18. Kapitel

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"Tayrenia Stone. Für mich wurde ein Zimmer gebucht." Resigniert stand ich vor der Rezeption.

"Ah, Miss Stone, wie wundervoll", zwitscherte der Rezeptionist. Er war ungefähr so groß wie ich, hatte wasserstoffblondes Haar, sehr, seeeehr volle Lippen (wahrscheinlich OP) und ich war mir sicher, dass seine Wimpern getuscht waren. Aber er hatte ein aufrichtiges, warmes Lächeln, bei dem mir irgendwie sofort wohler wurde.

"Schweren Tag gehabt?", fragte er einfühlsam. Er war wirklich symphatisch...

"Nein, nein", wiegelte ich ab. Ich wollte hier nicht die reiche Heulsuse abgeben.

"Gut, dann ist das dein Schlüssel. Hier befindet sich das Restaurant...", während er mir erklärte, wie ich mich im Hotel zurecht fand, ließ ich meinen Blick schweifen und konnte es nicht fassen, dass ich tatsächlich hier war. Diese Anlage war unfassbar riesig.

Vielleicht hatte ich ja Glück und fand Timothy gar nicht erst. Obwohl das Glück echt nicht wirklich präsent gewesen war die letzten drei Wochen...

"Und dann wünsche ich dir einen hervorragenden Aufenthalt. Falls du etwas brauchst, gib Bescheid. Ich bin so gut wie immer hier." Er strahlte mich an.

"Danke, wirklich sehr freundlich", meinte ich und machte mich auf den Weg zu meinem Zimmer. Die Koffer wurden natürlich schon dort hin gebracht ... Nicht, dass doch noch heimlich abhaute. Ich würde ja niemals ohne meine sexy Bikini's das Weite suchen... Ich schnaubte genervt.

Nachdem ich auf meinem Zimmer war und mich meine eigene Einsamkeit und Trostlosigkeit angeödet hatten, begab ich mich auf einen kleinen Streifzug durch das Hotel.

Im Fahrstuhl stieg eine Frau mit Putzkleidung ein. Sie betätigte mit einer Karte einen Knopf, der in den Keller führte.

Ich weiß nicht, was mich geritten hat, aber als sich die Türen im Erdgeschoss leise öffneten um mich herauszulassen, rührte ich mich nicht vom Fleck. Als die Putzfrau mich komisch von der Seite anschaute, lachte ich gekünstelt: "Ich hab noch was im Zimmer vergessen. Ich muss nochmal hoch." Eine Schauspielerin war an mir definitv nicht verloren gegangen, so viel stand fest.

Sie nickte irritiert und als wir im Keller ankamen, stieg sie schnell aus und verschwand nach rechts.

Hier unten war es angenehm kühl und es roch nach Waschmittel.

Vorsichtig lugte ich aus dem Fahrstuhl. Nach links und rechts führten zwei lange Gänge, die irgendwann abknickten und von denen viele Türen abgingen. Von der Putzfrau war nichts mehr zu sehen.

Als die Fahrstuhltüren sich schlossen, erschrak ich und machte einen Satz nach vorn, aus dem Fahrstuhl heraus. Da mich ihr Bewegungssensor erfasst hatte öffneten sie sich wieder und schienen darauf zu warten, dass ich wieder einstieg.

Was ich nicht tat.

Ich sah zu, wie sie sich langsam wieder schlossen und hörte, wie der Fahrstuhl mit einem Summen nach oben fuhr.

Mist, was hatte ich mir dabei gedacht. Wenn man mich hier unten erwischte, gab es garantiert Ärger. Schnell drückte ich den "nach-oben-Knopf", doch nichts passierte.

Da erst fiel mir ein Schild an der Fahrstuhltür auf:

"Keine Fahrstuhlbedienung ohne Mitarbeiter-ID-Card"

Verdammt... So etwas etwas hatte ich natürlich nicht. Jetzt musste ich doch jemanden suchen, der mir half und würde gleich am ersten Tag wieder negativ auffallen. Hoffentlich rief niemand meine Mutter an.

Ich seufzte leise und machte im Stillen schnick-schnack-schnuck, welchen Gang ich nehmen sollte. Links gewann, also machte ich mich auf den Weg.

