𝟷𝟼. 𝙱𝙸𝚂 𝟸𝟸. 𝙾𝙺𝚃𝙾𝙱𝙴𝚁 𝟷𝟾𝟿𝟿

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So viel wie in dieser Woche ist zumindest in mir drin wahrscheinlich noch nie passiert.

Aber fangen wir am Anfang an.

Die Woche begann sehr ruhig, denn ich machte mich auf den Weg zu Sindos Farm. Er hatte mich gefragt, ob ich ihm helfen könne.
Auf dem Weg dorthin traf ich ihn in Begleitung von Hope MacKenzie.
Während wir uns ansahen, ob seine Felder geeignet für den Anbau waren, kamen wir noch einmal auf den Fall auf der Gudri-Farm sowie die Entführung und den Vorfall in Parkers Restaurant zurück.
Daraufhin entschied Sindo sich noch einmal, mit Francis zu reden.

Francis, der...

Nein, später!

Zusammen machten Sindo, Hope MacKenzie und ich uns also auf den Weg nach Rhodes, denn dort vermutete ich den Marshall.

Und so war es auch.

Er war tatsächlich da, weshalb wir uns schließlich im Sheriffbüro unterhielten.
Doch aus dieser Unterhaltung wurde schnell eine Diskussion.
Die meiste Zeit stand ich nur daneben und habe den Dreien zugehört.
Man hat gemerkt, dass der Marshall Vorurteile zu haben scheint, die man ihm eigentlich nicht verübeln kann, denn schließlich hat Hope MacKenzie nicht umsonst schon bei uns in der Zelle gesessen.
Aber dennoch: Ich denke wirklich, dass sie sich ändern will.
Nicht nur ihrer Schwester zur Liebe, nein, auch weil sie nun jemanden hat, für den es sich sicherlich lohnt.
Ich freue mich für Clinton und sie - das tue ich wirklich.
Aber ich fürchte, dass ich mit der Freude darüber, dass sie sich ändern will, seit dieser Woche wieder die Einzige bin.
Marshall Underwood glaubt ihr nicht mehr, obwohl Sindo es war, der sich darüber beschwerte, warum Hope denn arbeiten müsse, um sich sein Vertrauen zu verdienen.
Ich habe eingeworfen, dass man sich Vertrauen auch anders verdienen kann.
Dass ich damit meinte, besonders Hope MacKenzie trotz alledem freundlicher gegenüberzutreten, habe ich nicht gesagt.
Aber vielleicht sehe ich auch einfach zu sehr das Gute in Menschen.
Genauso gut könnte ich das allerdings über den Marshall, über Francis sagen, denn das Gespräch, das folgte, als Hope MacKenzie und Sindo das Büro verlassen hatten und Allison dazu kam...

Ich weiß nicht mehr, was ich noch denken soll.

Underwood fragte so einige Dinge, zum Beispiel, wie es denn sein könnte, dass Mittäter bei der Entführung noch immer auf freiem Fuß wären, oder warum wir vergessen hätten, bei der Gudri Farm nach Patronenhülsen zu suchen.
Daraufhin versuchte ich mich zu erklären, versuchte ihm klar zu machen, dass ich bei der Entführung von Allison und Miller einfach nur versucht habe, dass niemand stirbt, dass ich alleine die Verantwortung darüber hatte, was geschieht oder was nicht.
Es lag an mir alleine, da ich die Einzige war, die noch dienstfähig war.
Ich habe versucht ihm meine Lage zu erklären, auch dass ich bis jetzt die Einzige war, die wirklich mal vernünftige Akten geschrieben hat, denn die anderen drücken sich bis heute davor, oder, dass ich nun mal wichtige Kleinigkeiten vergessen habe, an die aber auch einer der anderen hätte denken können.
Seit Wochen stehe ich entweder alleine im Büro oder erst gegen Ende der Woche bequemen sich die anderen dann mal dazu, aufzutauchen.

Mittlerweile kommt es mir wirklich so vor, als würde jeder jede Verantwortung auf mich abschieben, damit sie jemanden haben, den sie bepöbeln können, wenn etwas nicht so läuft wie gewollt.

Bestes Beispiel dafür ist noch immer Sheriff Miller, der keine Gelegenheit auslässt, mir klar zu machen, dass er mich als Dep. Marshall, und damit seine Vorgesetzte, nicht akzeptiert.

Aber zurück zu Marshall Underwood, Francis oder wie auch immer.

Ich habe wirklich mal gedacht, er würde irgendwann derjenige werden, der mich von all diesen Leuten in diesem Staat am besten kennt - doch mittlerweile...
Ich glaube, er versucht nicht einmal, mich zu verstehen.

Aber... warum sollte er auch, nicht wahr... ?

Nicht einmal als ich mitten in der Nacht vor seiner Tür stand und mich dazu entschloss, ihm doch nichts von Hope MacKenzies Tagebuch zu erzählen, das auf einem Tisch im Saloon lag, und dass ich lieber mitgenommen habe, bevor es jemandem in die Hände fällt, der es erstrecht nicht haben soll, hat er mich verstanden...

Ich habe ihm mehrfach gesagt, dass ich gerade gar nichts mehr wisse und kann mich noch gut erinnern, wie er meinte, dass ich wirklich anfangen sollte, mit meinem Stern zu denken.

Mittlerweile... Eigentlich will ich das nicht.
Ich will es nicht, weil ich meine Prinzipien habe und die nicht verlieren möchte.

Doch mittlerweile, denke ich, gibt es nur noch drei Möglichkeiten.

⇨ Ich kann meine Prinzipien nicht mit dem vereinbaren, was von mir verlangt wird, und gebe deshalb den Stern auf.

⇨ Ich fange wirklich an, »mit meinem Stern zu denken« und werde so, wie ich niemals werden wollte.

⇨ Ich hoffe darauf, dass sich etwas ändert, dass ich endlich verstanden werde.
Doch wenn ich ehrlich bin, denke ich nicht, dass die letzte Überlegung jemals mehr der Wahrheit entsprechen wird.

Die erste Überlegung jedoch...
Eigentlich kann ich nicht einfach wegwerfen, auf was ich so lange gehofft habe.

Andererseits: Warum sollte ich das nicht oder warum sollte ich nicht einfach anfangen, mit diesem Stern zu denken und mein Herz für alles andere zu verschließen?

Was bringt es mir denn überhaupt, was hat es mir bis jetzt gebracht?!

Genau: Nichts!

Ich habe den Tod meiner Eltern viel zu nahe an mich herangelassen und habe zugelassen, dass mich das bis heute verfolgt.

Und was die Leute hier angeht: Was hat es mir gebracht, zu versuchen, für alle eine Lösung zu finden? Was hat es mir gebracht, jeden verstehen zu wollen?

Richtig: Nichts!

Denn mittlerweile bekomme ich nur noch zu hören, was ich ja alles falsch gemacht habe!

Nicht mal ein einziges „Danke, dass bei der Sache am Krankenhaus niemand gestorben ist."
Nicht ein: „Danke, dass du immer bis spät in die Nacht auf den Beinen bist, um all diese Akten so ausführlich zu schreiben!"
Geschweige denn ein: „Danke, dass du versuchst für jeden eine Lösung zu finden und, selbst wenn sie Mist gebaut haben, noch das Gute in Menschen siehst."

Für nichts von alldem hat sich jemals jemand bedankt!

Wofür bin ich so, wie ich bin, also überhaupt noch da?

Wer soll ich für all diese Menschen sein?

Was soll ich für all diese Menschen sein?

Wer war ich all diese Jahre überhaupt?

Wer bin ich überhaupt noch?

Wenn ich ehrlich sein soll, dann weiß ich es nicht.

Und obwohl ich das alles irgendwo gerne wissen würde, kann es mir egal sein.

Es kann mir egal sein, weil sich doch sowieso niemand wirklich für mich interessiert - es niemals wird...








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