Prolog

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>> Eure Hoheit, Eure Majestät wünscht Euch zu sprechen. <<
Ich verdrehte meine Augen, stand aber vom Schreibtisch auf und ließ den angefangenen Brief in der Schublade verschwinden, öffnete die Tür.
Die Hofdame verbeugte sich und ich ging voran, sie folgte mir.
Ich verließ meinen eigenen Gebäudekomplex, durchquerte ein paar Höfe. Ich hasste es, vor allem mit dieser Kleidung. Vater bestand darauf, dass ich mich für meinen Stand passend kleidete. Aber wieso wollte er mich am späten Abend noch sprechen?
Was wollte Vater jetzt schon wieder von mir? Hatte er nichts Besseres zu tun? Ich dachte, er hätte heute einen besonderen Empfang, wo ich nicht erwünscht war.
Nach gefühlten Stunden erreichte ich seine Räume und ließ mich von seinem Diener ankündigen.
>> Komm rein <<, ertönte seine Stimme und mir wurde die Tür geöffnet. Schon an seiner Stimmlage erkannte ich, dass er nicht freudig gestimmt war.
Ich ging ein paar Schritte und setzte mich erst, als ich dazu aufgefordert wurde.
>> Ihr könnt jetzt gehen <<, sagte er zu seinen Bediensteten, welche sich verbeugten und anschließend den Raum verließen.
>> Hallo Vater <<, begrüßte ich ihn und versuchte es mit einem Lächeln, welches er nur kurz erwiderte. Sofort verblasste auch meines.
>> Ich werde gleich zur Sache kommen, liebe Tochter <<, sagte Vater, betätigte die Schreibtischschublade und holte ein Stück Papier heraus, welches sehr nach meinem Briefpapier aussah. Ich ahnte das Schlimmste.
Aber wie kam er daran? Ich dachte, ich hätte es gut versteckt. Und wieso war er überhaupt in meinen Gemächern gewesen? Obwohl er der König war, war es tabu für einen Mann in das Gemach einer weiblichen Person zu gehen, also ohne Erlaubnis.
Und obwohl ich versuchte, eine neutrale Haltung zu bewahren, durchschaute mich Vater.
>> Wie kannst du es wagen, dich in einen Bürgerlichen zu verlieben? <<
Es war keine Frage, welche ich beantworten sollte.
Automatisch sah ich gen Boden.
>> Zwar ist er mit seinem Unternehmen ein erfolgreicher Mann und ich respektiere seinen Vater, aber er ist dennoch unter deiner Würde. Ich verbiete es dir, dich nochmals mit ihm zu treffen. <<
Seine Stimme war nicht laut geworden, was mir noch mehr Angst machte. Vor allem, wenn ich daran dachte, was ich in dem Brief geschrieben hatte, der sich just in diesem Moment in meiner Schreibtischschublade befand.

9 Monate später
Meine Hebamme, die auch meiner Mutter gedient hatte, übergab mir meine zwei Babys.
Die Nacht war anstrengend gewesen und eigentlich wollte ich jetzt nur noch schlafen. Aber ich durfte mich nicht der Müdigkeit hingeben.
Mühselig stand ich auf.
>> Die Luft ist rein <<, flüsterte mir Ms Cheong Ji Hoon zu, welche die engste Vertraute meiner Mutter gewesen war, und wir machten uns zusammen auf den Weg. Ji Hoon hatte mir auch geholfen, die Schwangerschaft vor Vater zu verheimlichen. Doch nun musste ich den Königspalast endgültig verlassen. Vater würde die Zwillinge niemals akzeptieren.
Rasch huschten wir über den Hof und gingen anschließend auf einem Schleichweg weiter, den ich vor zwei Jahren entdeckt hatte.
Obwohl keine Wachen in Sicht waren, konnte ich von Glück sprechen, dass die Neugeborenen tief und fest schliefen.
Endlich erreichten wir das Tor, wo unser Treffpunkt war. Ji Hoon klopfte einen bestimmten Rhythmus, was ein Erkennungszeichen zwischen ihm und mir war.
Und als nach paar Sekunden der gleiche Rhythmus erwidert wurde, öffnete Ji Hoon die Tür.
Er lächelte mich an und sein Lächeln wurde breiter, als er die zwei Babys sah.
>> Komm, ich helfe dir <<, sagte er und ich übergab eins von ihnen. Dann wandte ich mich wieder meiner Vertrauten zu.
>> Geh zurück in dein Zimmer und lass dich bitte nicht erwischen <<, sagte ich, obwohl sie es nicht hören wollte. Doch schließlich lief sie zurück. Zwar konnte Vater grausam sein, aber er würde seinen Untergebenen niemals Schmerzen zufügen oder ihnen schaden wollen.
Seinen freien Arm legte er um meine Taille und bugsierte mich zum Auto, wo schon der Fahrer wartete. Dieser öffnete mir prompt die Tür und half mir beim Einsteigen. Dann ging er auf die andere Seite und tat dort das Selbe.
Anschließend fuhr er los.

Paar Wochen später
Endlich schliefen Min Won und Min Joon. Vorsichtig durchquerte ich das Zimmer und zog leise die Tür zu, atmete tief durch. Langsam schleppte ich mich durch den Flur, in welchem lauter Bilder von Seong Jae, der der Vater von meinen Zwillingen war, und mir waren.
Anschließend ging ich ins Wohnzimmer, welches mit Fenstern gesäumt war. Für einen Moment genoss ich die Aussicht auf ganz Seoul. Dann wandte ich mich zum Sofa.
Erschöpft ließ ich mich aufs Sofa fallen und schaltete den Fernseher an und zappte durch. Doch, als ich Vater im Programm sah, konnte ich nicht weiter klicken. Mein ganzer Körper versteifte sich. Seit dem ich aus dem Palast geflohen bin, hatte ich ihn nicht mehr zu Gesicht bekommen.
Nun kam auch Seong Jae hinzu, der, seit ich hier war, von zu Hause aus arbeitete. Sofort bemerkte er, dass es mir nicht gut ging.
>> Was ist los, Liebling? Du bist total blass im Gesicht <<, fragte er besorgt, küsste mir flüchtig auf die Stirn.
Ich konnte nur gen Fernseher zeigen.
Gebannt sah er nun auch Vater dabei zu, wie er ins Mikro sprach.
>> Ich werde bald abdanken. Aber nicht an meine Tochter, die nun nicht mehr zur Familie gehört, sondern an meinem Bruder und später an deren Kinder. << Er machte eine kleine Pause, die lediglich nur Dramatik aufbauen sollte. >> Aber, wenn sie wieder zu Sinnen kommt, werde ich sie mit offenen Armen empfangen. Meine liebe Tochter, ich vermisse dich wirklich sehr. <<
Ich verdrehte meine Augen. Doch seine Worte trafen mich dennoch. Immerhin war er immer noch mein Vater.
Seong Jae zog mich in eine Umarmung und tätschelte mir leicht die Schulter.

The Missing BloodlineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt