Kapitel 1

22 8 0
                                    

Die ersten zarten Sonnenstrahlen kitzeln mich sanft aus meinem Schlaf, während der Duft von frisch gebackenem Brot und würzigem Käse durch das halb geöffnete Fenster in mein Zimmer dringt. Ein Gefühl der Vorfreude erfüllt mich, als ich das leise Gemurmel vom Marktplatz höre, das wie ein sanftes Echo in der Morgenstille erklingt. Ich liebe den Markt an jedem ersten Samstag des Monats.

Langsam öffne ich die Augen und lasse meinen Blick durch den Raum gleiten. Die blaue Bluse aus feinem Stoff liegt sorgfältig über dem Stuhl neben meinem Bett, sowie die graue Stoffhose. Meine Lieblingsstiefel, bereits Jahre alt und an einigen Stellen leicht abgenutzt, stehen daneben.

Mit einem Seufzen strecke ich mich und richte mich langsam auf. Ich schlüpfe in meine Kleidung, lasse die Finger über den weichen Stoff meiner Bluse gleiten und ziehe die Stiefel über meine Füße.

Als ich die Tür hinter mir schließe und die Veranda unseres kleinen Hauses betrete, umfängt mich sofort die wohlige Wärme eines sonnigen Morgens. Die vertrauten Geräusche des erwachenden Tages mischen sich mit dem leisen Zirpen der Grillen und dem fernen Lachen der spielenden Kinder. Auf der Veranda sitzt meine Mutter, eingehüllt in ein weiches, altmodisches Tuch, das sie liebevoll um ihre Schultern gelegt hat. Ihr Gesicht, von den Jahren geprägt, strahlt in der Morgensonne eine unbeschreibliche Sanftheit aus. Ihre Augen leuchten warm und gütig, als sie mich erblickt, und ihre Lippen formen ein liebevolles Lächeln, das direkt mein Herz berührt.

In diesem Moment spüre ich eine tiefe Verbundenheit, die über Worte hinausgeht. Es ist die stille Sprache der Liebe, die uns schon immer verbunden hat. Die Falten um ihre Augen erzählen Geschichten von unzähligen gemeinsamen Momenten – von geteilten Freuden und überwundenen Schwierigkeiten. Ich trete näher und gebe ihr einen sanften Kuss auf die Wange. Ihre Haut ist warm von der Sonne, und ihr Duft nach Lavendel erfüllt meine Sinne.

„Guten Morgen, Mama", flüstere ich, und meine Stimme ist weich, voller Zärtlichkeit. Sie erwidert den Gruß mit einem leisen, fast singenden „Guten Morgen, mein Schatz", und ich fühle die Geborgenheit, die von ihrer Anwesenheit ausgeht. 

Als ich durch mein kleines Bauerndorf schlendere, werde ich von der geschäftigen Atmosphäre des Marktes umfangen. Die Stände reihen sich dicht an dicht, eine bunte Palette von Waren ausgebreitet vor den Augen der kauflustigen Menschen. Getreide und Brot stapeln sich neben frischem Fisch und duftendem Fleisch. Stoffe in allen Farben und Qualitäten wehen leicht im Wind, während Obst und Gemüse in leuchtenden Farben um die Aufmerksamkeit der Käufer wetteifern. Die Wärme des Frühlings liegt wie eine sanfte Umarmung auf meiner Haut, während die Sonne heiß vom Himmel brennt, als wolle sie die Spuren des nächtlichen Gewitters ausradieren.


Gestern Nacht hatte sich ein gewaltiges Gewitter über das Land ergossen, und die Überreste dieser Naturgewalt sind überall sichtbar. Pfützen haben sich auf den sandigen Wegen des Dorfes gebildet, und die dünne Ölschicht darauf lässt sie in allen Farben des Regenbogens schimmern. Es ist ein Bild von vergänglicher Schönheit, das mich kurz innehalten lässt, bevor ich den Weg fortsetze.


Ich suche Schutz im Schatten der umliegenden Gebäude, wo die Hitze noch erträglich ist. Doch die Erleichterung ist nur von kurzer Dauer, denn der Geruch von Schweiß, der sich langsam in der Luft verdichtet, ist beinahe unerträglich. Ein tiefes Gefühl der Beklommenheit steigt in mir auf, und meine Gedanken schweifen ab. Bald ist mein Geburtstag, ein Tag, der normalerweise mit Freude und Feiern verbunden wäre. Doch dieses Jahr liegt ein dunkler Schatten über meiner bevorstehenden Volljährigkeit.


Der Gedanke an den schwarzen Umschlag, das Siegel des Königreichs aus Silber, lässt meinen Magen sich zusammenziehen. Jeder Moment könnte der Beginn meines Schicksals sein – die Einberufung in den Reinheitskrieg Alverias. Ein Krieg, der keiner ist, sondern eine gnadenlose Jagd auf alles Magische. Meine Kiefer pressen sich fest zusammen, als ich die aufsteigende Angst, Wut und Verzweiflung zu unterdrücken versuche. Die Gedanken an die bevorstehende Bedrohung lasten schwer auf mir.

Crown of SecretsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt