unmöglich.

"Wieso hast du das getan?", murmle ich und er sieht mich verdutzt an.

"Weil ich finde, dass du eine Chance verdient hast, Davina."

Wenn ich, wie bei vielen anderen Verlagen auch, meine Manuskripte gesendet hätte, hätte sich wahrscheinlich niemand dafür interessiert. Diese Chance habe ich nur durch ihn und seinen Namen bekommen.

"Ethan wird dich nicht für das Verlagsprogramm auswählen, wenn er nicht denkt, dass du geeignet bist", fügt Nate hinzu, als ob er meine Gedanken lesen könnte. Ich treffe eine Entscheidung. Wie sagt man so schön? Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.

"Klingt nach einem Abenteuer" füge ich hinzu. "Vielleicht ist es an der Zeit, aus der Komfortzone herauszutreten und sich der Herausforderung zu stellen."

"Mut zahlt sich oft aus", erwidert Nate. "Vielleicht sollte ich dich begleiten, wenn du Ethan triffst", schlägt er vor.

"Das klingt gut."

***

Wir haben unsere Nummer ausgetauscht. Er meinte, er würde arrangieren, dass wir am selben Tag freihaben, um nach Philadelphia zu fahren. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mit ihm dorthin fahren soll, doch alleine möchte ich auch nicht fahren. Ich hatte den gesamten Tag darüber nachgedacht, wie ich meiner Schwester davon erzählen könnte, wenn ich zu Hause bin. Aufgrund ihrer gestrigen Nachtschicht hat sie heute frei. Hier liege ich also zu Hause in meinem Bett und habe immer noch keine Entscheidung getroffen.

Diese wird mir allerdings abgenommen, als die Tür zu meinem Zimmer schwungvoll geöffnet wird und Dalia gleich mit einer Frage hereinplatzt.

"Bonnie hat mir erzählt, Dr. Jackson wollte mit dir heute sprechen. Was läuft da zwischen euch?" Genervt verdrehe ich die Augen, fragend, weshalb Bonnie nie etwas für sich behalten kann.

"Dir auch einen schönen Abend, Dalia", versuche ich sie abzuwimmeln, doch sie lässt sich unbeirrt auf meinem Bett nieder und wirft mir einen warnenden Blick zu.

"Raus mit der Sprache", fordert sie mich auf. Ich spüre, wie sich die Qual in meinem Gesicht abzeichnet, während ich zögernd nach den passenden Worten suche.

"Nate, hat mir angeboten-",

"Warte, was? Du nennst ihn Nate?", fragt sie überrascht.

"Wir haben uns etwas angefreundet, würde ich sagen."

"Angefreundet?", wiederholt sie meine Worte. Ich nehme einen tiefen Atemzug, um meine Nerven zu beruhigen.

"Kannst du mich mal ausreden lassen?", stelle ich eine Gegenfrage und sie hebt abwehrend die Hände. Ich erzähle ihr von unseren Annäherungen, wobei ich die anfänglichen Unannehmlichkeiten bewusst auslasse.

"Und jetzt möchte er dich nach Philadelphia begleiten?"

Ich nicke zögerlich. "Ich bin mir ein wenig unsicher, ich kenne ihn doch überhaupt nicht, geschweige denn seine Absichten."

"Und ob du dort hinfahren wirst. Die Gelegenheit, auf die du dein ganzes Leben lang gewartet hast, solltest du auch ergreifen. Sei nur vorsichtig mit ihm."

Plötzlich vibriert mein Handy auf dem Nachttisch, eine Nachricht von Nate.

"Er hat mir geschrieben", teile ich mit, woraufhin Dalias Kopf aufmerksam in die Höhe schießt und sie gespannt beobachtet, wie ich mein Handy entsperre.

Nate: Am Sonntagmorgen können wir losfahren. Ich hole dich ab.

Die Aufregung und Unsicherheit mischen sich in mir, während ich überlege, wie ich antworten soll.

The Wedge between UsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt