POV Robin
Es war so unglaublich unglücklich, dass gerade Jack es war, der mich hierunten erwischte. Ja, vielleicht war es nicht die netteste Art mich hier hinein zu schleichen, wenn das Sommerreich gerade angegriffen wird, aber ich hätte hier niemals aufkreuzen können und danach fragen können.
Meine rauschenden Gedanken und Emotionen wurden von der sich öffnenden Tür gestört. Jemand ist Jack oder mir gefolgt. Fuck, jetzt steckten wir beide in Schwierigkeiten. Ich dürfte nicht hier sein und Jack hätte mich nicht am leben lassen sollen. Verzweifelt sah ich in seine grünen leuchtenden Augen und seinen glänzenden Schweiß auf der Stirn. Ich musste hier weg und ich wusste er würde mich passieren lassen, zumindest diese eine Mal.
Mit einem Ruck riss ich die Kette um meinem Hals ab und warf sie dem Blondschopf zu ehe ich die große Kapuze wieder tief in mein Gesicht zog und eins mit der Dunkelheit wurde. Die Schriftrollen fanden ihren rechtmäßigen Platz wieder in der Sekunde, in der Jack die Lederkette mit dem Tropfenförmigen blutroten Anhänger in seine Tasche steckte, schnell genug, sodass der aufkommende Besucher es nicht mitbekommen würde.
POV Nero
Ich versuchte Jack schnellstens zu folgen, aber es war schwerer als gedacht da ich ständig von irgendwelchen besorgten Menschen aufgehalten wurde. Ich versuchte sie so freundlich wie möglich abzuwimmeln, vor allem da es auch meine Pflicht war, da ich ein Repräsentant der Garde war, aber meine Priorität lag gerade beim Anführer der Garde - Jack. Mit festen Schritten bahnte ich mir ein Weg durch die kleine Menschenmasse hin zum Eingang des Schlosses. Die Tür zum geheimen Keller war aufgeschlossen. Ich wusste nicht wie und es ging mich eigentlich auch nichts an aber Jack muss sich irgendwie Zutritt verschafft haben.
Langsam öffnete ich die schweren Türen und trat die massiven Steinstufen hinab und tauchte in die staubigen dunklen Gänge ein. Ich musste nicht weit gehen da ich direkt auf Jack stieß, der etwas zerstreut aussah.
"Jack?" brummte meine tiefe Stimme. "Alles klar?"
Nach etwas zögern nickte er und kam ein paar Schritte auf mich zu. Er erklärte mir, was er hier unten suchte, aber gleichermaßen mahnte er mich, dass ich hier unten ohne eine Genehmigung nichts zu suchen hatte. Ich grummelte nur etwas bestürzt. Natürlich wusste ich das, aber "ich dachte du bist vielleicht verletzt und brauchst Unterstützung oder so" kratzte ich mir am Kopf.
"Man manchmal bist du zu sehr in deinem Posten verkrampft" grummelte ich erneut und lachte es dann aber weg. "Komm jetzt mit langer, wir gehen zu meiner Schwester. Dein Kiefer sieht nicht ganz so gut aus und heute Abend musste du ja wieder vor der ganzen Garde sprechen.
Erst wollte Jack mir nicht so ganz folgen und winkte ab, dass es ja nicht so schlimm sei, aber sein Ansehen als Chef war ihm dann doch wichtiger also folgte er mir. Wir liefen den kurzen Weg über den Stadtplatz und durch das Stadttor nach draußen, wo sich wenige Meter dahinter das Haus von Nana befand. Es stand zwar ganz allein an dem Schotterweg direkt am Feld ohne den Schutz der Stadtmauern genießen zu können, aber die Mutter des Waldes sorgte dafür, dass ihr nichts passierte und sie sicher dort wohnen konnte. Wie auch immer sie das schaffte.
Ich klopfte an der Tür und das Mädchen mit den kurzen schwarzen Haaren und der roten Strähne öffnete Sie.
POV Nana
Ich war überrascht meinen Bruder zu sehen, aber ich freute mich natürlich wie immer und umarmte ihn "Na dicker" ärgerte ich ihn und piekste in seinen Bauch. Zwar trainierte Nero echt viel und er war stark wie ein Bär, aber sein kleines Bäuchlein verlor er nie. Er grunzte nur darauf und dann sah ich, dass Jack auch mit da war. Ich spürte sofort ein leichtes ziehen im Bauch, als er mir zu nickte aber meinem Blick auswich.
"Was führt euch zu mir?" fragte ich schließlich und deutete an, dass die beiden Soldaten reinkommen und sich setzen sollten. Nero machte es sich direkt auf meiner Holzcouch bequem und setzte sich typisch Mann breitbeinig hin mit einem Arm auf der Ecke der Lehne. Jack hingegen blieb im Raum stehen und zeigte seinen Kiefer nachdem Nero erklärte, was passiert war.
Jack saß vor mir auf einem Hocker, damit ich ordentlich an sein Gesicht heran kam. "Was zur Hölle" gab ich von mir als ich die verschiedensten Kräuter in den Steinmörser warf und zusammen mit etwas Creme als Bindemittel eine Salbe herstellte. Dann ging ich zum Leiter der Garde.
"Vorsicht, das wird gleich etwas kalt" warnte ich ihn vor und begann das stark nach lavendel und Minze riechende Medikament auf seiner Wange und seinem Kiefer zu verteilen. Jack war sichtlich angewidert und verzog seinen Mund.
"Hab dich nicht so" lachte Nero tief und aß das Brötchen weiter, welches er aus meinem Schrank geklaut hatte. Unsere Großmutter hatte uns früher Kuhfladen ins Gesicht gerieben, da kommst du hier echt glimpflich davon"
Ich versuchte meine zittrigen Hände und Nervosität zu überspielen und war dann fertig. So nah war ich noch nie an Jacks Gesicht und man könnte klar einige Narben sehen, die sein Gesicht zierten, aber schon gut verblasst waren. Normalerweise fielen Sie so nicht auf.
"Lass das ganze zehn bis zwanzig Minuten drauf, dann ich alles wieder heile" lächelte ich und wusch mir meine Hände.
POV Chris
Ich war etwas überrascht, dass Lu so moderat auf die Geschichte reagierte. "Ey" grummelte ich als ihr Finger gegen meine Stirn knallte. Naja, ich hatte es wohl verdient. "Naja, ich weiß nicht ob das fremdgehen war, weil wir ja nicht zusammen waren" murmelte ich mehr zu mir selbst als zu ihr.
Auf das Angebot mit ihr einen Tee zu trinken ging ich ein, schließlich hatte sie meinem Müll ja gerade zugehört. Ich zündete mir eine Zigarette an, als wir uns auf den Weg zur Taverne machten. Es gab momentan keine Cafes oder ähnliches hier, da die ganzen Menschen dafür fehlten, also konnten wir nur zur Taverne gehen.
"Weißt du" fing ich "ich weiß nicht ob es so eine gute Idee ist mit mir abzuhängen." Auf ihre Verwunderung hin schwieg ich kurz und aschte dann ab. "natürlich bin ich der Arzt aber niemand kann mich außerhalb so wirklich leiden und dementsprechend ist mein Ansehen hier auch" Lu sah mich weiterhin etwas verirrt an also sprach ich deutlicher "Du bist neu hier, die Leute schauen danach, mit wem du unterwegs bist und was du machst. Ich will dich nur davor beschützen, dass du vielleicht 'nen schweren Start hast."
Schließlich fanden wir uns in der Taverne wieder und tranken etwas. Ich bestellte ihr einen Minztee und ich nahm einen Kaffee. Was auch sonst, es war Vormittag und ich musste den Tag noch rumbekommen. Ich sprach mit Lu über alles was hier in letzter Zeit passiert war, wer wer war und auf was sie so achten müsse. Sie machte sich sogar ein paar Notizen.
POV Robin
Man könnte mich für einen Ninja oder eine Assassine halten. In der einen Sekunde stand ich hier, in der nächsten war ich drei Blöcke weiter. Ich bewegte mich in den Schatten und niemand bekam mich mit. Zwar hatte ich nicht, was ich eigentlich haben wollte, aber ich konnte Jack etwas bringen, was er vermutlich gut gebrauchen konnte. Das Blut eines Blutbändigers. Es beschütze ihn, wenn er die Kette trug, davor selber Opfer des Bändigers zu werden.
Auch wenn ich ihn Ewigkeiten nicht gesehen hatte, ich wollte ihn noch immer beschützen. Es haben sich einige Dinge geändert. Würde ich hier leben, würde er über mir stehen. Er steht eng zum König und er wird von Menschen umgarnt.
Mein Plan war ursprünglich, dass ich mir die Schriftrollen krallte und dann wieder in dem Loch verschwinde, wo ich eigentlich herkomme. Aber jetzt, nachdem ich ihn nah gesehen und mit ihm gesprochen habe konnte ich nicht einfach wieder verschwinden.
Natürlich wusste ich wo er wohnte. Ich war schon immer wie ein Falke. Befand mich auf den Spitzen der Dächer und Burgmauern und beobachtete alles von oben. Kurz warf ich einen Blick durch das Fenster. Niemand zuhause. Also nahm ich meine Dietriche und brach in sein Haus ein. Ich setzte meine Kapuze ab aber zog den Schal von unten über meine Nase. Dann sah ich mich flüchtig um. Es war alles noch so wie ich es in Erinnerung hatte. Nur gab es jetzt alles doppelt. Tassen, Kopfkissen, Jacken...
Ich setzte mich im Schneidersitz auf den Tisch in der Küche und wartete darauf, dass mein alter bester Freund durch die Tür kommen würde.