Kapitel 14

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Als ich am nächsten Morgen die Augen öffne, dringt das warme Sonnenlicht bereits durch die halb geschlossenen Gardinen und taucht das Zimmer in ein sanftes Gold. Die Strahlen zeichnen feine, tanzende Muster auf den Boden, die wie flüchtige Erinnerungen an einen längst vergangenen Sommer wirken. Für einen kurzen Augenblick bin ich orientierungslos, die Schrecken des gestrigen Tages scheinen nichts weiter als ein ferner, quälender Albtraum zu sein, der mit dem Aufwachen verschwindet. Doch die Illusion zerbricht schnell, als mein Blick auf Nathan fällt, der noch immer im Sessel sitzt – genauso, wie ich ihn zuletzt gesehen habe.

Seine Augen sind geschlossen, aber es ist offensichtlich, dass er nicht wirklich schläft. Die Anspannung in seinen Gesichtszügen ist kaum wahrnehmbar, doch für jemanden, der ihn so gut kennt wie ich, ist sie unübersehbar. Seine Finger zucken unruhig, als ob sie einem unsichtbaren Rhythmus folgen würden, und in der Luft liegt eine stumme Wachsamkeit, die jede Bewegung beobachtet. Langsam und mit Mühe setze ich mich auf, und sofort macht sich der stechende Schmerz in meinen Rippen bemerkbar – ein unerbittlicher Reminder, dass die Ereignisse von gestern allzu real waren.

Nathan öffnet die Augen, als ob er meine Bewegungen gespürt hätte, und seine Lippen verziehen sich zu einem schwachen, schiefen Lächeln. „Guten Morgen", sagt er leise, seine Stimme ist rau, fast brüchig, eine Mischung aus Erschöpfung und spürbarer Erleichterung.

„Guten Morgen", antworte ich, meine Stimme kaum mehr als ein heiseres Flüstern. Die Worte kratzen in meinem trockenen Hals. „Du hast wirklich die ganze Nacht dort verbracht? Das muss ja ein wahrer Genuss gewesen sein."

Er hebt eine Augenbraue und lässt ein kurzes, trockenes Lachen hören. „Es war definitiv eine der besseren Entscheidungen meines Lebens", erwidert er mit einem sarkastischen Unterton. „Ein Sessel, der direkt aus der Hölle stammt, aber hey, man nimmt, was man kriegen kann."

„Du bist ein Idiot", murmele ich, doch in meinen Worten liegt keine echte Schärfe. Stattdessen spüre ich eine warme Welle der Dankbarkeit in mir aufsteigen. „Ein sturer, uneinsichtiger Idiot."

Er lacht leise und steht langsam auf, streckt sich, als ob jede Bewegung eine Herausforderung wäre. „Ich habe dir doch gesagt, dass ich bleiben würde", antwortet er, seine Stimme nun weicher, fast zärtlich. „Was hast du erwartet? Dass ich mich mitten in der Nacht davonschleiche?"

„Vielleicht", antworte ich schwach lächelnd, während ich die Decke fester um mich ziehe, um den Schmerz in meinen Rippen zu lindern. Der Prinz beobachtet mich mit einem besorgten Blick, seine Augen durchdringen mich, als würden sie nach Anzeichen von Schwäche suchen. „Wie fühlst du dich?"

„Wie nach einem Zusammenstoß mit einem Lastwagen", sage ich und versuche, ein Lächeln zu erzwingen. „Aber danke, dass du fragst."

Er schüttelt leicht den Kopf, und in seinen Augen glimmt ein Anflug von Belustigung. „Du bist wirklich unmöglich."

„Danke, dass du da bist", murmele ich schließlich, während ich mir die Augen reibe, um die Schwere des Schlafs zu vertreiben. „Wirklich."

Sein Lächeln wird sanfter, und für einen kurzen Moment liegt eine unausgesprochene Übereinkunft zwischen uns in der Luft. „Du solltest dich noch schonen", sagt er schließlich, und seine Stimme ist wieder ernst. „Es wird eine Weile dauern, bis du wieder vollständig genesen bist."

„Ich weiß", antworte ich und sinke zurück in die Kissen, die Erinnerungen an den gestrigen Tag durchfluten meinen Geist, aber diesmal sind sie weniger überwältigend, weniger bedrohlich. „Aber im Moment reicht es mir, zu wissen, dass ich nicht allein bin."

Nathan nickt und setzt sich wieder in den Sessel, seine Augen bleiben unverwandt auf mich gerichtet. „Und das wirst du nicht sein", sagt er leise, mit einer Entschlossenheit, die keinen Widerspruch duldet. „Nie wieder."

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⏰ Letzte Aktualisierung: Sep 19 ⏰

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