Kapitel 13

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Ich stehe im Wald, umgeben von uralten Bäumen, deren dichte Kronen das Sonnenlicht in warmen, flimmernden Mustern auf den Waldboden werfen. Der warme Wind des beginnenden Sommers spielt sanft mit meiner Flechtfrisur und löst eine Strähne, die nun vor meinem Gesicht tanzt. Die Luft ist warm und trägt den Duft von Erde und Laub mit sich.

Ein dünnes, petrolblaues Langarmshirt bedeckt meinen Oberkörper, darüber liegt eine graue Stoffweste. Die Unterarme sind in schwarzen Lederprotektoren gehüllt. Abgerundet wird das Outfit durch eine schwarze Stoffhose und robuste Jagdstiefel. In der Hand befindet sich mein vertrautes Schwert. Ich atme tief durch.

Meine Augen sind konzentriert auf eine Trainingspuppe vor mir gerichtet. In einer schnellen Abfolge lasse ich die Klinge auf die Puppe niedersausen, immer und immer wieder. Jeder Schlag schickt Vibrationen durch meine Arme, doch ich lasse nicht nach. Der Griff des Schwertes gleitet aus meinen schwitzigen Händen, und ich fluche laut: „Verdammt!"

„Das reicht jetzt," erklingt eine tiefe, vertraute Stimme hinter mir. Ich drehe mich um und sehe meinen Onkel, Dragan, der auf einem Stein sitzt und mich mit einem ruhigen, aber bestimmten Blick mustert.

„Ich kann das!" entfährt es mir knurrend, während ich mich bücke, um das Schwert wieder aufzuheben. Doch bevor ich es greifen kann, stellt Dragan seinen Fuß darauf.

„Mach morgen weiter," sagt er mit einer Stimme, die keinen Widerspruch duldet. Ich blicke zu ihm hoch und sehe die Entschlossenheit in seinen Augen. „Du brauchst Ruhe. Alles andere würde jetzt keinen Sinn ergeben." Er hebt die Klinge auf und dreht sie in seiner Hand, während er ein paar Schritte geht.

„Komm, wir gehen etwas essen," sagt er schließlich und macht sich auf den Weg zurück zum Schloss. Widerstrebend folge ich ihm, lasse aber meinen Blick noch einmal über die Trainingspuppe schweifen. Ich werde besser werden, stärker.

Im Schloss angekommen, führt mich Dragan in sein Quartier. Als ich das Quartier meines Onkels betrete, fällt mir sofort der Wohnbereich ins Auge, der gleichzeitig als Schlafplatz dient. Eine gemütliche Sitzgruppe steht vor einem kleinen Kamin, daneben ein einfaches Bett. Die Regale sind voller Bücher und kleiner Andenken, die ihm ans Herz gewachsen sind.

Gleich daneben befindet sich der kleine, moderne Esstisch. Darauf stehen eine frische Schale Obst und eine Karaffe mit Wasser, was dem Raum eine einladende Atmosphäre verleiht.

Die Türen zu den anderen Räumen sind geöffnet, sodass ich einen Blick hineinwerfen kann. Durch eine Tür sehe ich das kleine Bad, ausgestattet mit einer Wanne und einem Waschtisch. Es wirkt hell und sauber, genau richtig für schnelle Erfrischungen.

Eine weitere Tür führt in die Kammer, das Herzstück des Quartiers. In der Mitte steht ein großer Tisch, bedeckt mit medizinischen Instrumenten. Daneben befindet sich ein Regal voller Heilkräuter und Tinkturen, alles ordentlich sortiert. In der Ecke steht ein Schreibtisch, bereit für Aufzeichnungen und Rezepte. Der Duft von frisch gebackenem Brot und Butter begrüßt uns. Auf dem großen Tisch stehen eine Schüssel mit Brei, dünn geschnittenes dunkles Brot und ein kleines Stück Butter.

„Elara war so nett und hat uns etwas gebracht," erklärt mein Onkel und setzt sich. Ich folge seinem Beispiel, setze mich ihm gegenüber und greife nach einer Scheibe Brot. Während ich kaue, spüre ich, wie die Müdigkeit langsam von mir abfällt und eine wohlige Wärme sich in mir ausbreitet.

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Der Tag neigt sich dem Ende zu. Nach dem Abendessen, bei dem wir uns über die neuesten Geschehnisse unterhalten und ein wenig entspannen, spüre ich bereits die vertraute Unruhe in mir aufsteigen. Woche um Woche verläuft mein Tag nach einem festen Rhythmus: Elara weckt mich morgens, ich frühstücke mit dem Prinzen, dann geht es zum Tanzsaal für die Stunde mit Madame Guillard. Danach folgt das Kampftraining mit Tristan, Cedric und dem Kronprinzen. Abends speise ich mit meinem Onkel Dragan, bevor wir uns zu unserem eigenen Training im Wald zurückziehen. Es ist ein endloser Kreislauf aus Pflicht, Übung und Disziplin. Doch nach dem Abendessen und dem Austausch von Neuigkeiten bei meinem Onkel, kehre ich oft noch einmal in den Wald zurück, um das Training zu intensivieren.

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