19. Kapitel

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Raum 332 ...

Was hatte ich nur getan?! Die würden mich gleich feuern. Und zwar, weil ich die gesamte Anlage ramponiert hatte! Ich hatte noch nie in meinem Leben etwas sauber machen müssen...

Raum 332...

Ich wusste nicht mal, wo die Waschmaschine in unserem Haus stand...

Raum 332...

Oh Gott, ich war so ein Snob!!

Raum 332...

Hier war er!

Ach, scheiß drauf. Ich würde es versuchen! Alles besser, als wieder da hochzufahren. 

Kam da Musik aus dem Zimmer?

Entschlossen öffnete ich die Tür und hielt verblüfft inne, als ich die Szene sah, die sich mir bot.

Vor mir tanzte das vermutlich schrägste Mädchen, dass ich je gesehen hatte, zu einem echt coolen Song und sang dabei laut und schief mit. Sie hielt einen elektrischen Stab in der Hand und benutzte ihn als Mikro. In dem Raum rotierten circa 20 riesige Waschmaschinen und wuschen Wäsche. Es roch frisch und hier unten war es angenehm kühl. Um sie herum türmten sich die Wäschberge in Wagen und sie hielt sich abwechselnd daran fest, um eine Pirouette hinzulegen.

Gerade als sie zum Refrain kommen wollte bemerkte sie mich und stoppte ihre Showeinlage. Doch statt peinlich berührt zu sein, strahlte sie und kam freudig auf mich zu.

Sie hatte kurze braune Locken, die in alle Himmelsrichtung abstanden, ungefähr hundert Sommersprossen auf der Stupsnase und intelligente braune Augen, die sich hinter einer Brille versteckten, die meiner Konkurrenz machte.

"Das gibt es ja nicht! Hat der alte Filch doch noch jemanden für mich gefunden! Mensch, das freut mich aber! Ich bin Felicitas, aber alle nennen Flipsi. Freut mich voll, dich kennen zu lernen. Ich dachte schon, ich muss mich in diesem Sommer wieder allein abquälen. Spitze, eine Leidensgenossin zu haben! Und du bist?", ausgelassen grinste sie mich an und wartete gespannt auf meine Antwort.

Vollkommen überfordert stotterte ich: "Ähm, hi, ja, ich bin deine Hilfskraft. Ich bin Ta... Lily. Ich heiße Lily. Freut mich auch, dich kennen zu lernen."

Dabei lächelte ich von ganz allein. Dieses Mädchen hier ließ einem aber auch keine Wahl. Sie war so quirlig, lebensfroh, gut gelaunt und ... bunt. Dass man nicht anders konnte, als zurück zu lächeln.

Sie hakte sich bei mir ein und zog mich zu den Waschmaschinen. "Toll Lily, ich habe im Gefühl, das wir richtig gute Freundinnen werden. So was weiß man immer gleich", kam es munter von ihr.

"Wenn man die verzogenen Kids da oben versorgt hat, hat man hier unten auch richtig Spaß. Die Crew ist mega cool und voll gut drauf. Heute Abend gibt es eine große Party zum Saisonbeginn. Die ist DER Hit! Da gehen wir auf jeden FAll hin!"

Begeistert klatschte sie in die Hände.

"Und da wir jetzt zu zweit sind, geht die Plagerei auch viel schneller von der Hand. Wo kommst du her? Hast du Geschwister? Warum machst du diese Knochenarbeit hier? College, Musikkarriere? Willst du durchbrennen? Schulden beim Kartell?"

Ich konnte nicht anders. Ich prustete los. So viel Energie in einer Person war mir selten begegnet!

Eigentlich noch nie.

"Es tut mir wirklich leid..", entschuldigte ich mich. Ich wollte nicht, dass sie dachte, ich würde sie auslachen, doch statt beleidigt zu sein, fiel sie in mein Lachen ein.

"Ach ja, ich bin hier unten so oft alleine, weil ich ziemlich anstrengend sein kann. Die meisten sagen, ich bin ein bisschen "drüber" und wollen nicht mit mir arbeiten. Die sind eher die Schweigsamen. Ich habe mal ADHS Medikamente nehmen müssen, als Kind. Das mache ich jetzt nicht mehr. Tja, du siehst die Konsequenzen. Also, wenn du eher der stille Typ bist, kannst du mir das voll sagen. Das ist kein Problem. Dann versuche ich einfach, meine Klappe zu halten."

Bei den letzten Worten scharrte sie mit gesenktem Kopf mit den Füßen auf dem Boden. Als ob ihr ihr übersprudelndes Wesen jetzt doch irgendwie peinlich wäre.

Schnell trat ich auf sie zu und hakte mich erneut bei ihr ein, so wie sie es bei mir gemacht hatte.

"Ich komme aus dem Süden von England. Ich habe keine Geschwister. Ich mache diese Knochenarbeit, um von meinen Eltern wegzukommen. Und nein: noch habe ich keine Probleme mit dem Kartell."

Ich lächelte sie herzlich an und fuhr fort.

"Ich liebe es zu reden, weil bei zu Hause selten gesprochen wurde und ich fand deine Musikeinlage mega. Ich glaube auch, dass wir gute Freundinnen werden. Ich habe keinerlei Erfahrung mit Party's. Kann sein, dass ich dich heute Abend bis auf's Blut blamiere."

Ich machte eine kurze Pause.

"Und was noch schlimmer ist: Ich habe eigentlich gar keine Ahnung von dem hier. Du wirst mich wahrscheinlich rausschmeißen, weil ich mich so blöd anstelle. Kann also sein, dass ich dir nur Ärger mache."

Anstatt zurückzuweichen, quitschte Flispi neben mir laut und freudig auf.

So ein Geräusch hatte ich ehrlich gesagt noch nie gehört. Aber irgendwie mochte ich es.

Dann löste sie sich von mir und sprang einmal vor mir auf und ab und streckte die Siegerfaust in die Höhe.

"Wenn du denkst, das mich das einschüchtert, dann kennst du Flispi Grey noch nicht gut genug", rief sie extrem gut gelaunt, während sie hin und her sprang.

Vielleicht hätte sie die Medikamente doch nicht absetzen sollen?!

"Wenn das nicht die Voraussetzungen für den besten Sommer unseres Lebens sind, dann weiß ich auch nicht! Ich werde dir alles zeigen. Man wird dich nur noch die Königin der großen Maschinen nennen!", lachte sie und zog mich zu den weißen Monstern.

Bevor sie mir jedoch irgendwas erklären konnte, ertönte hinter uns eine Stimme, die meinen Atem stocken ließ und mein Herz aus dem Rythmus brachte.

"Flipsi, die große Maschine geht wieder. War nur ein kleiner Kurzschluss", unterbrach uns die tiefe, männliche Stimme und ließ mich herum fahren.

Schockiert starrte ich ihn an.

"Luca", entfuhr es mir.

secret flowerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt