Kapitel 8 - Teil 2

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Es roch unangenehm nach unerträglichem und höchstwahrscheinlich immer noch hochprozentigem Alkohol, was weder meine Nase noch meine Lunge begrüßte. Ich sah Marleen an, die es auch zu riechen schien, aber offenbar störte es sie nicht, eher im Gegenteil. Sie nahm mich an der Hand und lief schnurstracks auf die Bar zu, die jetzt durch die roten Lichter erhellt wurde. Ein Scheinwerfer oder was weiß ich was wechselte alle zehn Sekunden - ja, ich hatte tatsächlich mitgezählt - die Farbe, was mir in den Augen wehtat.

Herrgott, man konnte es ja auch übertreiben! Reichte nicht ein normales Licht oder wenn überhaupt nur eine Farbe? Da konnte man ja tagelang danach nichts mehr sehen! Auch die Musik war für meinen Geschmack viel zu laut und die Bässe ließen schon von meinem Gefühl her den Boden vibrieren. Oh je, worauf hatte ich mich da nur eingelassen?

Auf dem scheinbar ewigen Weg zur Bar blieb ich schon beinahe mit meinem Absatz in den Holzdielen stecken. Hohe Schuhe und Dielen, keine gute Idee. Jetzt reiß dich gefälligst mal zusammen, so schlimm ist es nun auch wieder nicht! Es ist nur eine Party!

Ja, aber für mich war das Ganze einfach nichts!

Willst du ewig die brave Amy-Linn Sanchez spielen? Jetzt vergiss alle Sorgen und entspann dich.

Oh ja, genau, innere Stimme. Ich entspannte mich ja auch unnormal bei lauter Musik und vollgesoffenen Jugendlichen um mich herum!

Seufzend kamen wir an der Bar an. Ein Junge, der meinem Geschmack nach zu viel Anabolika zu sich nahm, grinste uns an und schrie, um die Musik zu übertönen.

„Was wollt ihr denn haben?", brüllte er und mixte gerade irgendetwas für das Mädchen neben uns. Mar sah mich fragend an.

„Zwei Bier", schrie ich, weil mir nichts anderes auf die Schnelle einfiel.

„Alles klar, Geduld noch!"

Bis er uns das Bier brachte, setzten wir uns auf einen Barhocker. Ich stützte meinen Kopf in die Hände und wartete. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Marleen mich betrachtete.

Vorsichtig beugte sie sich zu mir herüber. „Entspann dich mal", schrie sie mir ins Ohr. „Du siehst so gelangweilt aus."

Genervt rollte ich mit den Augen und grinste ihr mit meinem falschen Ja-ja-du-mich-auch Grinsen an. Da kam dann auch schon der Junge mit dem Bier.

„Hier, zwei Bier für die Ladies!" Lächelnd nahm ich mein Bier entgegen und drehte meinen Hocker in die andere Richtung, um die Masse zu beobachten.

Alle tanzten wild und schienen sich prächtig zu amüsieren, außer mir. Jeder tanzte mit jedem, jeder schmiegte sich an jeden, jeder knutschte - ihgitt - mit jedem. Himmel.

Ich merkte, wie Marleen ungeduldig mit ihren Fingerkuppen auf dem Tresen trommelte und sich umsah.

„Wenn du tanzen willst, geh ruhig", sagte ich und lächelte ihr entgegen. Nur weil ich ein Partymuffel war, hieß das ja nicht, dass sie sich wegen mir langweilen musste.

„Bist du sicher? Ich will ja nicht, dass du mir verloren gehst."

„Ist schon okay. Ich werde mich nicht betrinken, dann kann ich später fahren und du kannst meinetwegen die Sau rauslassen. Lass aber den Ton deines Handys an, damit ich dich erreiche!" Grinsend gab sie mir einen Kuss auf die Wange und rief „Danke!", während sie auf die Menge zulief und von ihr verschluckt wurde. Ein Teil von mir sagte, dass sie Ethan suchen wird. Ich hatte echt das Gefühl, dass er sie verrückt machte.

Innerlich kichernd überlegte ich, ob ich nicht auch tanzen sollte. Immerhin konnte ich ja nicht die ganze Nacht hier dumm und wie bestellt und nicht abgeholt herum sitzen. Und früher gehen konnte ich auch nicht, weil ich Marleen fahren musste, die sicherlich die ganze Nacht hier bleiben wollte, also musste ich irgendetwas tun. Okay, ich tat ja etwas. Ich trank ein Bier.

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