Die Stille hier unten war wirklich angenehm. Schade, dass ich nicht so eine Karte hatte, sonst hätte ich hier lesen können. Gemächlich ging ich den Flur entlang.

Aus einem Raum, der mit Büro betitelt war, hörte ich eine laute Stimme, die sich über irgend etwas aufzuregen schien, doch ich verstand nicht alles.

".. eine Frechheit, wieder zu wenig Hilfskräfte während der Hauptsaison. ... Dann werden zwei meiner Elektriker versetzt und der Bademeister auch gekündigt... wieder so viele krank ... kann ich nicht arbeiten..."

Da ich mich fast filmlike an die Tür gepresst hatte, um alles mitzubekommen, war ich über die Maßen schockiert, als diese plötzlich schwungvoll aufgerissen wurde und ein ziemlich korpulenter Mann vor mir stand, der nicht minder schockiert schaute.

"Was zum..."

"Ähm , hallo..." versuchte ich freundlich die Situation zu retten und haspelte wild drauf los. "Ich bin hier, also, es tut mir leid, dass ich so .. ähm, aber ich war ... da und ..."

Ja, ich hab's total gerettet... Wie immer in Notsituationen ließ mich mein Intellekt allein, um irgednwo eine total lustige Party zu schmeißen und schlagfertig Witze zu erzählen.

"Bist du für die Bewerbung als Hilfskraft hier?", rumpelte er stattdessen.

Hilfskraft? Bewerbung?

"Ähm, ja. Genau." Ich hatte keine Ahnung, was mein Mund da faselte.

"Du bist zwei Stunden zu spät. Und wo ist deine Bewerbung? Ich hatte nichts mehr auf dem Tisch liegen."

"Ähm, also, wegen der Bewerbung. Es tut mir echt leid, aber ..", brabbelte ich.

Aber ich habe hier unten nur rumgeschnüffelt und an Ihrer Tür gelauscht. Tut mir leid. Könnten Sie mir Ihre Mitarbeiter-ID-Card leihen, damit ich wieder in mein pferdemistiges Leben hochfahren kann?!

"Jaja, schon gut. Du hast Glück, dass wir dieses Jahr absolute Probleme haben. Du hast den Job. Melde dich bei Felicitas im Raum 332. Sie erklärt dir alles und heute Abend kommst du nochmal vorbei, da reden wir, wo wir dein Gehalt hin überweisen."

Dümmlich starrte ich ihn an.

"Was hast du Kleine, hast du .. irgendne Beeinträchtigung oder einen Augen-Schadendings oder so?", dabei blickte er ratlos auf meine Hornbrille. "Nicht, dass ich das schlimm finden würde, nur dann kann ich dich nicht alles machen lassen. Die großen Waschmaschienen bedienen, oder die große Mangel oder so." Im Kopf schien er durchzugehen, was ich dann noch alles nicht machen durfte...

"... oder die Automatische Spülanlage..."

Ich hatte jetzt genau zwei Möglichkeiten:

" ... und die Absauganlage ... sehr gefährlich..."

1. Ich sagte ihm die Wahrheit und er schickte mich wieder nach oben.

Oder

2. Den Job annehmen und wahrscheinlich heute Abend gefeuert werden.

"... die Kaffeemaschine..."

Ich brauchte keine Sekunde, um meine Entscheidung zu treffen:

"Nein, nein, ich habe keine Beeinträchtigung. Ich war nur so glücklcih, dass Sie mich einstellen. Raum 332, geht klar. Bis heute Abend", schnell stürmte ich an ihm vorbei, damit er es sich nicht noch einmal anders überlegen konnte.

"Der Raum ist in der anderen Richtung, Kleine", rief er mir hinterher.

Postwendend drehte ich um.

"Na klar, wusste ich. Bis heute Abend." Ich machte eine kurze Salutiergeste und eilte in der anderen Richtung davon.

"Wie heißt du eigentlich?"

Kurz überlegte ich. Mit Tayra oder Tayrenia konnte ich mich wohl kaum vorstellen. Das würde sofort auffallen.

"Lily. Nennen Sie mich Lily." Und damit war ich um die Ecke verschwunden.


secret flowerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt