Kapitel 27

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Ich weiß nicht, was ich noch machen soll, Maddie.
Ich weiß nicht, was ich noch machen soll, Maddie.
Ich weiß nicht, was ich noch machen soll, Maddie.

Obwohl Felix wirklich kein bisschen nachtragend ist und alles dafür tut, um mir das zu beweisen, kann ich nicht aufhören, an diesen Satz zu denken.
Er läuft in Dauerschleife in meinem Kopf ab, bis die Wörter sich nicht mehr wie richtige Wörter anfühlen.
Aus seinem Mund klang mein Name wie ein Flehen.
Der Schmerz, die Verzweiflung, die Anstrengung, die es ihn gekostet haben muss, nicht auszuflippen - all das hängt mir auch Tage später immer noch nach.
Gleichzeitig bin ich ihm mehr als nur ein bisschen dankbar dafür, dass er mir so schnell verziehen hat. Dass er mir kein schlechtes Gewissen macht.
Wir wissen beide, dass das, was ich getan habe, absolut nicht in Ordnung war, aber Felix ist Profi darin, Dinge so anzunehmen, wie sie sind und keine größere Sache daraus zu machen als unbedingt notwendig.
Es war ein Fehler, kein Trennungsgrund. Dass ich zu weit gegangen bin, muss Felix mir nicht extra sagen. Ich habe mich so tief in der Vorstellung verloren, was passieren würde, wenn Felix sich mit ihr treffen würde, dass ich darüber hinweg ganz vergessen habe, dass das niemals passieren würde.
Er ist nicht so. Nicht mehr.
Wenn man einmal weiß, dass der eigene Partner in seiner Vergangenheit Seitensprünge mit anderen Frauen hatte - auch, wenn das viele, viele Jahre her ist und lange, bevor wir uns überhaupt kannten - macht das Dinge mit einem, die man sich nicht vorstellen kann.
Man wird wahnsinnig. Man schafft es, sich selbst von der schlimmstmöglichen Option zu überzeugen, sodass man dabei ganz vergisst, dass das nichts mehr mit der Realität zu tun hat.

All das - und noch viel mehr - habe ich während intensiven und teilweise sehr emotionalen Sitzungen mit meiner Therapeutin herausgefunden.
Eigentlich hatte ich gedacht, dass es mir bei ihr am schwersten fallen würde, meinen Fehler zuzugeben, aber da ich sowohl von Kim als auch von Felix jeweils schon den Anschiss kassiert habe, den ich verdiene, fiel es mir bei Frau Dr. Seidlinger tatsächlich vergleichsweise leicht, von meiner Nachricht und der anschließenden Blockierung zu erzählen.
Sie hat mir sehr aufmerksam zugehört und danach haben wir gemeinsam versucht, herauszufinden, warum ich so gehandelt habe, wie ich gehandelt habe.
Was mich an den Nachrichten so beschäftigt hat. Wovor ich Angst habe. Und wie viel davon im Endeffekt objektiv betrachtet eigentlich unbegründet war.
Am Ende der letzten Sitzung habe ich meine Therapeutin vorsichtig gefragt, ob es eventuell möglich wäre, dass ich meinen Mann einmalig zu einer Sitzung mitbringen kann.
Sie hat nur gelächelt und ein wenig traurig den Kopf geschüttelt. „Leider biete ich keine Paartherapie-Sitzungen an, Frau Lobrecht. Aber ich gebe Ihnen gerne mal die Karte von einem meiner Kollegen mit. Er ist auf Paartherapie spezialisiert und hat jahrelange Erfahrung auf dem Gebiet.
Wenn Sie möchten, kann ich ihn auch vorab anrufen und Sie und Ihr Anliegen vorstellen."
Die Karte habe ich mitgenommen, ihren Vorschlag aber dankend abgelehnt. Allein, die Frage zu stellen, hat mich einiges an Überwindung gekostet.
Dass Felix und ich unser Vorhaben - oder, wenn man ganz ehrlich ist, sein Vorhaben -  nicht bei ihr umsetzen können, ist schade, bedeutet aber nicht das Ende der Welt. Natürlich gibt es sicherlich mehr als genug Paartherapeuten und Therapeutinnen in Berlin, aber ich würde mich vorher gern selbst informieren, anstatt Frau Dr. Seidlinger direkt bei ihrem Kollegen anrufen zu lassen.
Und dann muss Felix natürlich damit einverstanden sein, dass wir uns nochmal ganz neu orientieren, anstatt zu meiner Stammtherapeutin zu gehen.

Ich weiß nicht, was ich noch machen soll, Maddie.

Immer, wenn ich an diesen Satz denke , was ich öfter, tue, als mir lieb ist, spüre ich einen kleinen Stich im Herzen.
Aber es hat auch eine positive Seite. Nämlich, dass ich an Alyssa und all die anderen Nachrichten, die in Felix' Postfächern schlummern, keinen einzigen Gedanken mehr verschwende.
An meiner Impulsivität und meiner grundlosen Eifersucht muss ich arbeiten, aber wer welche Nachrichten mit welcher Formulierung schreiben könnte, ist mir seit dem Gespräch mit Felix tatsächlich herzlich egal und ich könnte nicht glücklicher darüber sein.
Bis er mich an einem Samstagmittag auf einmal fragt, ob ich ihn abends spontan ins „Downstairs" begleiten möchte. Und ich somit automatisch wieder an Sabrina denken muss.

Happily (Heavenly #3) (Felix Lobrecht)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt