Kapitel 11

113 5 0
                                    

Maddie

Knapp eine Woche, nachdem wir aus Köln zurückgekommen sind, sind wir seit langem endlich mal wieder zusammen im Downstairs. Es ist Freitag und um uns herum herrscht aufgeregtes Treiben, weil ein wichtiger Termin ansteht.
Morgen, am Samstagabend, wird Felix hier ein Halbsolo spielen, zusammen mit einem anderen Comedian, dessen Name mir leider entfallen ist.
So viel Trubel habe ich lang nicht mehr erlebt. Ständig rauscht irgendjemand an mir vorbei und zwar deutlich schneller, als es meiner Meinung nach sein müsste. Und jeder, wirklich jeder in diesem Club ruft alle 20 Sekunden Felix' Namen.
Genau deshalb halte ich mich so gut es geht im Hintergrund. Ich achte darauf, nicht im Weg herumzustehen und Felix vor allem nicht auf die Nerven zu gehen. Er hat gerade mehr als genug um die Ohren.

Gerade sitze ich in der letzten Reihe des Kellerraums, wo außer mir gerade mal ausnahmsweise niemand ist, und tippe auf meinem Handy herum, als ich plötzlich ein Geräusch neben mir höre, gefolgt von einer weiblich klingenden Stimme.
„Hey."
Ich hebe den Blick und stecke mein Handy automatisch in meine Hosentasche. Als ich im Scheinwerferlicht erkenne, wer sich gerade neben mich gesetzt hat, muss ich mich mich stark zusammenreißen, um nicht genervt aufzustöhnen.
Es ist Sabrina.
Sie besitzt tatsächlich die Frechheit, sich zu mir zu setzen und mich dann auch noch anzusprechen!
Dennoch versuche ich erstmal, mir nichts anmerken zu lassen und spiegele ihr gespieltes Grinsen mindestens doppelt so falsch zurück.
„Hey. Sabrina, oder?" Ich tue so, als sei ich mir nicht mehr ganz sicher, ob sie wirklich so heißt, und sie nickt schnell.
„Ja, genau." Wieder dieses falsche Lächeln, für das ich ihr am liebsten die Zähne ausschlagen würde.
„Was machst du denn so alleine hier unten? Willst du nicht mit nach oben an die Bar kommen? Du warst lange nicht mehr bei uns."
Weil ich generell schon lange nicht mehr im Club war, du dumme Nuss.
So sehr ich es auch versuche, ich kann die Fassade der gespielten Freundlichkeit nicht mehr aufrechterhalten. Mir entfährt ein helles, halbironisches Lachen und ich mustere sie von oben bis unten.
„Warum sollte ich auch?", frage ich spitz. Etwas an ihrem Gesichtsausdruck sagt mir, dass sie mit einer solchen Reaktion nicht gerechnet hat, und genau deshalb gehe ich voll rein.
„Etwa, damit du mir wieder erzählen kannst, wie ach so begehrt Felix ist und wie viele Angebote", ich lege so viel Abfälligkeit in dieses Wort, wie ich nur kann, „sich in seinem Nachrichtenpostfach tummeln?"
Sabrina starrt mich mit weit aufgerissenen Augen an. Offensichtlich hat sie absolut nicht damit gerechnet, dass ich sie sofort konfrontiere.
Und genau deswegen war es die richtige Entscheidung, wie ich jetzt feststelle.
„Ich... so war das nicht gemeint, ich... also, tut mir leid, wenn du das falsch aufgefasst hast, aber -"
„Was soll ich denn da falsch aufgefasst haben?" Ich lasse sie gar nicht zu Wort kommen, denn jetzt komme ich erst richtig in Fahrt. Mit einem spöttischen Grinsen im Gesicht recke ich provozierend das Kinn vor. „Sag schon, hast du ihm auch schon mal geschrieben? Vielleicht sogar letzte Nacht, hm?"
Ich ziehe eine Grimasse und tue so, als wäre ich eine von ihnen. Meine Stimme wird automatisch höher und klingt im nächsten Moment deutlich anbiedernder.
„Oh Felix, ich bin so einsam, ich brauche jetzt jemand Starkes zum Anlehnen. Ich weiß, du bist verheiratet, aber das interessiert mich nicht - wobei, nein, eigentlich reizt es mich sogar, also komm doch endlich vorbei und fick mich endli -"
„Das reicht."
Der scharfe Unterton in ihrer Stimme sorgt dafür, dass ich automatisch innehalte, obwohl ich das eigentlich nicht will. Sie funkelt mich böse an, kommt ein kleines bisschen Näher und streckt drohend einen Zeigefinger in meine Richtung aus.
„Du kleine Schlampe hörst mir jetzt mal zu, verstanden? Ich habe Felix gar nichts geschrieben. Sowas habe ich doch gar nicht nötig!"
Sie lacht, hell und schallend, aber es klingt alles andere als ehrlich. „So einen aufgeblasenen Kerl mit einem Ego bis zum Mond? Bestimmt nicht."
Ihre Lippen verziehen sich zu einem diabolischen Grinsen und ich merke, wie mein Herz eine Etage tiefer rutscht.
Irgendwie verläuft das hier ganz und gar nicht nach Plan. Ich sollte doch diejenige sein, die sie einschüchtert und danach für alle Zeit in den Wind schießt - nicht andersrum!
Amüsiert mustert Sabrina mich, bevor sie fortfährt. Ihre Stimme ist nur noch ein Zischen.
„Ich weiß aber aus sehr sicherer Quelle, dass es ihm an Angeboten definitiv nicht mangelt. Und wenn man meinen Leuten glauben darf - und das tue ich zu einhundert Prozent - zögert er auch nicht, den Damen auch mal zu antworten, wenn sie ihm gefallen."
Sie wirft mir ein Zwinkern zu, das mir eine Gänsehaut bereitet.
„Ich glaube dir kein Wort", erwidere ich steif. Sabrina lacht und steht auf.
„Das war mir klar. Dann verschließ halt deine Augen vor der Wahrheit, wenn dich das glücklich macht." Sie zuckt teilnahmslos mit den Achseln und lacht so glockenhell auf, dass ich beinahe Angst bekomme.
„Ich kann dir die Chatverläufe zeigen, wenn du willst. Es gibt Beweise."
Allmählich merke ich, wie Wut in mir hochsteigt. Erst jetzt erhebe ich mich ebenfalls von meinem Platz und baue mich vor ihr auf.
„Nachrichten fälschen kann jedes Kind", zische ich und bemühe mich dabei, so bedrohlich zu klingen, wie ich kann. Doch Sabrina hat auch dafür nicht mehr als ein Lachen übrig.
Sie winkt ab und dreht sich in Richtung Ausgang, doch bevor sie den Raum verlässt, wirft sie mir einen verheißungsvollen Blick über ihre Schulter zu.
„So unschuldig und naiv wäre ich auch nochmal gerne", säuselt sie gefolgt von einem theatralisch klingenden Seufzen.
Im nächsten Moment ist sie verschwunden.

Happily (Heavenly #3) (Felix Lobrecht)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt