Eine menschliche Marionette?
Ich kicherte bei diesen Worten, obwohl es überhaupt nichts zu lachen gab. Wahrscheinlich lag es daran, dass ich immernoch eine hohe Dosis Drogen in meinem Blut hatte.
Ich spürte deutlich, wie er die Seile, die nicht nur an meinen Armen, sondern auch an meinem Rücken und meinen Beinen befestigt waren, in die Hand nahm, und mein Kichern hörte schlagartig auf. Ich hoffte nur, dass die Dosis auch noch hoch genug war, um meine kommenden Schmerzen auszuhalten.
Mein Sichtfeld war durch meinen Rausch und durch die Maske eingeschränkt, doch die beiden Personen, die in der ersten Reihe saßen, würde ich überall erkennen.
Das rötliche Haar von Jenna, welches inzwischen um einiges länger geworden war, stich mir sofort ins Auge, und auch Chloe's lautes Lachen war nicht zu überhören.
Ich musste ein paar Mal blinzeln, um zu verstehen, was hier vor sich ging und mich zu vergewissern, dass Jenna und Chloe keine Halluzinationen oder sonstige Streiche meines Gehirns waren.
Mein Entführer hatte die Beiden mit Sicherheit absichtlich hier her bestellt, damit ich dabei zugucken kann, wie sie mich bewundern, ohne über meine Identität oder meine erlittenden Qualen Bescheid zu wissen.
Ich lachte verbittert auf, da das wirklich noch einmal zeigte, wie krank er eigentlich ist, doch man hörte mich nicht. In diesem Moment ging nämlich die laute klassische Musik an, bei der ich mir am liebsten die Ohren ausreißen wollte.
Dieser Typ musste mich wirklich auch auf allen Ebenen foltern.
Er begann meine Arme und Beine passend zur Musik zu bewegen, doch ich kippte immer wieder nach vorne, weil seine Bewegungen zu ruppig waren und ich mein Gleichgewicht nicht mehr halten konnte.
Jede kleinste Bewegung seiner Hände an den Seilen brachte meinen Körper zum Beben, und ich bin mir ziemlich sicher, dass sich unter mir eine große Pfütze aus Schweiß gebildet hatte, da ich trotz der Drogen sehr grobe Bewegungen deutlich spüren konnte.
Er brachte mich dazu, über den Köpfen der Zuschauer zu schweben und zu tanzen, und bei jedem ,,Wow", ,,Cool", ,,Wie schön", oder ,,Mama, guck mal!" wollte ich einfach nur schreien. Mich wunderte es nur, dass anscheinend niemand meine vernarbten Beine sah, obwohl mir alle, besonders die älteren Herren im Publikum, unter das Kleid schauten, als ich über ihnen war.
Diese Menschen im Publikum waren blind, und leider gehörten dazu auch Chloe und Jenna.
Ich konzentrierte mich, um trotz der hohen Dosis und den Bewegungen meines Körpers einen klaren Gedanken fassen zu können. Ich musste ihnen irgendwie zeigen, dass ich es bin, doch leider war dies schwieriger als es vielleicht klingt, da ich weder die Kontrolle über meine Gliedmaßen hatte, noch mein Gesicht zu sehen war, mit dem ich ihnen einen verzweifelten oder hilfesuchenden Blick zuwerfen hätte können.
Mir blieb also nichts anderes übrig als ihnen verbal mitzuteilen, dass vor ihnen auf der Bühne ihre geliebte Freundin Abby steht, aber die klassische Musik war sehr laut und ertönte durch das gesamte Theaterhäuschen.
Ich testete erst einmal meine Stimme, ich murmelte leise die Namen Jenna und Chloe vor mich hin und wurde mit der Zeit immer lauter. Ich wusste nicht, wie lange das Stück noch ging, deswegen musste ich mich mit meiner Botschaft beeilen.
Als ich schon laut am rufen war, und die beiden mich immernoch mit glitzernden Augen betrachteten, wusste ich, dass sie mich nicht gehört hatten, mein Entführer hingegen schon.
Er bewegte die Seile nun viel stumpfer, er ließ mich das ein oder andere Mal auf den Boden knallen oder machte unmenschliche Bewegungen mit mir, bei denen der ein oder andere Zuschauer entsetzt wegschaute.
Aber das war mir egal. Tränen der Verzweiflung strömten mir übers Gesicht, da meine besten Freundinnen mich immernoch nicht erkannten. Es machte mir nichts aus, dass er mich vor Publikum verletzte und diese das auch noch bejubelten, denn körperlichen Schmerz bekam ich ja sowieso bedingt mit, da ich mich immernoch im Rauschzustand befand.
Aber Chloe und Jenna in der ersten Reihe zu sehen... Das machte mich wirklich fertig.
Irgendwann wurde die Musik etwas leiser, und auch meine Bewegungen wurden langsamer und geschmeidiger, was mich zu der Erkenntnis führte, dass das Stück gleich zuende war. Das war meine Chance.
Die Musik war inzwischen nicht mehr zu hören, und mein Entführer brang mich dazu, mich zu verbeugen. Ich nutzte diesen kurzen Moment der Stille und schrie so laut ich konnte:
,,Chloe, Jenna! Ich bins, Abby!"
Kurz darauf riss er mich nach hinten, doch ich konnte ihre Reaktionen für einen kurzen Moment genau beobachten. Die beiden sprangen auf, fingen an zu weinen und riefen jetzt verzweifelt meinen Namen.
Der Vorhang wurde innerhalb von Sekunden zugezogen, und mein Entführer ging mit schnellen Schritten auf mich zu, schnitt die Seile durch und trug mich über seine Schultern nach draußen.
Er murmelte irgendetwas unverständliches vor sich hin und verstärkte seinen Griff um mich, als ich begann ihn schluchzend und heulend zu bitten, mich einfach hier bei meinen Freundinnen zu lassen.
Es nützte jedoch nichts. Er rannte mit mir zu seinem Van, warf mich unsanft in den Kofferraum und fuhr direkt viel zu schnell los, sodass ich nach hinten an die Wand geschleudert wurde.
Ich war ihnen so nah.
Dieser Gedanke kreiste immer wieder durch meinen Kopf. Hätte ich es richtig angestellt, dann hätte ich vielleicht ins Publikum flüchten können, jemand hätte die Polizei und einen Krankenwagen gerufen, er wäre vielleicht geschnappt und weggesperrt worden, ich wäre vielleicht zu einem Arzt gekommen, der mich und meine Arme behandelt hätte.
Vielleicht wäre alles wieder normal geworden, ich hätte in mein altes Leben zurückkehren können, natürlich mit der Hilfe meiner Familie, Jenna, Chloe und Harry.
Harry. Ich sehnte mich nach ihm, nach seiner Wärme, seinem verschmitzten Lächeln, seinen weichen Lippen.
Allein bei dem Gedanken an ihn ging es mir wesentlich besser, er machte mich glücklich, obwohl wir uns bis jetzt nur geküsst hatten. Wer weiß, vielleicht wären wir ein Paar geworden, wenn er nicht so ein Psychopath gewesen wäre. Aber das wusste ich da ja noch nicht.
Die Kofferraumtür wurde aufgerissen, mein maskierter Entführer griff nach meinem Knöchel und zog mich heraus. Ich wimmerte dabei, doch ihn schien das nicht zu interessieren.
Er war wütend auf mich, und das konnte nichts gutes bedeuten.
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Efi, danke, dass du dieses tolle Cover gemacht hast. Ich hab dich lieb ♡
-A
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DOLLHOUSE / h.s/
FanfictionJeder liebt Puppen, nicht wahr? Doch Harry hat seine Darcy besonders gern. Das Leben von Abigail Preston änderte sich schlagartig, als sie von einer Party nach Hause ging und dort von einem Unbekannten entführt, und später gefoltert und gezwungen wi...