Rosalin liegt reglos auf ihrem Bett, nackt, völlig aufgelöst, der Schmerz und die Angst haben sich tief in ihre Seele gegraben. Ein leichter Lichtstrahl fällt durch die Tür, und sie starrt gedankenlos auf die winzigen Staubpartikel, die im Licht tanzen. Ihr Verstand beginnt, sich in einen Nebel zu hüllen, die Welt um sie herum verschwimmt, während sie leise eine Melodie summt, die ihr durch den Kopf geht. Die Tür öffnet sich. Sie zuckt zusammen, als ein fremder Mann den Raum betritt. Er grinst widerlich, seine Zähne gelb und verfault. „Hallo, Rosalin“, sagt er mit einer Stimme, die wie Sandpapier klingt. „Wie geht es dir?“ Rosalin erstarrt. Wer ist dieser Mann? Ihre Gedanken rasen, sie hat ihn noch nie zuvor gesehen. Er wirkt alt, ungepflegt, seine Haare fettig und sein Gesicht von tiefen Falten durchzogen. Sie drückt sich in eine Ecke, schweigt und beobachtet ihn, während er sich mit widerlicher Leichtfüßigkeit nähert. „Du siehst echt heiß aus“, sagt er und setzt sich neben sie. Sein Blick wandert über ihren nackten Körper, und Rosalin fühlt, wie sich ihr Magen vor Ekel zusammenzieht. Seine runzligen, alten Finger gleiten über ihr Knie, und sie kann den fauligen Atem riechen, der wie ein Aschenbecher stinkt. „Wir werden jetzt Spaß haben“, zischt er, und seine eklige Raucherlunge röchelt, während er beginnt, sich an ihr zu schaffen zu machen. Es öffnet sich die Tür erneut, und Tarek tritt ein, eine Kamera in der Hand. „Jo, Joe, bist du so weit?“, fragt er den alten Mann, ohne Rosalin auch nur einen Blick zuzuwerfen. Der alte Mann steht auf, zieht seinen Gürtel aus und lässt seine Hose zu Boden fallen. Rosalin beobachtet ihn, ihr Herz rast, während sie plötzlich etwas Glänzendes in seiner Hosentasche bemerkt. Ein Messer. Ein Springmesser. Tarek stellt die Kamera auf und richtet sie auf das Bett. „Viel Spaß“, murmelt er gleichgültig und verlässt den Raum; die Tür schließt sich mit einem dumpfen Klicken. Rosalin liegt da, ihr Atem flach und schwer, während der alte Mann sich mit heruntergelassener Hose auf sie zubewegt. Sie spürt seinen Atem in ihrem Nacken, seine Hände auf ihren Brüsten, als er beginnt, sich an ihr zu vergehen. Einen Moment erstarrt sie vor Angst und Schwarm, doch im nächsten Moment erwacht etwas, tief in ihr. Ein Instinkt, roh und ungezähmt. Ohne wirklich nachzudenken, beginnt sie, mit ihren Fingerspitzen die Hosentasche des Mannes zu ertasten, während er seine rissigen Lippen an ihren Hals drückt. Sie erfühlt das Messer, kühl und greifbar, schnappt es sich rasch, während der Mann in sie ein dringt. Mit einer schnellen, fließenden Bewegung klappt sie das Messer auf und zack, schneidet sie ihm die Kehle quer ein. Erschrocken starrt der Mann sie an, das Blut läuft aus seinem Mund und aus der Kehle heraus. Der Schmerz und das Entsetzen auf dem Gesicht des Mannes sind für einen Moment fast greifbar. Seine Augen weiten sich, er keucht, während er realisiert, was gerade passiert ist und er sackt zur Seite, stürzt von Rosalin hinunter auf den Boden, wie ein Sack Mehl. Sein Atem wird flach, und er verblutet langsam, elend, qualvoll. Rosalin sieht nur still zu. Ihre Hände zittern, das Messer fällt aus ihren Fingern und klirrt leise auf den blutverschmierten Boden. Sie kauert sich zusammen, perplex, unfähig zu begreifen, was gerade geschehen ist. Das Blut des Mannes breitet sich in einer dunklen, dicken, roten Lache um ihn herum aus, ein paar Atemzüge noch und der Mann bleibt regungslos liegen, tot und mit weit aufgerissenen Augen. Rosalin starrt in die Leere, gefangen in einem Strudel aus Angst und Verzweiflung. Plötzlich stürmt Tarek in den Raum, sein Blick fällt auf die blutige Szene vor ihm. „Was hast du getan?