11 - Choi Ji Hye

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>> Komm schon, Ji Hye. Du brauchst echt mal Ablenkung von der Arbeit <<, lag mir Ha Na in den Ohren, wobei sie ja nicht mal unrecht hatte. >> Du musste ja niemanden aufreißen oder so. Nur ein bisschen tanzen und Spaß haben. <<
>> Ist ja schon gut. Du hast mich überredet <<, gab ich nach und wollte schon Richtung Tür gehen, doch Ha Na hielt mich auf.
>> Aber nicht in diesem Outfit, mein Lieber <<, erwiderte Ha Na und musterte mich von oben bis unten.
>> Was ist mit meinen Klamotten, Ha Na? <<, sagte ich.
>> Dein Ernst? << Sie umklammerte mein Handgelenk und schleppte mich zu meinem Kleiderschrank.
>> Ich such dir was raus <<, sagte Ha Na.
Nach kurzer Zeit hatte sie meinen Kleiderschrank auf dem Kopf gestellt und zog Klamotten aus der tiefsten Ecke hervor, streckte sie mir entgegen. Auf Anhieb erkannte ich die Kleidungsstücke, die ich des Öfteren anhatte, als wir als Jugendliche feiern gegangen waren.
>> Ich weiß nicht mal, ob mir das noch passt <<, meinte ich.
>> Ach, komm. <<
Widerwillig zog ich das Outfit an und ja, es passte mir immer noch. Ich wusste nicht, ob ich das positiv oder negativ fand.
Schließlich machten wir uns auf den Weg nach Itaewon. Und dort angekommen, schleifte sie mich in unseren Stamm-Gay-Club.
Der Türsteher winkte uns, oder vielmehr mich, mit einem Zwinkern rein.
Die Bar war in einem gedimmten pink-blauen Licht umhüllt, es roch nach Alkohol und Schweiß.
Mein erstes Ziel war die Bar, wo ich mir einen Cocktail bestellte. Der Barkeeper nickte und als er mir das Glas gab, streifte seine Hand meine; ein bisschen zu lange.
Ha Na bemerkte dies und grinste. Sofort nahm ich einen Schluck, hoffte, dass ich dadurch etwas lockerer wurde. Doch aus einem Schluck wurden über drei Gläser. Erst jetzt schaltete sich langsam mein Kopf aus und ich traute mich auf die Tanzfläche, wo mich augenblicklich ein Typ antanzte. Und ich konnte nicht leugnen, dass er attraktiv war. Es dauerte nicht lange, bis wir uns küssten. Und wir tanzten bis tief in die Nacht.
Irgendwann verließen der Typ, der sich als Hyuk vorgestellt hatte, und ich den Club und fuhren zu mir nach Hause. Dort duschten wir als erstes zusammen und tranken danach nochmals was, wobei wir uns hin und wieder küssten. Schlussendlich gingen wir in mein Schlafzimmer, küssten uns, zogen uns gegenseitig aus und schliefen miteinander.

Als ich aufwachte, war Hyuk bereits verschwunden. Es wunderte mich nicht; viele wollten nur einen One Night Stand. Mir ging es in letzter Zeit nicht anders.
Ich schleppte mich in die Küche, wo ich mir eine Kopfschmerztablette auflöste. Während ich wartete, klingelte plötzlich mein Smartphone. Abermals ging ins Schlafzimmer, sah auf das Display; Ha Na.
Ich nahm den Anruf entgegen und meldete mich mit einem "Hallo".
>> Guten Morgen, du Chameur <<, begrüßte sie mich. >> Wie war die restliche Nacht? <<
>> Uff. Ich erinnere mich nur daran, dass ich mit diesem Typen geschlafen habe. <<
>> Passt doch <<, erwiderte Ha Na. >> Schon was gefrühstückt? Wir könnten brunchen. <<
>> Können wir. <<
>> Zwölf Uhr? <<
>> Ja, passt. <<
Dann legte ich auf. Mehr Details brauchten wir nicht, weil wir seit Jahren den gleichen Laden aufsuchten.

Am Montag starrte ich im Büro eigentlich nur vor mich hin. Irgendetwas war in meinem Kopf, irgendeine Erinnerung, die ich nicht fassen konnte. Und ich hatte so ein Gefühl, sie hatte mit dem Fall und der Uni zu tun. Aber ich konnte es nicht fassen; es frustrierte mich.
Deswegen ging ich in die kleine Küche, schnappte mir eine Tasse und wartete darauf, dass Yu Mis Kaffee fertig war.
>> Alles okay bei dir? <<, fragte Yu Mi, runzelte ihre Stirn.
Eigentlich wollte ich sie nicht anlügen, aber ich wollte mich auch nicht erklären, also zuckte ich nur mit den Schultern. Obwohl sie mir noch immer besorgte Blicke zuwarf, fragte sie nicht weiter nach, nahm ihre Tasse und ging wieder zu ihrem Schreibtisch.
Anschließend ließ ich mir einen Kaffee raus, rätselte weiter, rekonstruierte den Ablauf von Freitag; ich war im Büro gewesen und musste nochmals zur Uni, da wir beim ersten Besuch Mr Hwang und Mr Wang auffinden konnten. Und auf dem Weg vom Parkplatz bis zum Eingang war mir jemand entgegen gekommen.
Und dieser junge Student, vielleicht so fünf Jahre jünger als ich... das Gesicht kam mir so bekannt vor. Aber woher? Irgendjemand glich ihm. Aber wem? Wieso kam ich nicht drauf?
Ich müsste ihn nochmals sehen.

The Missing BloodlineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt