3 TAGE

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Am dritten Tag brennt ihr Hals, ihre Lippen sind rissig, und sie muss sich zurückhalten, nicht auf ihre Zunge zu beißen, um wenigstens den Geschmack von Blut im Mund zu haben. Ihre Gedanken kreisen um Tarek,  (wann wird er zurückkommen? Hat er sie etwa vergessen?). Ständig schießen ihr Bilder der Nacht mit ihm durch den Kopf, doch diese sind jetzt von Schmerz und Verzweiflung überlagert. Sie hebt ihren Arm und schnuppert an ihrer Achsel, der beißende Geruch von Schweiß und Angst erfüllt ihre Nase. Es widert sie an, wie ein Tier zu riechen, ein verwahrlostes, eingesperrtes Tier. Alles erscheint ihr wie ein schäbiges Gefängnis, aus dem es keinen Ausweg gibt. Ihre Gedanken beginnen sich zu verzerren. Sie denkt darüber nach, ob Tarek sie wirklich einfach verhungern lassen könnte. Der Gedanke, dass er sie absichtlich quält, treibt sie fast über den Rand der Vernunft. Sie beginnt, mit sich selbst zu sprechen, um nicht den Verstand zu verlieren. Die Einsamkeit zermürbt sie, ihre eigenen Worte hallen hohl im dunklen Raum wider. Sie dreht ihren Kopf in Richtung des Eimers, den sie zum Urinieren benutzt. Der widerliche Gedanke, daraus zu trinken, drängt sich auf. Ihre Zunge ist so trocken, dass jede Flüssigkeit, selbst diese, fast verlockend erscheint. Doch sie schüttelt den Kopf, kämpft gegen den Ekel an. "Nein, noch nicht", flüstert sie zu sich selbst. (Noch bin ich stark!) Die Minuten dehnen sich wie Kaugummi. Sie versucht, sich zu beschäftigen, zählt die Risse an der Wand, während sie sie mit ihren Fingerspitzen ertastet, versucht sich an Geschichten aus ihrer Kindheit zu erinnern, aber nichts kann die drohende Panik vertreiben. Sie hört Schritte, glaubt, dass Tarek zurückkommt, doch es ist nur das Pochen ihres eigenen Herzschlags, das in ihren Ohren widerhallt. In einem Anfall von Verzweiflung reißt sie sich die Haare von ihrem Kopf und schreit, bis ihre Kehle brennt. Dann sinkt sie erschöpft auf das Bett. Sie stellt sich vor, wie es wäre, aus diesem Albtraum zu entkommen, durch den Garten zu rennen und einfach frei zu sein. Doch diese Vorstellung verblasst schnell in der Dunkelheit ihrer Realität. Ungefähr am Abend oder in der Nacht, des dritten Tages glaubt sie wieder Schritte zu hören. Diesmal ist sie sich sicher, jemand kommt. Ihr Herz rast vor Aufregung und Furcht. Sie springt auf und taumelt zur Tür, klopft mit letzter Kraft dagegen. "Tarek, bitte! Lass mich nicht sterben!" flüstert sie verzweifelt. Doch es bleibt still. Plötzlich geht das Licht, flackernd, im Raum an. Die Tür öffnet sich, und Tarek steht da, mit einem finsteren Lächeln auf den Lippen. "Hast du mich vermisst?", fragt er, als wäre nichts geschehen. Rosalin ist zu schwach, um ihm zu antworten. Sie sackt zu Boden, ihre letzten Kräfte schwinden. Tarek kniet sich zu ihr und streicht ihr sanft über das Haar. "Ich habe dir doch gesagt, dass du mir vertrauen sollst", flüstert er. "Glaubst du, ich lasse dich sterben!" stupst er eine Flasche Wasser gegen ihren Arm "niemals, das wäre nicht so lustig!" kichert er und wirft sie neben Rosalin, die eingekauert auf dem Boden liegt. Er hört auf zu kichern und blickt ernst, "morgen ist Waschtag, freu dich drauf", geht er zurück zur Tür, knallt sie hinter sich zu und schaltet das Licht wieder aus. Rosalin reißt die Flasche an sich, sie spürt den harten Plastikrand der Wasserflasche, als sie sie hastig an ihre Lippen presst. Der Deckel dreht sich nur schwer auf, ihre Hände zittern vor Schwäche und Aufregung. Als das Wasser endlich ihre Lippen berührt, ist es wie ein Moment himmlischer Erlösung. Sie trinkt gierig, verschüttet dabei etwas, das über ihr Kinn rinnt und in ihren Hals sickert, doch das ist ihr egal. Jeder Tropfen bringt sie ein kleines Stück zurück ins Leben, doch zugleich flackert in ihr eine Mischung aus Erleichterung und Abscheu auf. Abscheu vor sich selbst, weil sie es zugelassen hat, sich von diesem Mann so demütigen zu lassen. Wasser tropft an ihren zitternden Händen vorbei, während sie gierig trinkt. Die Kühle des Wassers beruhigt für einen Moment die brennende Trockenheit in ihrem Hals, aber die Worte "Waschtag" hallen in ihrem Kopf wider und lassen ihr keine Ruhe. Was meint er damit? Ihre Gedanken rasen, sie kann sich nicht entspannen, sie versucht, das Geräusch ihrer eigenen Atmung zu beruhigen. Ihre Gedanken wandern immer wieder zu der Nacht mit Tarek. Sie hasst sich dafür, dass sie überhaupt daran denkt, doch die Erinnerung ist da, lebendig und schmerzhaft verwirrend. Wie konnte sie sich so von ihm einwickeln lassen? Sie reibt sich die Arme, als ob sie den Gedanken von sich abstreifen könnte, aber er bleibt. Der Gestank ihres eigenen Körpers ist nicht zu ignorieren. Seit Tagen hat sie sich nicht mehr gewaschen und sie fühlt sich mehr wie ein Tier, als wie ein Mensch. Ihr Körper klebt vor Schweiß, und der Dreck unter ihren Fingernägeln erinnert sie daran, wie tief sie gesunken ist. „Waschtag“, wiederholt sie in ihrem Kopf. (Vielleicht meint er einfach nur die Schüssel mit Wasser und einem Lappen, hoffentlich ist das Wasser diesmal warm!) Ihr Kopf lehnt gegen die kalte Betonwand, glücklich endlich etwas getrunken zu haben, versucht sie kurz ihre Augen zu schließen und sich ein wenig auszuruhen. Plötzlich hört sie Schritte vor der Tür. Ihr Herz rast. Sie schnappt nach Luft, drückt sich gegen die Wand und lauscht. Es ist zu früh, dass Tarek zurückkommt, oder? Vielleicht ist es jemand anderes? Ein Hoffnungsschimmer flammt kurz in ihr auf, doch er erlischt genauso schnell. Sie hört, wie die Schritte weiterziehen, und es bleibt still. Die Dunkelheit fühlt sich viel erdrückender an. Sie versucht, sich auf etwas zu konzentrieren, irgendetwas, das sie von ihren Gedanken ablenkt. Doch der Raum ist leer, kahl. Nur sie und Tarek, der jeden Moment hereinkommen kann und mit ihr machen, was er will. Stunden vergehen, oder sind es nur Minuten? Sie hat das Zeitgefühl völlig verloren. Ihre Gedanken kreisen immer wieder um die Worte, die er gesagt hat. "Das wäre nicht so lustig!" (macht er sich einen Spaß daraus, dass ich fast sterbe?) denk sie sich und wimmert leise. (Komme ich je hier raus?) Die Ungewissheit bringt sie um den Verstand. Sie reibt ihre Handflächen nervös aneinander, spürt, wie ihre Nägel in ihre Handflächen drücken. Der Schmerz hält sie einen Moment lang in der Realität, doch die Angst lässt nicht nach. Als der Morgen dämmert, liegt sie reglos auf dem Boden, erschöpft und ausgelaugt. Das Licht, das durch die winzigen Ritzen der Tür schimmert, scheint sie zu verhöhnen. Es bringt keine Hoffnung, sondern erinnert sie nur daran, dass es keinen Ausweg gibt. Die Tür öffnet sich mit einem Knarren, und er tritt ein. Seine Augen leuchten kalt, als er sie ansieht. „Bist du bereit?“, fragt er mit einem höhnischen Ton. Rosalin nickt stumm, ihr Körper zittert vor Erschöpfung. Sie kann nicht sprechen, ihre Kehle ist wie zugeschnürt. Tarek packt sie am Arm, zieht sie grob hoch und führt sie durch den Raum. Jeder Schritt fühlt sich schwer an und ihr Magen ist so leer, dass er sich scheinbar selbst auffrisst. Er führt sie in ein Zimmer, eines, das sie bisher noch nicht gesehen hat. Ein metallener Stuhl steht in der Mitte, umgeben von Eimern, Schläuchen und Lichtern. „Setz dich“, befiehlt er kalt, und schmeißt sie grob auf den Stuhl. Ihre Beine sind schwach, sie könnte jeden Moment zusammenbrechen und klammert sich an das kalte Metall des Sitzes. Er bindet ihre Handgelenke an den Stuhl, fest genug, dass sie nicht entkommen kann, aber nicht so fest, dass es wehtut. Dann beginnt er das Wasser. Eiskaltes Wasser, über ihren ausgelaugten Körper zu schütten, während sie keuchend versucht, zu atmen. Es schockiert sie, durchdringt jede Faser ihres Körpers. Tarek sieht ihr zu, wie sie zittert und sich windet, doch sein Gesicht bleibt ausdruckslos. „Du musst sauber werden“, sagt er leise, fast sanft, aber der Ton in seiner Stimme verrät die Grausamkeit, die hinter seinen Worten steckt. Eine Kamera in der Mitte des Raumes filmt Rosalins Reaktion. Er schüttet das Wasser weiter über sie, bis sie völlig durchnässt ist. Ihre Kleidung klebt an ihrem Körper und ihre Zähne klappern so stark vor Kälte, dass sie fast zu brechen beginnen. Doch er hört nicht auf. Das Wasser wird zu einem Strom endloser Qual, der sie gefangen hält, und sie weiß, dass es ihm nicht nur um das Waschen geht. Es ist seine Art, sie zu brechen, sie noch weiter zu erniedrigen. Er hört auf und schlendert gelassen zu ihr. Seine dreckigen Finger ziehen ihr langsam die Hose von den Beinen, danach das Shirt. Er riecht kurz an den Klamotten und tut so, als wenn er davon fast erbricht, eine respektlose Geste. "Du stinkst schlimmer als jeder Knastbruder", lacht er, "wir ändern das jetzt". Er stellt sich hinter den Stuhl und lässt Seife auf ihren Kopf laufen, danach massiert er ihr grob die Seife über den gesamten Körper ein. Rosalin möchte ihm keine Genugtuung geben und versucht sich so wenig wie möglich zu bewegen und zu wehren. "Braves kleines Mäuschen" kichert er, geht zwischen ihre Beine und seift alle Stellen gründlich ab, danach spült er sie wieder mit kaltem Wasser sauber. Als Tarek endlich aufhört, ist Rosalin völlig erschöpft. Sobald er sie losbindet und zurück in ihren Raum bringt, steht essen bereits auf ihrem Tisch, der Duft lockt sie wie ein verhungerndes Tier, schnell rennt sie zum Tisch und schlingt die warme Mahlzeit herunter ohne darüber nachzudenken, wie es sein kann das diese dort steht, obwohl Tarek die ganze Zeit mit ihr war. Ihr Körper fühlt sich an wie Blei. Sie kann nichts mehr fühlen, nichts mehr denken. Sie ist nur noch ein Schatten ihrer selbst, gefangen in Tareks grausamer Welt. Satt, aber unzufrieden über ihre Lage, legt sie sich nackt in das Bett. (Wie schlimm kann es noch werden?)

Shut UpWo Geschichten leben. Entdecke jetzt