“, schreit er entsetzt und stürzt sich auf den leblosen Körper des alten Mannes. Er schüttelt ihn in der Hoffnung, ein Lebenszeichen zu finden, aber da ist nichts mehr. Das Leben ist bereits aus ihm gewichen, so wie die Hoffnung des Mädchens, sie verlassen hat. „Wie konntest du nur?“, brüllt Tarek und schlägt Rosalin ins Gesicht. Sie zuckt nicht einmal zusammen, sie fühlt nichts. Sie starrt nur weiter ins Nichts, als ob ihr Verstand völlig abgeschaltet hätte. Tränen laufen langsam über ihre Wangen, aber sie ist weit weg von dem, was um sie herum geschieht. Tarek packt sie an den Schultern, schüttelt sie wild. „Rosalin! Bist du wahnsinnig, das war mein bester Kunde?“ Seine Stimme, wütend und verzweifelt, doch sie reagiert nicht. Sie ist gefangen in einer endlosen Leere, wo der Schmerz und der Horror sie verschlingen. Er greift sich fassungslos an den Kopf und murmelt leise vor sich hin, „Das ist live.“ Panik flackert in seinen Augen auf, als er zur Kamera sprintet und sie hastig abschaltet. „Scheiße!“, flucht er, während er sich zum blutigen Szenario umdreht, das ihn mit der schrecklichen Realität konfrontiert. „Rosalin, du Schlampe!“ zischt er und verlässt den Raum, lässt sie erneut allein zurück. Rosi starrt in die Leere, unfähig, ihre Gedanken zu ordnen. Die Stille im Raum fühlt sich befreiend an, die Dunkelheit umarmt sie wie ein guter Freund und das Blut, das den Boden bedeckt, schimmert in einer prächtig glänzenden Farbe, sie triumphierte und das gefällt ihr irgendwie. Später kehrt Tarek zurück. In seinen Händen trägt er einen zusammengerollten Teppich und Reinigungsmittel. Seine Bewegungen sind hektisch und angespannt. „Hier, wir müssen ihn vergraben“, knurrt er und legt den Teppich vor dem leblosen Körper des Mannes aus. Doch Rosalin starrt weiterhin ins Leere, ihre Augen sind starr, als ob jede Emotion aus ihr herausgezogen wurde. Tarek wird ungeduldig. Er stürzt sich auf sie, greift sie brutal an den Haaren und zerrt sie nach vorne. „Wenn du denkst, ich mache das hier alles allein, dann hast du dich geschnitten“, zischt er bedrohlich. Er schleudert sie auf den Teppich, und Rosalin beginnt langsam, aus ihrer Starre zu erwachen. Ohne ein Wort zu sagen, hilft sie ihm, den Mann in den Teppich zu wickeln und das Blut vom Boden zu wischen. „Eins muss ich dir lassen“, murmelt Tarek, während er sie prüfend anblickt, „du bist zäher, als ich dachte.“ Seine Worte sind mit einer Mischung aus Respekt und Verachtung getränkt, bevor er sie noch einmal leicht gegen die Wange schlägt. „Mach das nie wieder, sonst stirbst du. Hast du mich verstanden?“ Er funkelt sie bedrohlich an, und Rosalin nickt stumm. „Los jetzt, hilf mir, ihn hinauszutragen“, befiehlt er schließlich und packt eine Seite des Teppichs, während Rosalin die andere Seite ergreift. Das ist ihre Chance. Während sie den schweren, leblosen Körper durch das Haus tragen, braucht sie keine Augenbinde, und sie nutzt diesen Moment, um sich das gesamte Haus einzuprägen. Tarek zischt angespannt "schau auf den Boden, wehe, du siehst dich um!", aber jedes Mal, wenn er nicht hinschaut, lässt sie ihre Augen schnell durch die Räume gleiten. Sie gehen durch den Keller, in dem sich zwei Räume befinden, ihrer und der daneben, in dem sie schon waren. Die Luft ist feucht und muffig, und das Kellerlicht drückt auf ihre Schultern, als würde das ganze Haus sie verschlingen wollen. Sie spürt die Kälte auf ihrer Haut, und das Flüstern des Todes scheint in jedem Winkel zu lauern. Als sie die Treppe hinaufgehen, spürt sie, wie ihre Beine zittern. Die obere Etage hat drei Räume, doch sie kann nicht in sie hineinschauen. Tarek hält den Teppich fest, während er den Weg vorgibt. Rosalin versucht, sich die Positionen der Türen und Fenster einzuprägen, während ihr Herz wie wild in ihrer Brust hämmert. Ganz oben, auf der nächsten Etage, sind ebenfalls drei Räume, aber auch hier bleibt ihr der Blick ins Innere verwehrt. Schließlich erreichen sie den rechten Raum, den Garten, in dem sie schon einmal war. Tarek wirft ihr eine Schaufel zu. „Du weißt ja, wie man gräbt“, sagt er mit einem kalten, beinahe höhnischen Unterton. Rosalin starrt auf die Schaufel in ihren Händen, und die Realität dessen, was sie tun muss, dringt langsam in ihren Verstand ein. Sie steht im Garten, umgeben von der trügerischen Idylle der Natur, doch der Boden, den sie gleich durchbrechen wird, wird das Grab eines Mannes sein. Ihre Hände zittern, als sie die Schaufel in die Erde stößt, das Geräusch des grabenden Metalls hallt in der Stille wider. Jeder Stoß in den Boden ist schwer, nicht nur wegen der physischen Anstrengung, sondern auch wegen des Gewichts auf ihrer Seele. Tarek beobachtet sie genau, seine Augen verfolgen jede ihrer Bewegungen, während sie weiter gräbt. Die Erde türmt sich um das immer tiefer werdende Loch, und mit jedem Zentimeter, den sie tiefer geht, spürt sie, wie die Verzweiflung weiter in ihr aufsteigt. „Schneller“, befiehlt er, seine Geduld schwindet, und sie zwingt sich, schneller zu arbeiten. Ihre Hände sind bald rau und wund von der harten Arbeit, und der Schweiß rinnt ihr über das Gesicht. Doch Rosi gräbt weiter, bis das Loch tief genug ist, um den Körper darin zu verbergen. Als sie endlich aufhört, sind ihre Kräfte fast erschöpft. Tarek nickt ihr zu und gemeinsam hieven sie den schweren, stummen Zeugen ihres Schreckens in das Loch. Der Teppich versinkt in der Erde, und mit ihm ein Stück von Rosalins Seele. „Jetzt schaufel zu“, befiehlt Tarek, sie beginnt, die Erde wieder in das Loch zu werfen. Jeder Stoß bringt sie dem Ende dieses schrecklichen Aktes näher, doch mit jedem Wurf spürt sie auch, wie die Schuld und der Horror sie verdrücken. Als das Grab schließlich zugeschüttet ist, sieht der Garten wieder so aus, als wäre nichts geschehen. Doch in Rosalins Kopf toben die Erinnerungen wie ein unaufhaltsamer Sturm. Tarek tritt einen Schritt zurück, betrachtet ihre Arbeit und nickt zufrieden. „Gut, morgen ist Gartenarbeit angesagt“, sagt er mit einem kalten Lächeln, das keine Wärme in sich trägt. Er dreht sich um und will den Raum verlassen, Rosi starrt zwischen der Schaufel in ihren Händen und seinem Rücken hin und her. Unfähig, etwas zu sagen oder normal zu denken, will sie ihr Glück versuchen und zuschlagen, doch als sie die Schaufel hebt, dreht Tarek sich zu ihr um. "An deiner Stelle würde ich es erst gar nicht versuchen, kleines Mäuschen", er lacht, dreht sich wieder um und geht aus dem Raum. "Schlaf gut!", knistert es aus den Lautsprechern und das Licht schaltet ab. Sie tastet sich zur Bank, bei der sie den Zettel entdeckt hat und legt sich auf sie, Ihr Körper ist schwer, ihre Gedanken leer. Der Albtraum ist noch lange nicht vorbei, und sie weiß, dass das, was kommt, noch schlimmer sein könnte. Doch in diesem Moment gibt es nur die Stille, die Dunkelheit und das schreckliche Wissen, dass sie etwas Unverzeihliches getan hat.
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Shut Up
Mystery / ThrillerRosalin, kurz Rosi genannt, führt ein gewöhnliches Teenagerleben, das aus Freundschaften, Partys und der Schule besteht. Eines Tages auf dem Weg zur Abschlussfeier wird das Auto, in dem sie mit ihren Freunden sitzt, von der Straße gedrängt, und Rosi...