Kapitel 9

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Felix

Es ist Sonntagmittag, als wir uns auf den Heimweg machen. Diesmal ist uns der Abschied  deutlich schwerer gefallen als beim letzten Mal. Unser letztes Treffen mit Kim und Jonas war an Silvester gewesen, und damals hatte es wirklich Sushi und Aperol gegeben, was diesmal ja nichts als eine falsche Fährte und ein leeres Versprechen geblieben ist.
Ich muss grinsen, während ich mit 260 km/h über die Autobahn fahre. Die ganze Straße ist frei, was mich öfter, als man zugeben sollte dazu animiert, die PS meines Autos voll auszukosten.
Automatisch lege ich meine rechte Hand in die Mittelkonsole. Maddie reagiert sofort und legt ihre Hand auf meine. Unsere Finger verschränken sich miteinander und ich lächele sie zufrieden von der Seite an.
Als wir heute Nacht nachhause gekommen sind, hatte ich tatsächlich kurz Angst, sie könnte mir meinen Unmut über diese gottverdammte SMS angemerkt haben, aber wahrscheinlich habe ich mich einfach geirrt. Und nur wenige Sekunden später waren wir dann ja auch schon so beschäftigt gewesen, dass a die SMS nicht mehr zu denken gewesen war.
„Ohhhh, ich liebe diesen Song!", ruft Maddie plötzlich und dreht die Lautstärke höher.
„Kein Wunder", antworte ich unbeeindruckt und schenke ihr ein neckendes Grinsen von der Seite. „Ist ja auch deine Playlist."
Maddie lacht ebenfalls, legt sich aber sofort einen Finger an den Mund. „Ich will das hören", sagt sie bestimmt und lächelt mich dabei so engelsgleich an, dass ich es im Traum nicht wagen würde, noch ein einziges Wort zu sagen.

and in the blink of a crinkling eye, I'm sinkin' our fingers entwined
cheeks pink in the twinklin' lights, tell me 'bout the first time you saw me
I'll drink what you think and I'm high from smokin' your jokes all damn night
the brink of a wrinkle in time, bittersweet sixteen suddenly...

Maddie quetscht meine Hand ein wenig fester und strahlt mich breit an. Sofort erwidere ich ihren Händedruck und ihr Lächeln.
So glücklich, wie sie in diesem Moment aussieht, kann ich meinen Blick kaum von ihr nehmen. Zum Glück sind weit und breit keine anderen Autos zu sehen, sodass ich es mir ein paar Sekunden lang erlauben kann, nur meiner Frau in die Augen zu sehen.
„Ich liebe dich", flüstert sie und wieder muss ich grinsen.
„Ich dich auch, Babe."
Sanft führe ich unsere verschränkten Hände an meinen Mund und gebe ihr einen Kuss auf den Handrücken, der ihr ein leises Kichern entlockt.
Als wir unsere Hände wieder sinken lassen, fällt mein Blick auf den Ehering an meiner rechten Hand. Es sind nur ein paar Sekunden, aber sie reichen, um mich sofort wieder an die anonyme SMS denken lassen.
Mir entfährt ein Seufzen, von dem ich eigentlich dachte, es wäre leise genug, um nicht aufzufallen, aber es versetzt Maddie sofort in Alarmbereitschaft.
Sie setzt sich ein wenig aufrechter hin und sieht mich durchdringend an.

„Ist alles okay, Felix?", fragt sie vorsichtig.
Ich muss ein Seufzen unterdrücken. Scheinbar ist es mir unmöglich, irgendwas vor ihr geheim zu halten, was an sich zwar gut ist, aber in der Situation, in der wir uns gerade befinden - mit über 200 Sachen auf der Autobahn - ist es nicht unbedingt optimal.
Trotzdem beschließe ich, das, was mich aktuell beschäftigt, erstmal zu überspielen. Ich räuspere mich kurz, um Zeit zu gewinnen.
„Was soll denn nicht okay sein?"
Maddie entfährt ein leises Seufzen. Kurz denke ich, sowas wie Frustration darin hören zu können.
„Ich weiß es doch auch nicht. Ich meine, es ist nur so ein Gefühl, weil... ach, gestern Abend, da hast du irgendwie so... komisch gewirkt." Sie beäugt mich kritisch von der Seite.
„Erst dachte ich, es sei nur der Stress vom Einkaufen und im-Hotelzimmer-den-perfekten-Kartoffelsalat-machen..."
„Der war aber auch wirklich lecker", unterbreche ich sie und lächele sie schief an, doch sie lässt sich nicht davon beirren.
„Aber dann, als wir nach der Party ins Zimmer gegangen sind, war dieses komische Bauchgefühl immer noch da", gibt sie kleinlaut zu und ich schmelze beinahe dahin.
Verdammt, sie ist so feinfühlig und aufmerksam, dass ihr selbst die kleinste Veränderung an meinem Verhalten nicht entgeht. Da ist es nicht gerade fair von ihr, wenn ich ihr die SMS - und vor allem den Inhalt davon - noch länger vorenthalte. Andererseits...

Happily (Heavenly #3) (Felix Lobrecht)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt