Tränen fließen über meine Wangen und herzzerreißende Schluchzer rütteln an meinem Körper.
Ich fühle mich einsam. Und leer. Und innerlich ausgerottet.
Marlo ist weg. Er ist einfach mit Platsch verschwunden und hat mich zurückgelassen. Auch wenn er denkt, das Richtige zu tun, fühlt sich seine Entscheidung wie Hochverrat an.
Wir hätten mit Nerina sprechen können. Für eine gemeinsame Zukunft kämpfen können. Zusammen!
Aber Marlo hat aufgegeben. Noch bevor er das Schlachtfeld überhaupt betreten hat.
„Da vorne ist sie!" Irgendwo in der Ferne höre ich eine Stimme. Sie kommt mir seltsam vertraut vor, doch die vielen Tränen verschleiern mein Hirn und machen es mir unmöglich, der Stimme ein Gesicht zuzuordnen.
Ich möchte keine Gesellschaft haben. Nur, wenn es Marlo ist.
Ich kehre der vertrauten Stimme den Rücken zu und schließe meine Augen. Meine Beine ziehe ich ganz nah an meinen Körper, damit ich mein tränenüberströmtes Gesicht darauf betten kann.
Es tut so weh. So verdammt weh!
„Frankie ...", dringt mein Name wie durch Watte gedämpft zu meinen Ohren hindurch. Ich weigere mich, die Augen zu öffnen, spüre aber trotzdem die Anwesenheit von mehreren Gegenständen.
„Geht weg!", murmele ich erschöpft.
Ich will niemanden sehen. Und auch niemanden hören. Und mit niemandem sprechen.
Mein Wunsch wird nicht respektiert, denn jemand hockt sich neben mich auf den Boden. Als sich nur wenige Sekunden später flauschige Stofftentakel um meinen Körper schlingen, ist klar, wer der Übeltäter ist: Mister Krakenstein.
„Geh ... Geh weg!", versuche ich es erneut. Am Ende bricht meine Stimme und wird von kläglichen Schluchzern davongetragen.
Statt meinen Befehl zu befolgen, drückt mich Mister Krakenstein vorsichtig an seinen Plüschkörper und streichelt mir über den Rücken. Ohne etwas zu sagen, zeigt er mir, dass er für mich da ist. So, wie es sich für treue, loyale Freunde gehört.
„Wir werden ihn auch schrecklich vermissen, Frankie!" Es ist nicht Mister Krakensteins Stimme, die ein Messer in meinem Herzen versenkt, sondern Licht-Luigis.
Langsam öffne ich meine Augen und erstarre, als ich sehe, wer sich alles um mich herum versammelt hat.
Mister Krakenstein sitzt neben mir und bietet mir mit seinen Tentakeln Schutz und Halt. Direkt vor mir haben sich Licht-Luigi, Pack-Paul, Bade-Berta und Gary-Glossi auf den Boden gehockt. Sie alle versuchen sich an einem aufmunternden Lächeln, scheitern allerdings kläglich.
Etwas weiter in der Ferne erkenne ich unzählige, bunte Gegenstände. Wenn mich nicht alles täuscht, sind das die Bewohner dieser Insel. Sachen, die ich in der Vergangenheit verloren habe.
Jeder einzelne verlorene Schatz ist hier. Bei mir. Damit ich nicht allein bin.
„Marlo weiß, was er tut", behauptet nun Pack-Paul. „Seine Zeit ist gekommen, um zu gehen." Der Rucksack streckt versöhnlich seine Hand nach mir aus und platziert sie tröstend auf meinem Knie.
Trotz unserer Differenzen rechne ich es ihm hoch an, dass er mir in diesem schwierigen Moment zur Seite steht.
„Marlo war schon immer anders als wir", reißt Bade-Berta das Wort an sich, „weil du ihn damals mithilfe deiner Fantasie erschaffen hast. Die Insel der verlorenen Schätze war sowieso nur ein Übergangsort für ihn."
Ich merke, wie mein Herz langsamer schlägt und die Tränen versiegen. „Wie ... Wie meinst du das?", hake ich leise nach.
„Wenn Marlo ausgelöscht wird, fließt seine Fantasie zurück in einen riesigen Kosmos", erklärt mir die Quietscheente. „Seine Fantasie steht dann wieder anderen Menschen zur Verfügung."
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Die Insel der verlorenen Schätze
FantasySeit Frankie ein kleines Mädchen ist, liebt sie die Legende von der Insel der verlorenen Schätze. Laut Erzählungen landen dort all die Dinge, die im Laufe der Zeit verloren gegangen sind. Eines Tages wacht Frankie auf genau dieser Insel auf. Unterkü...