11. Kapitel

30 6 50
                                    

"Du hast da ... noch was im Haar", sagte er leise und zog etwas aus dem Krähennest auf meinem Kopf.

"Eine Unterlegscheibe."

Oh, also doch kein Bierdeckel.

Er trat einen Schritt zurück und der Zauber zwischen uns (den wahrscheinlich nur ich empfunden hatte) verschwand. Durch das Fehlen seiner Nähe wurde mir gleich etwas kühler. Was verrückt war, denn an der Raumtemperatur hatte sich nichts geändert.

Er räusperte sich und fuhr sich mit der Hand durch sein Haar. Er verwuschelte es damit noch mehr und bedauerlicherweise stand ihm das hervorragend. Er sah so unfassbar verwegen aus. Ich hatte noch nie so einen heißen Mann gesehen. Die Frauen lagen ihm sicher reihenweise zu Füßen.

Er grinste mich frech an. Es war das erste Mal heute Abend, dass er ein wenig ausgelassen wirkte. "Ja, das könnte man durchaus so sagen. Schlechte Chancen habe ich nicht."

Hatte ich den letzten Teil etwa laut gesagt?! Ich spürte, wie sich die Hitze in meinem Gesicht ausbreitete.

"Was willst du denn jetzt machen?" Seine Stimme klang interessiert. Aber darauf gab ich nichts. Genauso hatte ich auch geklungen, als ich mich in der Zoohandlung nach der Lebensweise der Axolotl informiert hatte...

"Oder, wollen wir noch weiter über mein engelsgleiches Gesicht reden", flachste er.

"Schön, wenn du dich amüsierst. Immer wieder gern", grummelte ich. "Ich muss aus diesen Kleid raus, aber alleine", ich zog an den Schnüren an meinem Rücken, ohne Erfolg "geht das nicht."

Kurzherhand griff ich nach dem Cutter-Messer, dass mir schon vorhin aufgefallen war und gab es ihm.

"Würdest du die Schüre lösen, bitte? Dann kann ich aus diesem Ding raus."

Er sah mich perplex an. Seine Miene spiegelte nicht gerade Begeisterung wider.

"Aber, damit schneide ich es kaputt." Mh, Blitzmerker.

"Ja", erwiderte ich süffisant "das ist mir schon klar. Wenn ich das nicht wollen würde, hätte ich dir das komische Stangendings mit dem spitzen Ende gegeben, um das Kleid zu weiten, aber dafür haben wir keine Zeit. Und abgesehen davon hat das Kleid das auch nicht verdient."

Ich lächelte ihn aufmunternd zu, insofern das mit einem blauen, schmerzenden Auge möglich war und drehte ihm auffordernd meinen Rücken zu.

"Du meinst den Schraubenzieher?" Er wirkte immer noch nicht überzeugt, aber er atmete tief ein und kurze Zeit später spürte ich, wie er die erste Schnur zerschnitt.

"Ich könnte dich verletzen. Das ist alles verdammt eng hier. Wer hat dich überhaupt in dieses Teufelsding reingezwängt? Eine Folienwickelmaschine ist ein Scheiß gegen das hier", schimpfte er hinter mir.

"Du darsft raten und hast drei Versuche."

"Ich spiele keine Spiele mit reichen Mädchen."

"Klingt mir ebenfalls nach einem Snob mit komischen Prinzipien. Vielleicht bist du gar nicht so anders als ich?!"

"Nein, eher nach einem Idioten, der bei euch rich kids schon auf die Fresse gefallen ist und aus seinen Fehlern gelernt hat." Seine Stimme war tief und verärgert, doch seine Hand mit dem Messer an meinem Rücken vollkommen ruhig.

"Du lebst gefährlich Lily. Ich bin der, mit dem Messer in der Hand. Du solltest mich nicht provozieren."

Wollte er mich etwa herausfordern? Das konnte er haben!

"Achso, na wenn dir die Sache zu heiß oder zu kompliziert ist, dann gib mir das Messer. Ich krieg das sicher auch hin" und damit wedelte ich mit meiner Hand, damit er mir den Cutter zurückgab.

secret flowerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt