♕Kapitel 1♕

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K A P I T E L  1
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Schweißgebadet richtete Taehyung sich auf, wurde unsanft aus dem nicht wirklich ruhigen Schlaf gerissen. Seine Augen waren vor Schock geweitet, sein Herzschlag raste. Irgendetwas war in seinem Traum passiert und es hatte sich viel zu realistisch angefühlt. Verschwommen waberten die Bilder in Taehyungs Kopf umher. Er erinnerte sich nur noch an die blutroten Augen, die ihm so tief in die Seele geblickt hatten. Gemischte Gefühlen wurden bei Taehyung ausgelöst, als er versuchte, daran zurückzudenken.

Zitternd schlug er seine Arme um den Körper. Ihm war kalt und heiß zugleich. Ein unbekanntes Gefühl durchströmte ihn. War es gut? War es schlecht? Ein Stechen war in seiner Brust zu verspüren ... Und gleichzeitig überkam ihn etwas Wohlfühlendes - so sanft und beruhigend, dass es ihn wieder in den Schlaf wiegen könnte. Taehyung verstand nicht; war diese Empfindung wie zwei gegensätzliche Elemente. Da er nun hellwach war und nicht wieder einschlafen konnte, stand er, kurz nachdem er sich wieder halbwegs beruhigt hatte, auf und schlurfte zum Fenster.

Es war Neumond. Alles war dunkel draußen. Die Sterne funkelten strahlend um die Wette. Dennoch konnte Taehyung sich selbst in der Spiegelung des Fensters wiedererkennen. Die langen, weißen Haare bedeckten sein halbes Gesicht, vollkommen zerzaust und ungerichtet. Die goldenen Augen glänzten müde. Seufzend fuhr er sich über das Gesicht, dachte dabei noch immer über den Traum nach. Ein Albtraum. Sicherlich war es nur ein Albtraum gewesen. Nur wieso nahm ihn dieser dann so sehr mit?

Seufzend griff Taehyung nach einem roten Band, um sich die langen, offenen Haare zusammenzubinden. Vielleicht sollte er einen kleinen Spaziergang draußen machen, um seine aufgewühlten Gefühle zu beruhigen. Er konnte nur hoffen, dass er dabei niemanden von den anderen Mitgliedern der Lichtenritter weckte. Vor Jahren hatten sie ihn einst vor einem Angriff der Nachtgarde gerettet. Auch diese Erinnerung war für Taehyung nur noch vage im Kopf geblieben. Als hätte er all das nicht miterlebt.

Seitdem lebte er im Schutz der Lichtenritter, wurde von ihnen trainiert und ausgebildet. Die Nacht hatte ihm seine Mutter genommen. Und sie würde auch vielen weiteren Unschuldigen das Leben nehmen. Das konnte Taehyung keinesfalls zulassen. Nur deswegen war er entschlossen, der dunklen Seite entgegenzutreten. Er würde sie aufhalten, koste es, was es wolle.

Die kühle Luft wirkte wie Balsam auf Taehyungs Lunge, als er durch die Tür nach draußen trat. Augenblicklich beruhigten sich die vielen Emotionen und Gedanken. Im Moment wirkte alles so friedlich. Fast schon zu friedlich. Wie lange diese Ruhe noch anhalten würde? Taehyung befürchtete fast schon, dass dieser Frieden nur die Ruhe vor dem Sturm war. Dass sein Gefühl damit recht hatte, konnte der junge Mann in dem Moment natürlich noch nicht erahnen.

● ● ●

Am nächsten Morgen wurde Taehyung in die große Halle gerufen.
Das so genannte Hauptquartier der Lichtenritter war verborgen vor der neuen Welt durch eine Art Schutzzauber. So sah man die riesige Burg inmitten eines Sumpfes nicht, wenn man dieser Welt nicht angehörte.

Die Älteste, Cho Nan höchstpersönlich, wartete auf den jungen Mann, den sie vor Jahren aufgenommen und großgezogen hatte. Sie hatte immer ein Auge auf ihn gehabt und dafür gab es auch einen ganz bestimmten Grund.
Leider hatte sie gehofft, diesen noch etwas hinauszögern zu können. Aber die Omen sprachen dagegen.
Als der Weißhaarige in die Halle trat, sah die ältere Dame auf.

»Ah! Taehyung«, begrüßte sie ihn mit ihrer sanften, ruhigen Stimme. »Schön, dass du meiner Einladung gefolgt bist. Ich fürchte nur, der Grund ist kein so erfreulicher«, fuhr sie fort. Ihre Miene wurde sofort ernst, wobei sich die Falten auf ihrer Stirn nur vertieften. Es schien, als sei sie in den letzten drei Tagen rapide gealtert, obwohl sie für ihr Alter noch gar nicht so alt aussah. Auch sie hatte helle Haare, ein schmales Gesicht und strahlend blaue Augen. Ihre Statur wirkte trainiert und gleichzeitig doch so zerbrechlich.

»Taehyung. Du weißt, wir haben dich trainiert. Du weißt, dass du kein gewöhnlicher Ritter des Lichts bist. Normalerweise wird man in diese Welt hineingeboren. Du aber bist in der normalen Welt aufgewachsen. Wir haben dich gefunden und großgezogen«, sprach sie, dabei war das bisher nichts Neues für Taehyung.

»Aber das ist nicht alles von der Geschichte. Wir wussten schon vorher, wer du bist und wir wussten, dass es früher oder später an der Zeit war, dich auszubilden. Deine Mutter … Sie wusste das auch schon. Nun aber sollst du deine Rolle kennen.« Cho Nan erhob sich.

»Bitte. Folge mir und ich offenbare dir die Geheimnisse unserer Welt. Wir sind uns einig: Du bist so weit.«

Ein wenig verwundert sah Taehyung die Älteste an, hatte er doch erwartet, wie jeden Morgen einfach nur zu trainieren. Seit jener Nacht verfolgte ihn dieses unbeschreibliche Gefühl wie ein treuer Begleiter und Taehyung konnte nicht einordnen, was dies zu bedeuten hatte. Und nun wollte Cho Nan mit ihm etwas besprechen, nur worüber? Gab es etwa noch mehr Geheimnisse in dieser Welt? Wundern würde es ihn nicht. Taehyungs Herz zog sich zusammen, ein schlechtes Gefühl breitete sich in ihm aus.
»Was ist es, was du mir zeigen möchtest?«, fragte er vorsichtig. Wollte er die Antwort darauf wirklich erfahren? Einerseits war er neugierig, andererseits fürchtete er sich auch vor der Wahrheit.

Die alte Dame lächelte sanft, doch es schien etwas Besorgtes mit sich zu tragen. Ihre Augen wirkten ungewöhnlich trüb.

»Komm mit, mein Junge«, forderte sie ihn auf und bedeutete dem jungen Mann, ihr zu folgen, ehe sie dann mit ihm gemeinsam durch den langen Gang ging, der an die Halle anschloss.

Viele Gemälde hingen an den hohen, prunkvoll geschmückten Wänden. Sie zeigten Szenen aus der Vergangenheit und ganz am Ende des Ganges hing ein Bild, das den Sieg über den Dunklen König darstellte.

Die vielen Gemälde und Kunstwerke waren für Taehyung nicht neu, auch wenn er nicht oft durch diesen Gang lief. Dennoch erstaunte ihn diese Kunst immer wieder aufs Neue.
So, wie sie durch die Halle schritten, plauderte Cho Nan über die alten Geschichten, doch eher wirkte es so, als würde sie sich davor drücken, Taehyung die Wahrheit zu erzählen. Als sie jedoch vor einem von außen her ziemlich gewöhnlichen Gemälde stehen blieben, wurde Taehyung etwas stutzig.

»Du kennst sicherlich die Geschichten über diesen Krieg. Wie die Lichtenritter mutig dem König die Klinge durch die Brust gebohrt und ihm und seiner tyrannischen Regentschaft ein Ende bereitet haben. Das muss ich dir nicht nochmal erzählen. Aber es wird Zeit für dich, hinter die Szenerie zu schauen«, meinte Cho Nan.

Sie atmete tief aus und schien ein Muster auf dem unteren Teil des Gemäldes zu verfolgen, ehe sich die Steine in der Wand neben dem Gemälde zur Seite schoben und dahinter eine Treppe offenbarten, die in die Dunkelheit führte.

Die Älteste nahm eine Laterne von der Halterung, die sich mit etwas Magie selbst entzündete, und bedeutete ihm, ihr weiter zu folgen. Gemeinsam stiegen sie die Treppen herab, ehe Cho Nan am Ende der Stufen die Laterne wieder wegsteckte und eine große Holztür aufstieß. Zum Vorschein kam eine große Halle, beleuchtet von Dutzenden Fackeln an den Wänden. Alles schien in einem silbrigen Licht zu glitzern, doch der Staub zeigte, wie alt dieser Raum war.

»Das, was du hier siehst, ist das Herzstück unserer Hallen. Hier werden alle Artefakte und Waffen verstaut, die die Ritter des Lichts jemals in die Finger bekommen haben«, erklärte sie dann und schritt mit ihm an einigen merkwürdig aussehenden Dingen vorbei.

»Das hier zum Beispiel«, begann sie und deutete auf eine Vitrine, in der ein spitzer Gegenstand lag - zwei weiße, leicht glühende Stränge, die sich ineinander drehten und spitz zuliefen. »Das ist das letzte Einhorn«, erzählte sie und strich über das silberne Ettikett, welches auf dem Sockel eingraviert war.
»Jedes Artefakt hier hat seine ganz besonderen Fähigkeiten.«

Die alten Relikte waren nicht weniger interessant, ließen den Weißhaarigen staunen.
»Wieso genau zeigst du mir das alles?«, fragte Taehyung vorsichtig nach, wollte er verstehen, worauf die Ältere überhaupt hinaus wollte. Da musste sicherlich mehr dahinterstecken.

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𝐒𝐡𝐚𝐝𝐨𝐰'𝐬 𝐅𝐚𝐭𝐞ᵛᵏᵒᵒᵏ ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt